Herne. Der Herner Journalist und Historiker Friedhelm Wessel stellt sein 40. Buch vor. Es dreht sich um den FC Schalke 04 in den 1970er-Jahren.

Private Archive überleben die Zeit oft nicht. Nehmen Platz weg, sind viel zu oft Staubfänger, und ganz ehrlich, wie oft schaut man noch mal rein in die alten Schätzchen? So ähnlich war auch der Gedankengang von Friedhelm Wessel.

Jahrzehnteweise Fotos voller Fußball und Ruhrgebiet. Am besten beides zusammen. Ist ja klar. Wegwerfen, verschenken, oder verkaufen?

Er entschied sich für die vierte Option: Behalten.

Friedhelm Wessel: Zeitreise zu einem anderen FC Schalke 04

Ein paar Jahre nach dieser Entscheidung sagte ein guter Freund zu ihm: „Gut, dass du den ganzen Krempel nicht weggeworfen hast.“ Den Krempel machen unter anderem 10.000 Fotos aus, aus denen Wessel nun sein mittlerweile 40. Buch zusammengestellt hat. Eine Zeitreise in ein anderes Schalke, in einen anderen Fußball.

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„Schalke 04 in den 70er-Jahren. Ein königsblaues Jahrzehnt in Bildern“ ist der treffende Titel des Bandes, der Bilder mit Anekdoten von Zeitzeugen und Wegbegleitern kombiniert. 180 Fotos sind es geworden. Allerdings fernab vom Vielgesehenen. Ein halb-privater Blick auf eine Dekade.

Wessel, zu Beginn der 1970er-Jahre als Fotograf für die Ruhrnachrichten in Gelsenkirchen unterwegs, hatte sie alle vor seiner Linse. Die großen und die kleineren Namen aufzählen – das haben andere gemacht. Er kann es auch, aber gibt dem Fußball-Fotobuch einen neuen Anstrich.

Es sind nicht die Spielszenen, die im Mittelpunkt stehen. Keine Fischer-Fallrückzieher oder eine Rüssmann-Grätsche. Natürlich gibt es sie auch. Was dann also zeigen, was schreiben? „Es wurde ja schon alles mal erzählt“, sagt Wessel.

Alle Schalker Spieler aus den 70ern bekommen ihren Platz

Sein Negativ-Archiv bietet ihm genügend zur Auswahl. So stehen die Herren, die sonst nur auf dem Platz im Mittelpunkt stehen, auf einmal auch daneben im Fokus seines Blickes und seiner Linse. Er begleitete die Spieler, war immer ganz nah dran. Auf der Hochzeit, beim Einkaufen oder auf der Trabrennbahn. Keine Selbstinszenierung wie knapp 50 Jahre später. Ein ehrlicher Blick von außen, ein Beobachter, der einfach mal draufhält.

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Wessel weiß, dass diese Zeit nicht mehr wiederkommt. So nah, so eng an die Spieler heran kommen Fotografen oder Reporter schon lange nicht mehr. Werten möchte er keinen Spieler. Alle, die in den 70ern bei Schalke gespielt haben, sollen ihren Platz bekommen.

Auch seine Heimatstadt Herne spielt wieder eine Rolle. Denn neben seiner Tätigkeit als Journalist war Wessel auch kurzfristig als Fahrer unterwegs. „Ich habe irgendwann erfahren, dass Bernd Thiele, der damals noch Schalker Jugendspieler war, so wie ich an der Mont-Cenis-Straße wohnte“, erinnert sich Wessel. Kurzum lud er den noch führerscheinlosen Thiele nun morgens immer in sein Auto und fuhr mit ihm zum Schalker Trainingsgelände.

Eine ungewohnte Nähe, die sich auch in den Bildern widerspiegelt, die unter zehn Überschriften aufgeteilt sind. „Ein reines Bilderbuch ist es aber trotzdem nicht“, betont Wessel. Zu seinen Fotos hat er zehn Geschichten gesammelt. Vom Autogramm-Jäger, der seine Leidenschaft mit Schalke startete, über Fans und ehemalige Spieler. Alles dabei.

Ein Blick zurück in eine andere, eine gute alte Schalker Zeit.

Friedhelm Wessel: Schalke 04 in den 70er-Jahren: Ein Königsblaues Jahrzehnt in Bildern. Sutton Verlag. 22,99 Euro.