Hattingen. Vanessa Cohut trainiert Kinder im Dance Inn in Hattingen. Ihr eigener Weg ging als Jugendliche einmal auf die große Bühne und wieder zurück.

Gezielt und mit viel Taktgefühl schwingt Vanessa Cohut ein Band durch die Luft, wenig später jongliert sie mit zwei Keulen. Dies zeigt sie wöchentlich Kindern im Tanzstudio Dance Inn, beim Angebot der Rhythmischen Sportgymnastik (RSG). Die Trainerin bringt viel Erfahrung mit, sie war früher mehrere Jahre lang im Bundeskader und sogar ein Jahr in der deutschen Nationalmannschaft. Dabei hat sie zwei Seiten ihres Sports kennengelernt.

Bereits als kleines Kind war die Sportlerin schon ganz nah dran, an der Sportgymnastik. „Meine Mutter war selbst Trainerin und hat mich im Maxi Cosi mit in die Halle genommen“, erzählt die heute 28-Jährige, die im frühen Alter schon Bänder schwang. Sie stieg damals beim TV Recklinghausen ein, wo ihre Mutter bereits Trainerin war. Danach ging es zum TV Bochum-Brenschede und schließlich zum Olympiastützpunkt (OSP) in Wattenscheid, direkt beim TV Wattenscheid. Mit elf Jahren. Denn das Talent von Vanessa Cohut wurde von mehreren Seiten erkannt.

Temperament und Ausstrahlung auf der Fläche

In jungen Jahren hat Vanessa Cohut Wettkämpfe auf hohem Niveau bestritten.
In jungen Jahren hat Vanessa Cohut Wettkämpfe auf hohem Niveau bestritten. © Vanessa Cohut

Einerseits durch ihren damaligen Balletttrainer, der sagte, die Sportgymnastin bringe Temperament auf die Tanzfläche und Ausstrahlung. Das, womit gute Sportlerinnen in der RSG punkten können, neben ihrem körperlichen Talent. „Viele spulen ihr Programm einfach nur ab, machen langsame Choreographien“, weiß Vanessa Cohut, die in Wattenscheid das Glück hatte, teilweise Einzeltraining zu bekommen, in Einheiten am Vormittag. Ihre Trainerin Uschi Lenz kümmerte sich intensiv, wodurch ihre Sportlerin effektiv arbeiten konnte. „Sie hat mich in meinen Bewegungen auch mal als frech beschrieben“, erzählt Vanessa Cohut, die viel von ihrer ehemaligen Trainerin hält.

Später war die Bochumerin sogar im Teilzeitinternat am OSP, ihre Schule spielte mit, die Lehrer schickten Aufgaben zu. Das, was sie im Unterricht verpasste, musste sie nachholen. Da parallel die Nationalmannschaft in Wattenscheid trainierte, wurde Bundestrainerin Livia Medilanski auf das Talent aufmerksam. Vanessa Cohut hatte die Chance auf den Perspektivkader für Olympia, für die Spiele in Peking 2008. Ihr Tagesablauf bestand grob aus Schule, Training, Mensa, Hausaufgabenbetreuung, Training und dann nach Hause.

Tanzschule Dance Inn

file76e2iiicezot42hb8d5
file76e2j53dy80z6ux295y
file76e2j8u9ct51g02ap8xr
file76e2j144oro7ratx911
file76e2ilh7xau1jgi2d8nt
file76e2idyhf1213mh9ppoj
file76e2i9gmr7kewx4f7zx
file76e2i62orito0he0i1b
file76e2hv8rx1ly39rgspj
file76e2i0n1ry1139qau9gj
file76e2hqilyjl16dute8zg
file76e2ir4wfvsx8si683u
© Funke Foto Services GmbH | Fischer
file76e2iwwki15kldut8r5
1/13

Mit 15 Jahren in die Nationalmannschaft berufen

Beweglichkeit und Eleganz gehören zur Rhythmischen Sportgymnastik dazu.
Beweglichkeit und Eleganz gehören zur Rhythmischen Sportgymnastik dazu. © Vanessa Cohut

Mit 15 Jahren wurde Vanessa Cohut in die Nationalmannschaft berufen. Wettkämpfe waren allerdings erst ab 16 Jahren möglich, mit der Mannschaft. „Ich war mir nicht sicher, ob ich es machen wollte, da immer nur einzeln trainiert habe“, verrät sie. Zudem waren die Kolleginnen im Nationalteam alle älter und intern gab es doch eine gewisse Konkurrenz. Mit der Bundestrainerin harmonierte sie nicht so gut, der Spaß am Sport ging verloren. „Es war alles sehr ernst“, beschreibt die junge Frau, die auch erzählt, dass die Bundestrainerin den Sportlerinnen mal untersagte, Witze im Training zu machen und zu lachen.

Bei Lehrgängen der Nationalmannschaft werden die Sportlerinnen dreimal am Tag gewogen, machen eine Kraftdiagnostik und Sportuntersuchungen. Bei Fettmessungen wird eine Zange an die Haut angelegt. „Der Druck war sehr groß. Gerade im Nationalteam ist man austauschbar. Wenn man ein paar Kilogramm zu viel wiegt oder nicht die gewünschten Leistungen zeigt, dann kommt eben eine andere ehrgeizige Sportlerin nach“, gibt Vanessa Cohut einen Einblick. Es gab und gibt Kolleginnen, die streng auf ihre Ernährung achten und ihre Gesundheit gefährden, um es nach ganz oben zu schaffen. So leiden einige unter Bulimie oder Magersucht. Damit hatte die Dance-Inn-Mitarbeiterin nie Probleme. „Ich war schon immer sehr dünn und habe das gegessen, was ich wollte. Meine Trainerin war auch lockerer und ich habe trotzdem meine Leistungen gebracht.“

Training unter der Mutter

Die Trainerin hat Freude an ihrer Tätigkeit im Dance Inn in Hattingen.
Die Trainerin hat Freude an ihrer Tätigkeit im Dance Inn in Hattingen. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer

Einen Wettkampf für das Nationalteam absolvierte sie allerdings nie. Sie entschied, aufzuhören. Zunächst komplett, bevor sie ein Jahr später wieder in einer unteren Stufe (Wettkampfklasse, zuvor Leistungsklasse) einstieg, mit nur dreimal Training pro Woche. Während der Zeit ihres Abiturs ging die Schule wieder klar vor. Zu der Zeit trainierte Vanessa Cohut unter ihrer Mutter Ute. Es folgte die Trainer-C-Lizenz in der RSG, womit sie sieben Jahre lang beim TV Wattenscheid im Nachwuchsbereich arbeitete.

Sie dachte in der Zeit schon mal daran zurück, wie es war. Einsteigen wollte sie aber nicht mehr. „Man hat schon sehr viel eingesetzt. Ich war zum Beispiel nie auf Klassenfahrt und habe mich selbst im Urlaub am Strand gedehnt“, sagt die Sportlerin, die nun in ihrer Rolle als Trainerin in Hattingen aufgeht und die Kindergruppe ohne Druck und Zwang anlernt. „Sie haben Spaß. Das, was ich auch immer wollte.“