Herne/Wanne-Eickel. Roland Golfmann aus Wanne-Eickel hat als Helfer für Menschen mit Handicap die EM in Gelsenkirchen erlebt. „Ich habe viel gegeben, aber noch mehr zurückbekommen“, sagt er.
Er sang mit mexikanischen Italien-Fans den Welthit „La Cucaracha“ mitten auf der Willy-Brandt-Allee. Er bewunderte spanische Toreros oder englische Kreuzritter. Er kauderwelschte mit Fußball-Anhängern aus Georgien – und dies alles in den vergangenen drei Wochen. Jetzt hat EM-Volunteer Roland Golfmann seine Arbeit getan, für den Standort Gelsenkirchen ist die Fußball-Europameisterschaft 2024 Geschichte. Arbeit? „Quatsch“, schüttelte der 59-jährige Wanne-Eickeler im WAZ-Gespräch seinen Kopf, „das war das größte sportliche Erlebnis, das ich bisher erleben durfte. Einfach unbezahlbar!“
Roland Golfmann gehörte zu den etwa 1.600 freiwilligen Helferinnen und Helfern, die den Gästen aus der ganzen Welt als Volunteers während der vier EM-Spiele in der Schalke-Arena zur Seite standen. In ihrer einheitlichen Kleidung fielen sie sofort auf – auch der Wanne-Eickeler, der über 35 Jahre für die Ruhrkohle AG (RAG) gearbeitet hatte, unter anderem ehrenamtlich als Truppführer der Grubenwehr. Golfmann selbst gehörte zum „Team Barrierefrei“, wie er es klipp und klar ausdrückt – der offizielle Begriff in der so komplizierten UEFA-Sprache hieß „Social Responsibility Volunteer“.
59-Jähriger hatte viel Respekt: „Man hat doch vor Neuem immer ein wenig Angst“
Der 59-Jährige ging mit einer gehörigen Portion Respekt an seine Aufgabe: „Man hat doch vor Neuem immer ein wenig Angst.“ Diese verflog schnell, als er in Gelsenkirchen die Atmosphäre spürte. „Unfassbar. Hochemotional. Ich habe viele Freudentränen gesehen.“ Sein Acht-Stunden-Tag begann meist gegen 17 Uhr. Mit seinem Team hatte er die Aufgabe, Menschen mit Handicap den Stadionbesuch „so angenehm wie möglich zu machen“.
Zumeist wurden Fans im Rollstuhl, mit Gehhilfen oder auch Gehörlose im Shuttle-Bus nah an die Schalke-Arena gefahren. Dort hieß das „Team Barrierefrei“ sie, meistens etwa 20, willkommen und führte sie auf ihre Plätze auf der Haupttribüne. „Wir sorgten für eine gute Sicht, hielten die Eingänge frei, halfen beim Gang zum WC oder auch beim obligatorischen Selfie“, so Roland Golfmann, der alle vier EM-Spiele in der Arena live verfolgen konnte. Nach dem Spiel ging es dann zurück zum Shuttle-Bus, der die Fußballfans zum Hbf Gelsenkirchen brachte.
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Die Verständigung funktionierte, „kurze, knappe Sätze auf Englisch. Ich verstand mich mit jeder und jedem“, so der Wanne-Eickeler, der vor der EM extra noch einen Kurs in Gebärdensprache besucht hatte – „die ich dann auch einmal anwenden konnte“. Vor allem dieser Austausch mit „Fremden“ habe ihn begeistert: „Ich habe viel gegeben, aber noch mehr zurückbekommen. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele freundliche Menschen an einem Ort getroffen.“ Auch Engländer, deren harsche Kritik er nicht nachvollziehen konnte: „Zum Start gibt‘s doch immer Probleme. Und nach dem ersten Spiel wurden Sonderbusse und zusätzliche Straßenbahnen in Richtung Innenstadt eingesetzt. Da klappte es auch mit dem Rückweg.““
Den 59-Jährigen hat das „Volunteer-Dasein“ jetzt gepackt. Schon heute überlegt er ernsthaft, ob er nicht für die Fußball-WM 2026 in Kanada, Mexiko und den USA eine Bewerbung als freiwilliger Helfer abschicken soll, denn: „Ich bin so verrückt!“
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