Herne. Der Verein muss im Sommer 2022 seine Anlage an der Franzstraße aufgeben. Mögliche Alternativen in Bickern und Baukau bieten keine Perspektive.

Es fehlt nicht mehr viel! Nur sechs Jahre. Dann könnte der Eisenbahner-Turn- und Sportverein (ETuS) Wanne 28 seinen 100. Geburtstag feiern. Könnte! Denn die Zukunft des Klubs hängt an einem seidenen Faden. Oder, um es in der Eisenbahnersprache zu sagen: Er steht auf dem Abstellgleis. Die Weichen dafür wurden bereits 2017 gestellt, doch erst kurz vor Weihnachten 2021 schaltete das Signal auf Rot um. Spätestens im August 2022 müssen die „Eisenbahner“ ihren Sportplatz an der Franzstraße aufgeben, erfuhren die Vereins-„Lokführer“ um den Vorsitzenden Daniel Landefeld in einem Gespräch mit der Stadt.

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Zur Vorgeschichte: Ende Mai 2017 fasst der Stadtrat den Beschluss, den Sportplatz an der Franzstraße aufzugeben. Der Verein, damals ohne Jugendabteilung und mit nur einer Seniorenmannschaft, wurde informiert. 2018 übernahm Landefeld den Vorsitz und brachte ETuS mit seinem Vorstandsteam wieder auf Vordermann. „Es ging bergauf.“ Die 1. Mannschaft stieg in die Fußball-Kreisliga A auf, es bildete sich eine „Zweite“, auch Jugendliche fanden wieder den Weg zur Franzstraße. Trotz des Damoklesschwertes „Aufgabe“, trotz der ungeliebten roten Asche, trotz der „vielen Nebengeräusche, die wir immer hörten, denn einige Entscheider hofften wohl, dass wir von alleine aufgeben“, so Landefeld.

130 Mitglieder in Fußball-Abteilung

Zur Saison 2022/23 will ETuS, die Fußball-Abteilung zählt zurzeit 130 Mitglieder, sechs Jugend-, zwei Senioren- und einer Altherren-Mannschaft melden. „Auch eine Freizeitmannschaft will sich uns anschließen“, sieht Landefeld zumindest gute Perspektiven auf dem Platz. Nur wo wird dieser sein? Stadt und Sportpolitik boten als Alternative den Bickern-Sportplatz sowie die Anlage an der Cranger Straße in Baukau an.

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Für Landefeld ein Umzug ohne jegliche Zukunftsperspektive: „Mit einem Wechsel von Asche auf Asche wird es uns nicht mehr lange geben. Zudem sind das nicht unsere Einzugsgebiete und es gibt es auf beiden Plätzen keine Fläche für ein eigenes Vereinsheim, von den maroden Umkleiden ganz zu schweigen.“ Zwar will er zeitnah bei den Wanner Sportfreunden oder beim SV Holsterhausen, mit dem SVH bildet ETuS zurzeit eine D-Junioren-Spielgemeinschaft, anklopfen, aber: „Dort ist es doch voll.“

Parkraum für Rheumazentrum und für die Schausteller

Bis zum Sommer rollt an der Franzstraße noch das runde Leder, „das haben wir dem Verein fest zugesagt“, so der Sportausschuss-Vorsitzende Martin Kortmann (SPD), der mit Wannes Bezirksbürgermeister Uwe Purwin (SPD) beim vorweihnachtlichen Gespräch mit am Tisch saß. Dann soll die in den 1970er-Jahren eröffnete Anlage einer „anderen Nutzung zugeführt werden“, wie es im schönsten Beamtendeutsch heißt.

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Konkret: Eine Hälfte des Platzes (zur Rathausstraße) will die St. Elisabeth Gruppe als Parkraum für das benachbarte Rheumazentrum nutzen, die andere Hälfte (zum Franzpark) stellt die Stadt als Stellfläche für die Schausteller der Cranger Kirmes oder des „Winterzaubers“ bereit.

Sportamt: „Die Aufgabe schmerzt auch uns“

Ein Umzug von „Asche auf Asche“, der Termin der Bekanntgabe mitten in der Saison, der Verlust der sportlichen Heimat vor allem für die Jugendkicker – „das schmerzt uns auch. Und zwar sehr“, gibt Jörg Kämper offen zu. Der Leiter des städtischen Fachbereichs Sport kennt alle Schwierigkeiten, die „jetzt auf den Verein zukommen.“ Denn: „Bisher boten wir bei Platzschließungen, zum Beispiel an der Schaefer-, Reichs- oder Nordstraße, den Vereinen räumliche Alternativen in der Nähe und mit Kunstrasen an. Das ist hier nicht möglich, denn wir können keinen weiteren Platz hervorzaubern. Aber wir mussten ja ein Angebot machen, denn auch wir wollen den Verein erhalten“.

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Dass dieses Angebot vom ETuS nur ganz schwierig zu schlucken ist, sieht auch Kämper, weil an einen Umbau des Bickern-Sportplatzes oder der Anlage von BW Baukau von Aschen- in Kunstrasenplätze inklusive der (längst überfälligen) Renovierung der Kabinen vor 2026/27 nicht zu denken sei. „Wir renovieren jetzt den Kunstrasenplatz an der Hauptstraße und widmen im FunPark in Eickel eine Fläche um. Dann folgt der Stratmanns Hof in Röhlinghausen und anschließend, wenn der städtische Haushalt es hergibt, das Sodinger Glückauf-Stadion.“

Mittelfristig will das Sportamt nach anderen Lösungen suchen und Nachbarvereine (Spfr. Wanne, Wanne 11, Firtinaspor) ansprechen. Und zwar gemeinsam mit dem ETuS! Denn das ist die einzige gute Nachricht in diesem traurigen Kapitel Herner Sportgeschichte: Alle, ob Verein, Stadt oder Sportpolitik, betonen, dass es einen fairen und konstruktiven Austausch gibt. Auch wenn Daniel Landefeld verspricht: „Wir werden uns gegen die Aufgabe unseres Sportplatzes für einen Parkplatz wehren!“