Sprockhövel/Gevelsberg. Die Nationalspielerin erinnert sich an die Zeit im Baumhof, in der sie ihren entscheidenden Schritt machte – und durch die Jungs lernte.

Sie spielt in dieser Saison um den Meistertitel in der Frauen-Bundesliga mit dem VfL Wolfsburg, mit dem sie sich im Spitzenspiel am Sonntag gegen den FC Bayern München 1:1 trennte und damit weiter auf Platz zwei bleibt. Sollte es nicht mit dem Titel klappen, hat die Gevelsbergerin Lena Oberdorf dennoch ihre nächsten Schritte gemacht.

Die jüngste deutsche Nationalspielerin bei einer Frauen-Weltmeisterschaft hat in der Vergangenheit den entscheidendsten Schritt in der Jugend der TSG Sprockhövel gemacht, wo sie bis in die B-Jugend mit und gegen Jungen spielte, was sie prägte. Das Spiel mit den Jungen ist das, was sie selbst auch als wertvoll betrachtet und wodurch sie anderen etwas voraus hat. Das hat sie auch im NDR Sportclub am Sonntagabend bestätigt.

Vom TuS Ennepetal zur TSG Sprockhövel

Begonnen hat die Mittelfeldspielerin mit dem Fußballspielen beim TuS Ennepetal. Aber nicht nur dort, sondern auch in der Freizeit hat sie als Kind unheimlich viel Ehrgeiz gezeigt. „Sie wollte sich immer mit den Jungs, mit den Größeren messen“, erzählte ihr älterer Bruder Tim im NDR. Er hat ebenfalls bei der TSG Sprockhövel gespielt, damals sogar in dem Regionalligajahr, in dem er zu den Stützen gehörte. Nun kickt er in der Reserve der Fortuna Düsseldorf.

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Die kleine Schwester selbst sagt zu ihrem unbändigen Ehrgeiz: „Gerade auch in der Vorbereitung wollte ich bei Läufen nicht verstehen, dass ich nicht mit Jungs mithalten kann. Gerade, wenn man dann bei den älteren ist, ist es ja noch mal was anderes. Es war teilweise echt hart. Aber diesen Willen, dass ich mich durchsetzen möchte, lernt man glaube ich bei den Jungs ganz gut.“ Sie könne es Mädchen empfehlen, mit Jungen zu spielen, da sie selbst dadurch vieles mitgenommen hat. Vor allem im Zweikampfverhalten und der körperlichen Härte.

Bruder Tim Oberdorf erinnert sich an unbändigen Ehrgeiz seiner Schwester

„Es war nicht normal, aber im positiven Sinne. Wenn ihr gesagt wurde, mach mal ein bisschen später mit, hieß es von ihr: ich will auch, sofort“, berichtet Tim Oberdorf über seine Schwester, die sowohl in Ennepetal als auch bei der TSG mit den Jungs zusammenspielte. Ab der D-Jugend war sie im Baumhof aktiv, also in der so oft als „goldenes Lernalter“ bezeichneten Phase. Es waren dann fünf prägende Jahre, an die sich ihr damaliger B-Jugendtrainer Patrick Knieps erinnert, der heute nach wie vor guten Kontakt zur Familie Oberdorf hat.

In der B-Jugend hat Lena Oberdorf (Mitte) noch mit den Jungs zusammengespielt und war Kapitänin. Unter ihrem Ex-Trainer Patrick Knieps (l.) hat sie noch viel mitgenommen.
In der B-Jugend hat Lena Oberdorf (Mitte) noch mit den Jungs zusammengespielt und war Kapitänin. Unter ihrem Ex-Trainer Patrick Knieps (l.) hat sie noch viel mitgenommen. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer

Er spricht ihren guten Spielaufbau an und schätzt vor allem ihre faire Art, wenn sie vom anderen Geschlecht absichtlich härter angegangen wurde. „Das hatte ich so nicht erwartet, aber sie hat mehr abbekommen als ihre Mitspieler“, weiß Knieps noch und erinnert sich, dass es teilweise sogar grenzwertig war. „Sie hat sich schon gewehrt, konnte nicht nur einstecken, sondern auch austeilen. Das hat sie aber immer fair gelöst“, erzählt Knieps.

Lena Oberdorf lernt körperliche Härte kennen und bleibt bei Attacken fair

In einem Testspiel wollte er sie beim Stande von 5:0 für die TSG auswechseln, als sie einen Ellenbogen ins Gesicht bekommen hatte. „Ich hatte schon einen Spieler am Rand bereit stehen, aber sie wollte unbedingt wieder rein und hat dann auf dem Platz geantwortet“, weiß ihr Ex-Trainer noch. Lena Oberdorf, die in der TSG-B-Jugend Kapitänin war, erzählte im NDR: „Es gab auch die eine oder andere Situation, in der ich von hinten eine Grätsche abbekommen habe. Das muss nicht sein. Aber es prägt einen und man kommt einfach weiter.“

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Nationalspielerin Lena Oberdorf (Nummer 6) spielt bald für den VfL Wolfsburg – und trifft mit Alexandra Popp dort auf eine weitere Nationalspielerin mit Wurzeln in Gevelsberg.
Von Benedikt Burgmer und Philipp Ziser

Angesprochen auf ihr außergewöhnliches Fußballtalent, verbunden mit Begriffen wie etwa „Juwel“, „Überfliegerin“ oder auch „das großes Versprechen“ hat sich die 19-Jährige im NDR folgendermaßen geäußert: „In erster Linie versuche ich, so etwas gar nicht erst zu lesen. Aber man kommt natürlich nicht drum herum. Ich versuche es als schöne Geste von den Medien hinzunehmen und auszublenden, das Wichtige liegt dann auf dem Platz.“

An der Seite von der Gevelsbergerin Alexandra Popp

Dort spielt sie mit der aktuell verletzten Alexandra Popp zusammen, beim VfL Wolfsburg sowie in der deutschen Nationalmannschaft. Es gibt mit der Heimat Gevelsberg zudem noch eine Verbindung. Popp erinnert sich an ein Gespräch vor dem Wechsel zu den Wölfinnen: „Sie sagte, wenn sie ein bisschen Spielzeit bekommen wird, ist sie echt glücklich. Und das ist auch der richtige Weg, dass ich dort reinschnuppern kann.“

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Doch es kam anders: Lena Oberdorf wurde direkt Stammspielerin. Ihre gesamte Entwicklung verlief schnell steil nach oben, bereits in der Jugend bei der TSG war sie in U-Nationalmannschaften dabei und überzeugte. „Es war wie im Rausch, man konnte es gar nicht so richtig sacken lassen“, sagte die Fußballerin nun selbst im NDR dazu.

Zu ihrem Jugendverein hielt sie nach dem Wechsel 2018 in die Frauen-Bundesliga zur SGS Essen noch Kontakt, besuchte A-Jugendspiele ihrer alten Mannschaft. Die Verantwortlichen bei der TSG verfolgen ihren Werdegang mit Stolz, nicht nur das Spitzenspiel am Sonntag.

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