Herne. Vieles kann Westfalia Herne nach dem Debüt von Knappmann-Nachfolger David Zajas Mut machen. Wie er die Aufgabe in Herne taktisch angeht.

Nach fast sechs Jahren unter Trainer Christian Knappmann und zwei Partien mit Interimscoach Danny Voß hat am Sonntag ein neues Kapitel beim SC Westfalia Herne begonnen: Bei der bitteren 1:2-Niederlage beim TuS Haltern stand erstmals David Zajas als Hauptverantwortlicher an der Seitenlinie. Ob er Herne aus dem Oberliga-Keller führen kann, wird sich zeigen. Sein Einstand lässt aber immerhin einige Schlüsse zu, was er ändern wird – und vor allem auch, was nicht.

Westfalia Herne und das Personal

Auf die einfachste, offensichtlichste Personal-Änderung verzichtete Zajas nämlich. Es wäre leicht gewesen, Luca Happe nach dessen starker Vorstellung vor einer Woche gegen Gütersloh (unter Zajas’ Augen) zur neuen Nummer eins zu erklären. Zajas entschied sich aber für Alexander Rothkamm, der zuletzt zweimal verletzt fehlte, davor nicht immer fehlerfrei spielte. Rothkamm zeigte in Haltern einige gute Paraden, hatte aber auch Aktien am 1:1, dem ein verunglückter Befreiungsschlag des Herner Keepers vorausging.

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Neue Wege ging Zajas dagegen bei der Besetzung der defensiven Außen: Er stellte Nick Jünemann (der weiter Kapitän ist) hinten links auf, wo vergangene Woche Nico Lübke keine gute Figur machte (und jetzt gesperrt fehlte). Er machte einen guten Job, hielt die Seite dicht. Rechts entschied sich Zajas für Enes Yilmaz, der unter Knappmann quasi gar keine Rolle mehr gespielt hatte, mehrfach im Kreisliga-C-Team zu Einsatz kam und bei seinem einzigen Startelf-Einsatz (im Pokal bei BG Schwerin) nach einer halben Stunde ausgewechselt wurde.

Yilmaz ist ein guter Fußballer, im Vergleich zu Spielern wie Jünemann gehen ihm manchmal aber Giftigkeit und Power ab – das war am Sonntag nicht zu sehen. Er behauptete sich gut, behauptete sich auch gegen den körperlich stärkeren David Loheider: Bemerkenswert. Yilmaz machte ein gutes Spiel, war am Ende aber die tragische Figur: Statt den Ball in der 93. Minute übers Halterner Vereinsheim zu schicken, klärte er zu kurz, zu flach und in die Mitte. Der TuS fuhr noch einen Angriff – und traf Herne ins Herz.

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Westfalia Herne und die Spieleinstellung

Zajas’ Entscheidung für Yilmaz steht in Zusammenhang mit der Spielweise, die der Trainer sehen will. Die Mannschaft spielt mit einer Viererkette, davor Koymali und Karatas sowie Lokman Erdogan, der mal als Spielmacher, mal als hängende und mal auch als zweite echte Spitze neben Amed Öncel auftaucht. Die Aufstellung, mit der sich die Mannschaft am wohlsten fühlt, sei das, erklärte Zajas.

Es ist auch keine Aufstellung, mit der lange Bälle erfolgversprechend sind. Stattdessen gab es am Sonntag auch mal einfache Ballstafetten, mehr flaches Spiel, mehr Ballbesitz – zur Überraschung des TuS: So habe man Herne nicht erwartet, hieß es.

„Das kommt uns definitiv entgegen“, meinte Nick Jünemann nachher, „mit der Mannschaft, die wir haben.“ Junge „Schnicker“, wie der Kapitän sagt – „da macht es Spaß, gerade auf so einem Platz, auch wenn man gesehen hat, dass der Ball nicht genau in den Fuß kommt.“ Und: „Diese Woche kam selbst der Gegner zu uns, hat gesagt: Wir haben sie auseinandergespielt.“ Spielerisch hat die Mannschaft am Sonntag einen Sprung gemacht.

Westfalia Herne und die Aussichten

Der Auftritt in Haltern kann Hoffnung machen. Personal und Spielsystem scheinen auf den ersten Blick zu passen. Aber wenn Westfalia selbst mit einer ihrer besten Leistungen gegen den am Sonntag wirklich schwachen TuS Haltern verliert – wo sollen dann die Punkte herkommen? Andererseits hat Westfalia am Sonntag bitter zu spüren bekommen, dass im Fußball manchmal auch die schlechtere Mannschaft gewinnt. Für einen Tabellenletzten kann das ja auch eine gute Nachricht sein.