Herne. Die Bundesliga-Damen des Herner TC erschrecken ihre Fans mit einem völlig vermurksten dritten Viertel und verlieren gegen Hannover klar 48:72.

Zum „Grusel Gameday“ hatte der Herner TC geladen, und die Bundesliga-Basketballerinnen haben diese Erwartungen übererfüllt.

Gegen die TK Hannover Luchse jagten sie ihren Fans gerade in der zweiten Halbzeit einen Schauer nach dem anderen über den Rücken, erschreckten sie mit Einwürfen zum Gegner, Pässen ins Nirwana und einer schier unglaublichen Fülle missglückter Korbleger. Am Ende stand eine schaurige 48:72 (28:28)-Schlappe auf der Anzeigetafel. Gruselig.

Eine erste Prüfung? Dann ist der Herner TC durchgefallen

Wenn die Partie zweier punktgleicher Mannschaften, die vor dem Tipp-Off in der Tabelle als Zweiter und Dritter nur durch ein Korbpünktchen getrennt waren, eine erste Prüfung gewesen sein soll, ob dieses Herner Team wirklich an der Tabellenspitze mitspielen kann, dann kann das Ergebnis nur lauten: Durchgefallen. Mit Pauken und Trompeten. Was nicht heißt, dass es im Rückspiel oder später mal in den Playoffs nicht auch anders aussehen kann. Noch ist die Saison jung, und erst im Frühjahr werden die Blumen verteilt.

Zu Halloween aber hatten die Herner Frauen ihre bereits gezeigten oder vermuteten Fähigkeiten gut getarnt. Dabei sah es anfangs ganz und gar nicht nach einer derart einseitigen Angelegenheit aus. Vielmehr fand das Team von Marek Piotrowski gut ins Spiel, beantwortete Sasha Tarasavas ersten Dreier gleich mit vier Körben aus der Nahdistanz und lag in der vierten Minuten mit 8:3 und dann 10:5 vorn. Und wenn nicht schon in dieser Phase einiges schief gelaufen wäre, hätte der HTC durchaus zweistellig führen können.

Erste Unkonzentriertheiten steigern sich zum Fiasko

Doch schon hier begannen die Unkonzentriertheiten, die sich später zu einem Fiasko steigern sollten. Mal bekam Laura Zolper bei einem Fastbreak den Ball nicht richtig zu packen, dann schickte Ceejay Nofuente einen allzu optimistischen Pass hinter die Baseline, und immer wieder tickten vermeintlich einfache Korbleger vom Ring zurück ins Feld. So blieben die Luchse dran und glichen zum 10:10 (8.) wieder aus, ehe der HTC sich bis zum Viertelende doch wieder einen Fünf-Punkte-Vorsprung (18:13) erspielte.

Bis dahin konnte sich Hernes dritter Auftritt binnen sieben Tagen wirklich sehen lassen. So richtig gruselig wurde es auch im zweiten Abschnitt noch nicht. Dank eines Dreiers von Dragana Domuzin und zweier Körbe von Jelena Vucetic blieb der HTC bis zum 25:20 (15.) absolut auf Kurs, obwohl Kapitänin Sofia Pelander zwei weitere Angriffssequenzen durch ungeschickte Offensivfouls vermasselt hatte.

Aggressive Defense der Luchse

Mitte des zweiten Viertels aber begannen sich die Gewichte zu verschieben. Herne verzettelte sich immer öfter in der schnellen, kompakten und sehr aggressiven Defense der Luchse, und auf der Gegenseite lief neben den als Scorerinnen bekannten Tarasava und Kelly Moten eine Dritte zur Höchstform auf: Flügelspielerin Patricia Broßmann packte nicht nur bei fast jedem Rebound entschlossen zu, sie hatte auch bei ihren Würfen ein ganz feines Händchen und durfte sich am Ende als Topscorerin über ein Double-Double (17 Punkte, 15 Rebounds) freuen.

„Und wir haben es alle zusammen gerade mal auf 22 Rebounds gebracht“, stöhnte HTC-Trainer Piotrowski beim Blick auf den Scoutingbogen.

Drittes Viertel geht 6:28 verloren

Zur Pause aber konnte auch er das spätere Desaster nicht erahnen. Es stand 28:28, und alle Welt stellte sich auf eine weiterhin hart umkämpfte, hochspannende Begegnung ein. Doch es sollte anders kommen. Die Hernerinnen kamen wie verwandelt aus der Kabine, reihten Fehler an Fehler, wirkten erst kraft-, später auch mutlos und erzielten im gesamten dritten Viertel nicht einen Feldkorb.

Erst beim 28:42 (15.) punktete Topuzovic zweimal von der Linie, danach fielen noch vier von acht Freiwürfen durch den Ring, während sich auf der Gegenseite die Luchse langsam in einen Rausch spielten. Bei ihnen passte alles, beim HTC nichts. Das Ergebnis: Mit 6:28 gingen dieses Viertel und damit auch das gesamte Spiel für Herne verloren.

„Uns ist im dritten Spiel dieser Woche einfach die Puste ausgegangen“

Im Schlussabschnitt änderte sich wenig. Herne verstrickte sich in Einzelaktionen, die in der dichten TKH-Zone strandeten oder mit Verzweiflungswürfen endeten, die Luchse hingegen spielten sich mit schnellem, gekonntem Teamplay viele freie Würfe heraus. So schleppte sich der HTC dem Ende entgegen. Die 18-jährige Jule Groll durfte sich über fünf Punkte binnen einer Minute freuen, aber das blieb auch der einzige Lichtblick. Die Schlusssirene geriet für den HTC zur Erlösung.

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„Die erste Halbzeit war okay, da haben wir ganz gut gespielt. Aber im dritten Viertel hat Hannover die Aggressivität in der Verteidigung noch gesteigert und uns den Schneid abgekauft“, bilanzierte Marek Piotrowski. „Wir haben kein Eins-gegen-Eins mehr gewonnen, Akkus und Körpersprache waren leer. Uns ist im dritten Spiel dieser Woche einfach die Puste ausgegangen.“

Viertel: 18:13, 10:15, 6:28, 14:16.

HTC: Remenárová (9), Topuzovic (7), Nofuente (6), Domuzin (5/1 Dreier), Groll (5/1), Vucetic (5), Enabosi (5), Pelander (4), Zolper (2), Polleros, Köhne.

TKH: Broßmann (17/2, 15 Reb.), Moten (13), Tarasava (11/2), McCray (11), Eckerle (7/1), Stammberger (6), Zipser (4), Tzokov (3/1), Schaake, Rohkohl.

Statistik (HTC- TKH) – Zweier: 36 % (17/47) – 56 % (22/39); Dreier: 22 % (2/9) – 30 % (6/20); Freiwürfe: 53 % (8/15) – 83 % (10/12); Rebounds: 22 (6 offensiv, 16 def.) - 38 (10 off., 28 def.); Assists: 7 – 13; Steals: 12 – 7; Turnover: 17 – 20; Fouls: 15 – 18.