Herne. Dunkle Wolken über dem Schloss Strünkede: Westfalia Herne bleibt siegloses Oberliga-Schlusslicht. Wie geht es weiter? Der SCW plant zweigleisig.
Es steht nicht gut um Westfalia Herne, dem sieglosen Tabellenletzten der Oberliga, schon seit Wochen. Jüngst lag die Mannschaft beim Vorletzten RSV Meinerzhagen bereits nach einer guten halben Stunde mit 0:3 zurück, verlor am Ende 2:4.
Noch zwei Spiele stehen in diesem Kalenderjahr an, dann legt sich die zweimonatige Winterpause über Fußball-Westfalen und das Schloss Strünkede. Und dort stellt sich so langsam die Frage, wo das alles hinführen soll. Etwa in die Westfalenliga?
Westfalia Hernes sportliche Lage
Anruf bei Michele Di Bari, dem Sportvorstand. Er richtet den Blick zunächst auf das Meinerzhagen-Spiel. Eine solche Leistung habe er „nicht erwartet“: „Der Trend ging eigentlich nach oben.“ Gegen das Topteam SC Paderborn II verlor Herne zuvor mehr als unglücklich 1:2, das entscheidende Tor fiel in der Nachspielzeit, der SCW klärte den Ball nicht richtig aus der Gefahrenzone. Solche „individuellen Fehler“, so Di Bari, „ziehen sich schon durch die gesamte Saison“. Sicherlich ist das eine Ursache für die Bilanz zum Vergessen: zwei Punkte, 13:36 Tore, Letzter nach 13 Spielen.
Westfalia Hernes Trainerwechsel
Dabei sollte unter David Zajas alles besser werden. Der Trainer übernahm im Oktober von Christian Knappmann und hat in fünf Spielen ein Remis geholt. Bewusst habe Herne „das komplette Gegenteil“ von Knappmann geholt, sagt Di Bari. Während „Knappi“ bekanntlich über die Emotionen kommt, ist Zajas ein ruhigerer Vertreter seiner Zunft, ordnet das Spielgeschehen schon wenige Minuten nach Abpfiff sachlich ein. Egal, wie bitter und unglücklich eine Partie lief. Die Trendwende gelang unter Zajas nicht, wobei oft Pech im Spiel gewesen war – oder eben individuelle Fehler.
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Westfalia Herne und die Qualitätsfrage
Wo wir bei der Sache mit der Qualität wären, die bei der Herner Horrorbilanz einfach angesprochen werden muss: Hat die Mannschaft überhaupt Oberliga-Format? Di Bari macht den Spielern keinen Vorwurf. „Mir tun die Jungs leid, sie kriegen einfach keine Belohnung für ihren Aufwand“, so der Sportvorstand „Stand heute können wir aber nicht in der Oberliga mithalten.“
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Di Bari führt das junge Durchschnittsalter der Westfalia an, das bei knapp 21 Jahren liege. Kaum ein Oberligist stellt ein jüngeres Team. Das sei der finanziellen Lage geschuldet. Nach der zurückliegenden Insolvenz konnte Herne im Sommer nicht im großen Stile auf dem Transfermarkt zuschlagen, so Di Bari.
Hinzu kommt der Druck, der auf dem Team laste. Seit nun saisonübergreifend 26 Spielen hat der SCW kein Oberliga-Spiel mehr gewonnen. Das wirkt sich logischerweise auf den Kopf und auf die Spielweise aus. „Gegen Paderborn waren wir der Underdog“, meint Di Bari, „gegen Meinerzhagen war es im Vorfeld eher ein Spiel, das auf Augenhöhe schien. Da war der Druck höher, den haben sich die Spieler auch selbst gemacht.“ Die Krise des SC Westfalia, sie ist eben vielschichtig. Und überhaupt nicht einfach zu lösen. Außer, wenn man locker bleibt und das große Ganze betrachtet.
Westfalia Herne: Transfers im Winter
„Völlig entspannt“ ist der erste Vorsitzende, Ingo Brüggemann, beim Blick auf die sportliche Lage. Transfers im Winter könnten neue Qualität ins Team bringen. Sowohl Brüggemann als auch Di Bari schließen eine Transferoffensive im Winter allerdings kategorisch aus. Geld werde der Klub keines aus dem Fenster werfen. Das ergebe keinen Sinn aus Sicht der Verantwortlichen. „Wir gehen weiter unseren Weg und nicht den falschen der letzten Jahre“, so Brüggeman. „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, den Verein gesund zu führen.“
Der Vereinsvorsitzende hebt wieder einmal die Bedeutung des Nachwuchsbereichs hervor. Das Ziel des SCW: Mit der U15-, U17- sowie U19-Auswahl will er in der Westfalenliga spielen. „Der Unterbau ist uns besonders wichtig“, unterstreicht Brüggemann. Derzeit spielt die A-Jugend lediglich in der Bezirksliga. Das reicht nicht aus, um die Erste daraus aufzubauen.
Westfalia Hernes Zukunft
Die Talente könnten vielmehr das Gerüst der Mannschaft bilden. Gespickt mit „sechs, sieben erfahrenen Spielern“ als tragende Säulen, sagt Di Bari. Das Team, wenn es kein sportliches Wunder gibt, wird dabei künftig in der Westfalenliga spielen. Für die plant der Klub bereits: Herne bereitet sich zweigleisig auf die Ober- und die Westfalenliga vor. Einige erfahrene Akteure von außerhalb hätten bereits Interesse signalisiert, mit der Westfalia in der sechsten Liga zu spielen.
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Auch für Di Bari und Brüggemann ist die Westfalenliga attraktiv – SV Sodingen statt Victoria Clarholz, DSC Wanne-Eickel statt TuS Erndtebrück: „Es gäbe sieben, acht Spiele, bei denen mehr als 500 Zuschauer kommen würden. Natürlich will man sportlich so hoch wie möglich spielen, aber alles hat immer Vor- und Nachteile“, fügt Sportvorstand Di Bari an.
Das Fazit
Klar, bis es soweit sein könnte, werden Monate vergehen. Dass sich Verein und Mannschaft gedanklich schon auf den Abstieg einstellen und die Oberliga abschenken, glaubt Di Bari indes nicht. Allein deshalb, weil die Spieler ein Eigeninteresse an guten Leistungen hätten. „Wir haben genügend Spieler mit Oberliga-Anspruch, die Jungs wollen in der Liga bleiben.“ Sowieso sei die Mannschaft mit vollem Eifer und Ehrgeiz unterwegs, betonen Di Bari und Brüggemann unisono.
Siege in den zwei Spielen vor der Winterpause sind für das Wunder namens Klassenerhalt fast schon Pflicht. Es geht in diesem Jahr noch gegen Westfalia Rhynern und den Holzwickeder SC. Doch erst einmal haben die Strünkeder ein spielfreies Wochenende. Die Köpfe wollen sie dort freikriegen. Ob das gelingt? Die Konkurrenz kann parallel weiter davon ziehen …