Westfalia Herne steckt in der Krise. Nach dem 0:3 gegen Rheine steht der Oberligist auf einem Abstiegsplatz. Keine personellen Konsequenzen.

Willkommen im Abstiegskampf. Auch wenn es noch früh ist in der Saison: Wie sich die Herner beim kläglichen 0:3 (0:1) gegen Eintracht Rheine am Schloss präsentierten, gehen sie in der Oberliga ganz schweren Zeiten entgegen. So sah es wohl auch der vor gut einer Woche ins Amt gewählte Vorsitzende Uwe Heinecke. Der wartete nach dem Schlusspfiff am Marathontor auf seine gefallenen Helden. „18 Uhr Besprechung im Presseraum. Alle“, raunzte er jeden an. „Wer fehlt, kann seine Tasche gleich packen.“ Krisensitzung also? „Ja. Wir müssen mal ein bisschen durchlüften“, antwortete Heinecke. Das klang stark auch nach personellen Konsequenzen.

Eines muss man vor allem Trainer Christian Knappmann zugute halten. Er hat vieles versucht. Vielleicht sogar zu vieles. Aber nichts funktionierte wirklich. In seiner Anfangs-Elf stand mit Manuel Dieckmann nur ein Neuzugang, der mit Maurice Haar für mehr spielerische Substanz im Zentrum sorgen sollte. Dieckmann war es dann auch, den Knappmann gleich zur Pause in der Kabine ließ. Nach etlichen Umstellungen in allen Mannschaftsteilen beendeten allein Torwart Seifried und Rößler die Partie auf der Position, auf der sie begonnen hatten.

Früher Rückstand durchkreuzt Matchplan

Dass Hernes Matchplan nicht aufging, lag auch am frühen Rückstand. Nach Haars Ballverlust hatte Maddente auf der rechten Seite viel Platz, er zog mit links nach innen, legte den Ball quer auf den einschussbereiten Jörg Husmann, und schon war es passiert (4.). Die Gastgeber schüttelten sich kurz, wirkten aber nicht geschockt, sondern versuchten, über viele Ballkontakte die Spielkontrolle zu gewinnen. Fast hätten sie auch schnell mit dem Ausgleich geantwortet, doch Nazzareno Ciccarelli schloss nach einem Zuckerpass von Haar ins Zentrum zu überhastet ab und traf aus sieben Metern nur die Lattenoberkante.

Kai Hatano (l.) bereitet fast alle Herner Chancen vor, aber auch der Flügelflitzer konnte nicht restlos überzeugen.
Kai Hatano (l.) bereitet fast alle Herner Chancen vor, aber auch der Flügelflitzer konnte nicht restlos überzeugen. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Das blieb allerdings für lange Zeit die einzige gefährliche Herner Aktion. Der ruhige Aufbau mit vielen Querpässen in der eigenen Hälfte gestattete es den Gästen, ihre Reihen zu schließen und dem SCW kaum Spielräume in gefährlichen Zonen zu bieten. So war Hernes Offensivspiel an Harmlosigkeit kaum zu überbieten. Entweder verzettelten sich Abdallah, Ciccarelli und Co. bei Dribblings auf engstem Raum, oder Flanken und Hereingaben aus dem Halbfeld, oft planlos geschlagen, landeten im Nirgendwo. Erst kurz vor der Pause musste FCE-Keeper Beermann zweimal eingreifen. Pulvers Heber lenkte er über den Querbalken (37.), und bei Rößlers Hinterhaltsschuss im Anschluss an eine Ecke tauchte er reaktionsschnell ab und verhinderte den Ausgleich (39.).

Verkrampftes Anrennen nach der Pause

Bot die erste Hälfte neben viel Leerlauf auch einige ganz ordentliche Passagen, wurde der Kick nach der Pause immer verkrampfter und unansehnlicher. Knappmann besetzte die Sechserpositionen nun wieder mit Schick und Temme, und im Aufbau spielte der SCW wieder „Karo einfach“. Haar wurde nach vorne geschickt, um die langen Bälle, oft von Torwart Seifried geschlagen, weiterzuleiten, und der trotz seiner Fußverletzung eingewechselte Michael Smykacz lauerte auf Flanken und Querschläger. Das brachte schon eine gewisse Unruhe in die zuvor solide Gästedeckung, und fast resultierte daraus auch der Ausgleich. Aber Darius Stawski konnte Kai Hatanos Kopfballvorlage aus kurzer Distanz nicht verwerten (68.), Duyar drosch einen abgeprallten Ball aus 16 Metern in die Wolken (78.), und Stawski traf nach Hatanos feiner Vorarbeit aus halbrechter Position nur den Außenpfosten (80.).

Im Gegenzug aber klingelte es auf der anderen Seite. Diesmal schloss Rosum einen Konter über Maddente aus kurzer Distanz ab. Für den SCW war es das. Die Aktionen wurden immer hektischer, planloser und hilfloser, auch die Brechstange zeigte keine Wirkung. Schon lange vor Ehlers 0:3 (90.+1) war Herne geschlagen.

Vier Spieler kicken auf Bewährung

Um kurz nach halb Acht war dann auch die Krisensitzung beendet – ohne personelle Konsequenzen. „Die Mannschaft hat mich gebeten, noch drei Wochen zu warten. Sie hat versagt, das ist klar. Aber alle wollen für den Verein kämpfen und wiedergeben, was sie versaut haben“, berichtete Uwe Heinecke. Er selbst habe zuvor vier Spieler angezählt, die nun auf Bewährung spielen, nicht aber die sportliche Führung. „Trainer und Sportliche Leitung sind gesetzt“, ließ der Vorsitzende erst gar keine Trainerdiskussion aufkommen.

SC Westf. Herne - FC Eintracht Rheine 0:3. Tore: 0:1 (4.), 0:2 (81.) Rosum, 0:3 (90.+1) Ehler. SCW: Seifried - Rößler, Fuchs (62. Stawski), Schick, Temme - Hatano, Haar, Dieckmann (46. Sengün), Pulver - Ciccarelli (56. Duyar), Abdallah (50. Smykacz). FCE: Beermann - Braininger, Befort, Fraundörfer, Frank - Knüver (66. Meyer), Hönicke (83. Janning) - Maddente (83. Ehler), Husmann, Guetat (74. Rosum) - Scherping. SR: Florian Exner (Beelen). Zuschauer: 350.