Hattingen. Hiroto Suyama leitet die Agentur Footballior, über 40 Spieler stehen unter Vertrag. Er spricht über den Umgang mit Träumen und das Konzept.

Rund 9300 Kilometer liegen zwischen der japanischen Hauptstadt Tokio und Düsseldorf. Dank der Globalisierung und dem Flugverkehr sind auch solche Distanzen einfach zu überwinden.

15 Stunden braucht ein Flugzeug aus Tokio bis zur Landung in der Landeshauptstadt. Dort erwartet die Reisenden eine komplett andere Kultur, junge japanische Fußballer allerdings auch eine Chance auf eine Profi-Karriere. So zumindest ihr Traum.

Spieler der SF Niederwenigern stehen bei Footballior unter Vertrag

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Denn der klassische Weg in Japan, über das schulische Ausbildungssystem und Hochschulsport in die oberen beiden Ligen zu kommen, und von dort eventuell den Sprung nach Europa zu wagen, ist nicht für jeden offen. Diejenigen, die es nach der High-School nicht zur Universität schaffen, sind von diesem Pfad in den Profifußball ausgeschlossen. Der Umweg führt somit schon in jungen Jahren über das Ausland.

„Der Weg in Japan zum professionellen Spieler ist anders als in Deutschland. Hier bekommen junge Spieler mehr Chancen“, erklärt Hiroto Suyama, Inhaber der Sportmanagement- und Spielerberatungs-Firma Footballior, bei der auch Toya Sato und Daiki Matsubara unter Vertrag stehen. Alle drei spielen nun in der Landesliga für die Sportfreunde Niederwenigern.

Zwar sei das Niveau in den japanischen Ligen gut, aber der Stil des Fußballs sei sehr verschieden zu dem in Deutschland. „Manche Spieler passen besser zum deutschen Stil. In Japan wird der Fokus sehr auf Technik gelegt, aber das ist nur ein Part vom Fußball“, so Suyama, der mittlerweile 45 Spieler zwischen 18 und 25 Jahren betreut, davon spielen 27 in der Oberliga.

Die Spieler kontaktieren Hiroto Suyama aus Japan

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„Normalerweise ist es für japanische Beratungsagenturen unmöglich, 27 Spieler in der Oberliga zu haben. Aber ich habe eine höhere Erfolgsquote“, ist Suyama stolz. Als Grund dafür sieht er sein ganzheitlicheres Konzept an.

Bevor die Spieler mit dem Profi-Traum in das Flugzeug aus Japan nach Deutschland steigen, kontaktieren sie Suyama über die sozialen Medien oder die Homepage der Firma. „Daraufhin starten wir die Kommunikation, wie ich ihnen helfen kann“, so Suyama. Sind sich beide Parteien einig, bezahlen die Spieler die Firma für die Dienstleistungen, kommen nach Deutschland und absolvieren ein Training. „Dadurch kann ich einschätzen, wie gut sie sind, ob sie in der Landesliga oder der Oberliga spielen können“, sagt Suyama.

Die Vereine bekommen ein Profil zugesendet

Es folgt die Kontaktaufnahme mit den Vereinen. „Ich frage, für welche Positionen sie suchen. Danach schaue ich mir meine Spieler an und gucke, welcher möglicherweise passen könnte. Ihn schicke ich dann zu einem Probetraining“, so Suyama. Und die Vereine bekommen vor der Einheit ein Profil zugeschickt, mit relevanten Infos wie den Stärken, Schwächen und der vorgestellten Vergütung.

Einmal in der Woche veranstaltet Hiroto Suyama (oben rechts) von Footballior ein japanisches Fußballtarining in Düsseldorf.
Einmal in der Woche veranstaltet Hiroto Suyama (oben rechts) von Footballior ein japanisches Fußballtarining in Düsseldorf. © Suyama

Das funktioniere so gut, dass Klubs mittlerweile auch direkt auf Suyama zukommen und er nicht mehr nur auf sie, auch würden andere japanische Spieler von Agenturen zu footballior wechseln.

