Herne. Westfalia Herne gegen SF Siegen. Der Gäste-Trainer sieht in Herne „eine Legende in Sachen Mentalität“ am Werk – nur das wird aber nicht reichen.
Die Spielplanmacher der Oberliga Westfalen hatten ein gutes (oder eher glückliches Händchen): Im ersten Spiel nach dem Insolvenzantrag empfängt Westfalia Herne am Sonntag die Sportfreunde Siegen am Schloss – Siegen hat gerade sein zweites Insolvenzverfahren erfolgreich hinter sich gebracht. Angesichts der sportlichen Bedeutung ist das aber nur ein Randaspekt: Das letzte Spiel der Hinrunde ist ein Schlüsselspiel dieser Saison.
Hinter der Westfalia liegen aufregende Tage, von der entscheidenden Vorstandssitzung am Dienstag über die Anmeldung der Insolvenz am Donnerstag bis zum Infoabend mit den Mitgliedern am Freitag stand dabei immer das Geld im Mittelpunkt. Sonntag geht es aber nur ums Sportliche (Anstoß 14.30 Uhr).
Siegen hat 18 Punkte, Westfalia muss mit neun Punkten Abzug planen und käme dann auf 13 Punkte. Ein entscheidendes Spiel im Tabellenkeller, in dem verschiedene Dinge entscheidend werden.
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Da ist natürlich die vielbeschworene und vielleicht auch ein paar Mal zu oft zitierte „Mentalität“. Die steht in Herne genauso im Fokus wie in Siegen, wo vor zehn Tagen Tobias Cramer das Traineramt übernommen hat (und beim Debüt ein 2:2 gegen Schermbeck schaffte).
Cramer sagte zur „Westfalenpost“: „Die Oberligen sind Mentalitäts-Ligen.“ Das beste Beispiel für ein abgelegtes Mentalitätsproblem sei eben Westfalia Herne. „Da ist in Sachen Mentalität eine Legende am Werk“, so Cramer über Christian Knappmann.
„Das ehrt mich“, sagt Knappmann und freut sich wohl ehrlich, denn auch er hält viel von Cramer der bei Hessen Kassel „unter den Voraussetzungen sensationelle Arbeit“ geleistet habe. Und den er – genau wie sich selbst – in die Trainer-Kategorie der „Pragmatiker“ einordnet.
Den Sportfreunden reicht in Herne auch ein 0:0
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Knappmann sagt über die Sportfreunde: „Vorher ging bei Siegen viel über Kurzpassspiel und Ballbesitz. Bei Tobias Cramer gehe ich eher davon aus, dass Siegen den Punkt, den sie in der ersten Minute haben, auch noch in der 90. Minute haben will.“
Cramer sagt es so: Es heiße „klug zu sein, auch mal etwas tiefer zu stehen und über das Umschaltspiel die möglicherweise vorhandene bessere Qualität auf den Platz zu bringen“,
Durch den einkalkulierten Punktabzug hat sich natürlich die Ausgangslage geändert. Herne steht in der Pflicht, an Siegen heranzukommen, nicht mehr andersherum.
So denken Knappmann und Tim Eibold über den Insolvenzantrag
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„Die Stimmung ist total positiv“, sagt Knappmann über sein Team, das allerdings ohne Felix Fuchs auskommen muss, der seinen Vertrag ebenfalls aufgelöst hat.
„Den Insolvenzantrag haben alle einerseits als Rettungsanker für die Angestellten, andererseits als Chance für die Unternehmung Westfalia verstanden.“
Auch wenn manche es nicht wahrhaben wollten: „In der Oberliga spielen die Jungs eben auch für Kohle. Und da es wohl wieder Geld gibt, können die Jungs jetzt auch sorgenfrei aufspielen.“
Ein Insolvenzantrag sei dabei – auch wenn das eine zum anderen führen könne – etwas anderes als die Liquidation, betont Knappmann. Tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass die Insolvenzmasse nicht die Verfahrens- und Anwaltskosten deckt – dann würde erst gar kein Verfahren eröffnet.
Trainingsbetrieb läuft wieder bei der Westfalia
Der sportliche Leiter Tim Eibold erklärt aber zuversichtlich: „Wir haben sehr viel Zuspruch von anderen Vereinen und sehr viele Rückmeldungen erhalten. Ich glaube aber, dass nach der Wattenscheid-Geschichte viel zu viele Leute denken: Westfalia Herne gibt es nicht mehr. Aber das Gegenteil ist richtig.“ Das soll Sonntag im Stadion unter Beweis gestellt werden.
Der Trainingsbetrieb läuft jedenfalls wieder geregelt – denn alles außer Mentalität muss einstudiert werden. Knappmann sagt: „Natürlich geht es bei jedem Spiel von Westfalia Herne um Mentalität. Ich gehe aber davon aus, dass Tobias Cramer uns sehr genau kennt und sein Team darauf einstellt – und das gerade deshalb das fußballerisch-inhaltliche am Sonntag entscheiden wird.“