Herne/Wattenscheid. Marius Probst war sich sicher, dass er es zu den Olympischen Spielen schafft. Dann kam Corona – und der Herner Läufer profitiert sogar ein wenig.
Wattenscheid statt Tokio, Lohrheide anstatt Neues Nationalstadion, Zaungäste statt zehntausender Zuschauer. Unterschiedlicher könnte der Tag wohl nicht sein. Denn, hätte alles gepasst, wäre Marius Probst heute mit Athleten aller möglichen Nationen bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele ins große Rund des Olympiastadions eingelaufen. Ein Aufschub, der ihm nichts von seinem Ehrgeiz genommen hat.
Für Probst, den gebürtigen Herner und Mittelstreckenläufer des TV Wattenscheid, und alle anderen ambitionierten Sportler wurde der Traum von Olympia 2020 am 24. März vorerst begraben. Dort teilte das IOC mit, dass die Olympischen Spiele in Tokio aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Risiken auf das kommende Jahr verschoben wird.
Olympia-Norm war zum Greifen nah
„Das ist schon sehr schade. Ich bin sicher, dass ich mich qualifiziert hätte“, sagt Probst. Knappe zwei Sekunden hätten dem 24-Jährigen zur Norm von 3:35,00 Minuten auf seiner Paradestrecke von über 1500 Meter noch gefehlt. Keine unüberbrückbare Differenz. Doch im März waren die Saison und jegliche Ziele vorerst auf Eis gelegt.
Nach der ersten schweren Verletzung seiner Karriere im vergangenen Juli hatte sich Probst in den vergangenen Wochen nun wieder nah an sein Maximum herangearbeitet. „Ein wenig spielt mir die Absage nun doch in die Karten, obwohl ich eigentlich jetzt auch schon wieder fit bin“, gibt er zu. So gibt ihm die Absage noch etwas mehr Zeit, um zu trainieren und seinen verletzten Fuß komplett auszukurieren.
Erster DM-Titel ist das Ziel für 2020
Aber nicht nur körperlich ist der Aufschub gut für ihn. „Ich fühle jetzt schon deutlich reifer als noch vor einem Jahr. 2021 werde ich dann noch stärker sein“, gibt sich Probst selbstbewusst, auch wenn er eigentlich noch gar nicht so weit in die Zukunft schauen möchte. „Der Fokus liegt erstmal auf diesem Jahr.“
Als einziger großer Wettkampf steht für ihn am 8. und 9. August die Deutsche Meisterschaft an. „Das ist zwar überhaupt kein Ersatz für Olympia, aber ich möchte dort trotzdem zeigen, was ich kann und meinen ersten Titel unter freiem Himmel bei den Senioren gewinnen“, erklärt Probst seine Zielsetzung. Bislang hatte er dort jeweils einmal Silber und Bronze holen können.
2024 soll es dann ins olympische Finale gehen
In einer Umfrage des ZDF hatten unlängst viele Olympia-Starter ihre Skepsis kundgetan, ob es 2021 wirklich eine Olympiade geben werde. „Ich gehe davon aus, dass sie stattfinden wird“, vermutet Probst. Dann auch mit ihm? Was, wenn er sich doch nicht qualifizieren sollte? „Darüber will ich eigentlich gar nicht nachdenken. Das wäre ein herber Rückschlag für mich“, lautet seine Antwort.
Dann geht der Blick aber doch noch mal weit in die Zukunft: „2024 gibt es ja auch Olympische Spiele, dann bin ich immer noch in einem guten Alter. Da will ich aber nicht einfach nur dabei sein, da will ich mehr. Einen Finallauf zum Beispiel.“
Gelingt die Quali, gibt es ein Tattoo
Doch nicht nur die Leistung auf der Bahn muss für Probst stimmen, auch die Atmosphäre ist für ihn wichtig. „Es ist schon etwas anderes, wenn 60.000 Menschen um einen herum rufen und jubeln, das kennt man von den kleineren Läufen ja nicht. Das ist das Ereignis. Ohne Fans möchte ich mir das gar nicht ausmalen, das wären nicht die gleichen Spiele“, spielt er auf die Möglichkeit an die Wettbewerbe 2021 ohne Zuschauer durchzuführen.
Noch hängt vieles in der Schwebe. Doch ein Gedanke hat sich schon in Probsts Kopf festgesetzt. „Ich will mir die olympischen Ringe tätowieren lassen. Aber nur, wenn ich dabei bin.“ Das wird dann auf jeden Fall passieren. Egal ob 2021 oder 2024.