Das Konzept klingt logisch und einfach. Doch andere Agenturen würden ihre Spieler unabhängig von der eigentlich gesuchten Position anbieten und hätten somit weniger Vertragsabschlüsse vorzuweisen, sagt Suyama.

Hiroto Suyama trainiert in der Jugend beim KFC Uerdingen

Sind die Spieler einmal untergebracht, kümmert er sich weiter um sie, bietet wöchentlich ein japanisches Training an und schaut bei den Spielen immer wieder selbst vorbei. Bei der kritischen Analyse und den Gesprächen mit den Fußballern sowie ihren Trainern oder Sportdirektoren hilft dem B-Lizenz-Inhaber das Wissen aus seinem weiteren Job als U16-Cheftrainer des KFC Uerdingen.

„Wenn ich als Trainer gut bin, ist das ein guter Einfluss. Ich gehe zu den Partien und kann mit den Spielern direkt über ihre Probleme sprechen“, sagt Suyama.

Im ersten Jahr geht es viel um soziale Hilfe, im zweiten rein um den Sport

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Sportlich ist das Konzept ausgeklügelt, die Gefahr der Entwurzelung und des Spielens mit einem unrealistischen Profi-Traum besteht jedoch freilich und bietet Anlass zu Skepsis. Aber auch hierzu hat sich Suyama Gedanken gemacht und sein Firmen-Profil daher nicht nur auf eine Spieleragentur beschränkt, sondern auch das Sportmanagement bzw. Life-Coaching inkludiert.

Sein Konzept sei mit jedem Spieler erst einmal auf zwei Jahre ausgelegt. In den ersten 365 Tagen kümmere er sich um alle Aspekte, die das Leben im fremden Land mit sich bringt. „Ich bringe ihnen bei, wie sie eine Wohnung bekommen, wie es mit Verträgen funktioniert, wie man ein Bankkonto eröffnet, organisiere ihnen einen Online-Sprachkurs und habe Kontakte zum Ausländeramt“, erklärt Suyama.

Hiroto Suyama von der Sportmanagement-Agentur Footballior über das Geschäft mit jungen, japanischen Fußballern
Hiroto Suyama von der Sportmanagement-Agentur Footballior über das Geschäft mit jungen, japanischen Fußballern © Patrick Radtke | Patrick Radtke

Auch Volunteer-Arbeit gehöre dazu, regelmäßig wird am Wochenende der Düsseldorfer Hauptbahnhof morgens aufgeräumt. „Wir leben in Deutschland und wollen auch Danke sagen“, nennt Suyama die Gründe dafür.

Im zweiten Jahr liegt sein Fokus dann rein auf dem Sportlichen: der Betreuung, dem Erstellen eines Trainingsplanes für die fußballfreie Zeit oder der Vermittlung zu Physiotherapie- und Massage-Praxen bei Problemen.

Als nächsten Schritt möchte Footballior mehr Spieler in die Regionalliga bringen

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Zudem sei Ehrlichkeit wichtig. Denn dass es trotz all dieser Ideen nur ein minimaler Bruchteil wirklich in den Profi-Fußball schaffen kann, müssen auch die Spieler wissen. Zwar sei die Erfahrung, in Deutschland zu leben, gut für die persönliche und soziale Zukunft der jungen Japaner.

Das Problem aber sei „dass es viele Agenturen gibt, die es nur für das Geld machen. Die Spieler zahlen für Support, aber wenn man 25 ist und in der Kreis- oder der Bezirksliga spielt, ist es schwer, auf ein Profi-Level zu kommen. Zum Spaß ist es okay, wenn sie aber Profi werden möchten, muss man ihnen sagen, dass das schwer wird. Deswegen sind fast alle meiner Spieler in der Landesliga oder höher“, sagt Suyama, der glaubt, mit hartem Training seien von da weitere Schritte möglich.

