Region. Wie sich Körper von Sportlern während des Lockdows verändern und was sie dagegen tun können erklärt Trainingswissenschaftler Alexander Ferrauti.

Bis vorerst Ende November ist der zweite Corona-Lockdown angesetzt . In der Zeit darf kein Amateursport stattfinden und die Vereine ihre Sportanlagen bis auf wenige Ausnahmen nicht benutzen. Die längere Pause hat Auswirkungen auf den Körper der Aktiven . Was genau und wie den Veränderungen entgegengewirkt werden kann und sollte, erklärt Prof. Dr. Alexander Ferrauti, Leiter des Lehr- und Forschungsbereichs Trainingswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum .

Herr Ferrauti, was macht eine lange Sportpause mit dem Körper eines Sportlers?

Alexander Ferrauti: Grundsätzlich ist eine Pause vom regulärem Trainings- und Wettkampfbetrieb nicht immer nur negativ, da die Ermüdung in den Mannschaftssportarten durch die aktuell sehr engen Spielpläne enorm ist. Es kann sich sogar nach zwei, drei Wochen ein Nettogewinn an Leistung ergeben, ähnlich wie in der bewusst gesetzten sogenannten Tapering-Phase im Ausdauersport. Hier wird das Training vor einem Wettkampf heruntergefahren und es werden nur punktuell Trainingsreize bis zum Leistungshöhepunkt gesetzt.

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Nach noch längerer Pause sinkt die Leistung selbstverständlich unter das Ausgangsniveau ab. Man muss dabei allerdings das Corona bedingte Detraining vergleichbar mit der Off-Season vom Extremfall unterscheiden, der absoluten Bettruhe. Hier sind schon nach wenigen Tagen Leistungseinbußen und Rückbildungen der Muskulatur unvermeidlich.

Ab wann oder in welchem Bereich ist eine Veränderung im Körper kritischer, wo gibt es weniger große Auswirkungen?

Man muss dabei unterscheiden, etwa zwischen Ausdauer, Schnelligkeit und Koordination. Im Falle der Schnelligkeit ergibt sich auf einen Zeitraum von vier Wochen betrachtet eine Reduzierung von maximal ein bis zwei Prozent. Kurzfristig führt die Pause sogar zu einer Erholung und zu einer Schnelligkeitsverbesserung. Die Ausdauer fällt im selben Zeitraum hingegen schneller und stärker ab und sinkt im Schnitt um fünf Prozent, im Einzelfall sogar bis zu zehn Prozent.

Das zeigen etwa Testergebnisse aus dem Profifußball am Ende der Saison und zu Beginn der erneuten Saisonvorbereitung. Die Koordination sinkt bereits kurzfristig ab, ist jedoch nach der Pause ebenso rasch wiederherzustellen. So wird ein Basketballer seine Technik nicht vollkommen verlernen und schnell wieder zu seiner gewohnten Trefferquote kommen.

Was kann ein Sportler am besten tun, um den Veränderungen entgegenzuwirken?

Die Frage ist natürlich, wie ein Sportler mit der Situation des Lockdowns umgeht. Ziel sollte es sein, die Leistung möglichst zu erhalten. Dazu reichen je nach Sportler und Leistung kompakte Trainingsprogramme aus. Bei der Trainingsdurchführung muss man zuweilen kreativ sein, weil nicht alle gewohnten Trainingsmaterialien zur Verfügung stehen.

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Die Pause kann auch eine Chance sein, um individuelle Defizite anzugehen und zu beheben. Dies sollte vom Trainerstab entsprechend speziell für den Einzelsportler festgelegt werden. Bei einem Torwart kann es zum Beispiel die Sprungkraft sein. Aber auch Teilbereiche der Ausdauer oder technische Defizite können angegangen werden.

Wie kann man sich einzeln oder zu zweit – was aktuell erlaubt ist – auf Mannschaftssport vorbereiten?

Zum Erhalt der Ausdauerleistung kann das sogenannte Fahrtspiel im Gelände mit variablen Belastungen genutzt werden oder auch ein High-Intensity-Intervalltraining mit angepassten oder schon bekannten Strecken, das in zügigem Tempo mit kurzen Pausen absolviert wird. Das funktioniert etwa im Park oder im Gelände. Ein Minimalprogramm für einen Mannschaftssportler wären drei Einheiten pro Woche: eine mit einem langen, extensiven Lauf über 45-60 Minuten, eine zweite mit Intervalltraining oder Fahrtspiel im Gelände und eine dritte mit Sprintintervallen.

Wohlwissend, dass dies einem Wettkampf nicht gleichkommt, denn die sportartspezifischen Reize fehlen natürlich. Im Falle eines Fußballers etwa der Sprint mit Ball am Fuß unter Gegnereinwirkung. Oder auch die kognitiven Anforderungen im Mittelfeld. Meist können diese Fähigkeiten aber schnell reaktiviert werden, wenn der Einstieg in die gewohnte Trainings- und Wettkampfsaison erfolgt. Denn die Motivation ist nach einer Pause immer besonders hoch.

Wie sollte die Vorbereitung auf den Wiedereinstieg in die Wettkämpfe aussehen, wenn das gewohnte Training wieder möglich ist und die Termine stehen?

Man wird in den Mannschaftssportarten wohl leider kaum die Zeit haben, sich bestmöglich vorzubereiten. Was fehlt, ist vor allem die Belastungsverträglichkeit gegenüber der Wettkampfbelastung und die Spielpraxis. In den ersten Wettkämpfen wird es daher unvermeidbar sein, mit Leistungsrückschritten zu starten.

Der höhere Wettkampfdruck geht auch mit Verletzungsrisiken einher. Trainer müssen daher mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen und in den Mannschaftsspielen durch geschickte Einwechslungen die Belastung auf mehrere Schultern verteilen.

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