Hattingen. Julia und Sandra Schüning treten erfolgreich bei Turnieren für gleichgeschlechtliche Paare an. Wie sie ihren Weg gingen und was sie investieren.
Es ist ein Gutschein gewesen, aus dem Jahr 2011, der für alles den Startschuss gab. Julia und Sandra Schüning sind seitdem als Equality-Tanzpaar unterwegs, im Hattinger Dance Inn. Mittlerweile treten sie bei großen Wettkämpfen an und haben sich dafür dem TTC Rot-Weiß-Silber Bochum angeschlossen. Am Wochenende sind sie bei der Deutschen Meisterschaft in Darmstadt am Start – im Standard- und Lateintanz.
Sandra Schüning tanzt schon seit ihrer Jugend, hatte in früheren Zeiten immer männliche Tanzpartner. Dann lernte sie ihre heutige Partnerin Julia kennen. Die beiden 37-Jährigen sind seit 18 Jahren ein Paar. „Ich dachte dann, dass es schön wäre, wenn wir zusammen tanzen“, erzählt Sandra Schüning. Ihre Partnerin Julia hatte allerdings noch nie so wirklich Berührungspunkte mit dem Tanzen.
Julia Schüning schenkte ihrer Partnerin einen Gutschein und begann mit Tanzen
„Ich habe Sandra dann aber einfach einen Gutschein für einen Paarkurs im Dance Inn geschenkt“, sagt Julia Schüning. Das war im Jahr 2011, das Tanzstudio befand sich damals noch an der Bredenscheider Straße, ehe es an die Eickener Straße umzog.
Der Startschuss für das gemeinsame Tanzen war gefallen. Es folgten weitere Kurse, die sie belegten. Die Voraussetzung war für Julia Schüning: „Sandra sollte führen, damit wir beide noch was Neues lernen.“ Die erfahrene Sandra Schüning leitet mittlerweile im Dance Inn auch Kurse für Zumba und Dance Fit.
Equality-Tanzsportverband hat sich 2008 gegründet
Das Tanzen war in den vergangenen Jahren das geliebte gemeinsame Hobby. Im Dance Inn gab es zudem auch immer mal neben den beiden noch weitere gleichgeschlechtliche Paare. Im Deutschen Tanzsportverband bildet der Deutsche Verband für Equalitytanzsport eine Unterkategorie. Er ist im Mai 2008 gegründet worden.
Davor war es für gleichgeschlechtliche Paare schwer, Anerkennung zu finden. Als es im Jahr 1994 den ersten Wettkampf der Equality-Tänzer in Deutschland gab, drohte Wertungsrichtern sogar der Entzug der Lizenz.
Erster Wettkampf für die Bochumerinnen im Jahr 2019
Mittlerweile ist der Bereich im Tanzsportverband etabliert. „Es gibt aber viele Tänzer, die diesen gar nicht kennen“, erzählt Julia Schüning. Sie und ihre Partnerin haben im April 2019 in Düsseldorf einen Wettkampf im Equality-Tanzen vor Ort verfolgt und überlegten danach, selbst in den Leistungssport einzusteigen.
Die beiden aus Bochum stammenden Sportlerinnen trainierten in Hattingen und nahmen im Herbst 2019 in Köln an einem Turnier teil. Svenja Petry, Inhaberin des Dance Inn, begleitete sie und unterstützte sie weiter. „Sie gibt uns vor den Wettkämpfen Tipps, wenn wir ihr unsere Choreographie zeigen“, erzählen die Tänzerinnen.
Für das Training investiert das Tanzpaar sehr viel Zeit
Sie investierten fortan noch mehr Zeit in ihr Hobby, trainieren neben ihrem Job als Ärztinnen acht bis zwölf Stunden pro Woche. Seit Anfang 2020 auch beim TTC Rot-Weiß-Silber Bochum. „Es machte dann Sinn, sich einem Tanzsportverein anzuschließen, um professioneller trainieren zu können“, sagt Julia Schüning. Es steckt viel Aufwand hinter den Choreographien. „Es sieht bei Turnieren immer so toll und leicht aus, wir sind auch immer von anderen Paaren beeindruck“, berichten die Schünings.
Der Wettkampfbereich sei aber ein Unterschied zum Breitensport, der deutlich spürbar ist. Beim TTC trainieren die beiden neben Gruppenstunden beim erfolgreichen Tanzpaar Anna Salita und Artur Balandin (Latein) sowie bei Sascha Wakup (Standard).
Vier Leistungsklassen beim gleichgeschlechtlichen Tanzen
Es gibt beim Equality-Tanzen vier Leistungsklassen (A, B, C, D). Bei den Turnieren gibt es aber – anders als im Tanzsport üblich – zu Beginn immer eine Sichtungsrunde, bei der sich alle Paare beweisen können. Sie werden daraufhin in die Klassen eingeteilt. Aufgrund weniger Teilnehmer wird die D-Klasse dabei nur selten besetzt. Und: Wer in einer der niedrigeren Klassen gewinnt, qualifiziert sich automatisch für die nächsthöhere und darf darin noch beim gleichen Turnier antreten.
Genau das haben Julia und Sandra Schüning im August in Kopenhagen geschafft, bei den EuroGames. Dort war das Teilnehmerfeld aufgrund der Corona-Pandemie zwar dünner besetzt, doch das Leistungsniveau nicht geringer. Die Schünings gewannen die C-Klasse im Lateintanz, in der B-Klasse wurden sie danach Zweiter. Und im Standard wurden sie in der B-Klasse ebenfalls Zweiter. Das freute und motivierte sie sehr – zumal sie bei ihrem erst dritten Wettkampf schon auf europäischer Bühne angetreten sind.
Bei den Deutschen Meisterschaften ist die B-Klasse das Ziel
Nun folgt die Deutsche Meisterschaft, am Samstag ist Standard an der Reihe, am Sonntag Latein. Manche Paare konzentrieren sich auf einen Bereich, die Bochumerinnen wollen beides tanzen. „Die Teilnehmer kennen sich dabei oft schon gut, weil wir im Equality-Tanzen nicht so viele sind. Es ist eine familiäre Atmosphäre. Das macht uns so viel Spaß. Man gönnt den anderen ihren Erfolg. Natürlich schaut man auch sportlich auf die Konkurrenz“, gesteht Julia Schüning.
Ziel ist es nun, direkt in die B-Klasse kategorisiert zu werden und sich dauerhaft darin zu halten.
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