Hibiki Matsuno sammelt bei den Sportfreunden Niederwenigern in der Fußball-Landesliga ordentlich Einsatzzeit.
Hibiki Matsuno sammelt bei den Sportfreunden Niederwenigern in der Fußball-Landesliga ordentlich Einsatzzeit. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

So war und ist es auch bei ihm und diese möchte er auch selbst weitergehen. Mit der Firma hofft er, nun nach und nach mehr Spieler in der Regionalliga unterbringen zu können und es später bis in die 1. oder 2. Bundesliga zu schaffen. Als Trainer träumt er von noch Größerem: die Champions-League. Suyama: „Erst einmal die Youth League, dahin möchte ich kommen. Aber der Trainerjob ist etwas Langfristiges, es ist ein weiter Weg. Ich möchte Schritt für Schritt gehen.“

So wie die jungen Japaner.

Hiroto Suyama kam über Japan und die USA nach Deutschland

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Wie so oft im Leben spielte auch bei Hiroto Suyama der Zufall eine große Rolle. Denn eigentlich war es nie der Plan des heute 35-Jährigen, eine Sportmanagement-Agentur zu gründen und so sein Geld zu verdienen.

Einst ging er selbst auf eine High School in Japan, studierte in den USA dann Sportwissenschaft, ehe es ihn nach London verschlug, wo er seine Trainerlizenz ablegte und zugleich mit der Jugendakademie des FC Chelsea London zusammenarbeitete. Sein Ziel war schon damals Deutschland, sagt Suyama. 2014 erreichte er dieses, wurde Co-Trainer in der Jugendabteilung des FSV Frankfurt und arbeitete dort zudem als Analyst.

Damals entstand auch die Idee der Spielerberatungsagentur. „Eigentlich hatte ich mich nur darauf konzentriert, wie ich als Trainer Erfolg haben kann. Aber einige japanische Spieler fragten mich, ob ich ihnen helfen kann, einen Verein zu finden, im Raum Frankfurt in die Ober-, oder in die Landesliga zu kommen“, sagt Suyama.

Neun Spieler in der Landesliga, zwei in der Regionalliga

Da die Arbeit als Jugendcoach finanziell nicht ausreichte, um dauerhaft davon leben zu können, entschied er sich dafür, die Agentur ins Leben zu rufen. „Zwei, drei Jahre verschaffte ich mir ein Grundlagen-Wissen, wie das Geschäft funktioniert, wie ich Spieler zu Vereinen bringen kann, 2020 wurde die Firma dann offiziell gegründet“, so Suyama, der danach ein Jahr Pause als Jugendtrainer einlegte, Kontakte aufbaute und nach Düsseldorf zog, da es dort eine größere japanische Community gibt.

Hiroto Suyama ist der Chef bei Footballior
Hiroto Suyama ist der Chef bei Footballior © Patrick Radtke

Ein Blick auf die Liste, der Spieler, die Footballior betreut, zeigt, dass Suyamas Konzept geschäftlich aufgeht. Neben Sato und Matsubara stehen sechs weitere japanische Landesliga-Spieler unter Vertrag, hinzu kommen 27 Oberliga-Akteure, eine Fußballerin und Spieler am Mittelrhein oder in Westfalen – alle gehen ihrem ambitionierten Hobby in Nordrhein-Westfalen nach. Ab der Regionalliga sei das Bundesland dann sekundär, sagt Suyama. Suyama betreut Spieler beim TuS Erndtebrück, dem TuS Ennepetal, dem KFC Uerdingen, dem FC Kray, dem VfB Homberg, Fortuna Köln und noch viele mehr.

Mit Sho Sannomiya vom FSV Frankfurt und Kaito Mizuta, der vor der Saison vom SV Straelen zum FSV Mainz 05 II wechselte, und bei deren Betreuung Suyama mit RMB Sports, einer weiteren Agentur, zusammenarbeitet, sind zwei seiner Kunden in der vierten Liga unterwegs –, insgesamt sind es 45 Personen, fast alle zwischen 18 und 25 Jahren alt. Als nächsten Schritt hofft er darauf, mehr Spieler in der Regionalliga unterzubringen.

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