Hattingen/Sprockhövel. . Der 56-Jährige ist jetzt ein Trainer im Ruhestand und nutzt die Freizeit zu Motorradtouren. Das Karriere-Ende hatte er sich anders vorgestellt.

Die Wochenenden waren bei Wolfgang Westerkamp in der Vergangenheit meist fest verplant. Den heute 56-Jährigen zog es in schöner Regelmäßigkeit auf den Fußballplatz. Aber nicht nur die Wochenenden waren durch den Sport ausgefüllt, Westerkamp opferte alltags auch ungezählte Abende für den Fußball. Er war ein Trainer aus Leidenschaft. Heute ist er ein Trainer im Ruhestand. Und das ist er gerne.

„Ich vermisse nichts, das Feuer in mir brennt nicht mehr. Ich liebe mein Leben, so wie es jetzt ist“, sagt Westerkamp, der an den Wochenende jetzt gerne auf sein Motorrad steigt, die nähere und weitere Umgebung erkundet und die Seele dabei baumeln lässt. Fußball? Nein, das muss nicht mehr sein. „Wenn überhaupt, dann schaue ich mir Spiele bei der TSG Sprockhövel an. Da habe ich immer noch viele gute Bekannte, und im Baumhof habe ich in Sachen Fußball eine wunderschöne Zeit verbracht“, so Westerkamp.

Hedefspor zieht die Mannschaft zurück

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Ein bisschen Wehmut klingt bei diesen Worten schon durch. Vielleicht wäre das anders, wenn nach einer sehr erfolgreichen Zeit als Trainer das Karriere-Ende ein bisschen anders verlaufen wäre. Denn der Trainer Wolfgang Westerkamp war plötzlich arbeitslos, weil er keine Mannschaft mehr hatte.

Und das kam so: Der B-Lizenz-Inhaber hatte im Sommer 2017 bei Hedefspor Hattingen angeheuert und sollte, nachdem Hedefspors erste Mannschaft von der Westfalenliga bis in die Bezirksliga durchgereicht worden war, die Talfahrt aufhalten. Verein und Trainer waren auch guten Mutes, doch schon bald stellte sich heraus, dass das Unternehmen Klassenerhalt mangels Personals schwierig bis unmöglich werden würde. „Der Vorstand von Hedef hat wirklich alles versucht. Da standen auch Namen von wirklich guten Fußballern auf dem Zettel. Doch die Spieler haben dann kurzfristig wieder abgesagt. So ist das in der heutigen Zeit nun einmal“, erinnert sich Westerkamp auch an unerfreuliche Trainingsabende: „Wenn nur vier Spieler kommen, kann man halt nicht viel machen.“

Im Winter 2017/2018 zog der Hedef-Vorstand dann die Reißleine und meldete die Mannschaft aus der Bezirksliga ab. Im Sommer gab es dann in der Kreisliga A mit Engin Tuncay einen Neustart, der auch erfolgreich war. Doch das ist eine andere Geschichte.

Das Ende in Welper kommt überraschend

Mit der SG Welper stieg Wolfgang Westerkamp in die Bezirksliga auf.
Mit der SG Welper stieg Wolfgang Westerkamp in die Bezirksliga auf. © Volker Speckenwirth

Wolfgang Westerkamps vorletzter Verein war die SG Welper. Drei Jahre lang arbeite er an der Marxstraße. Zunächst gab es aber einen herben Rückschlag, denn Welper stieg aus der Kreisliga A ab. „Das war traurig, die Mannschaft war aber überaltert, und danach haben wir dann ja sehr erfolgreich neu aufgebaut“, so der Trainer. Thorsten Henke stieß zur Mannschaft, auch Maxim Osterhage, den Wolfgang Westerkamp noch aus seiner Zeit in Sprockhövel kannte, kam neu dazu. Welper stieg dann auch sofort wieder auf und rauschte danach, auch dank des Engagements von Sponsor Kaan Öztürk, durch die Kreisliga A hoch in die Bezirksliga. Doch danach kam es zur Trennung vom Meistertrainer, was sicherlich recht ungewöhnlich war. „Der Aufstieg war ja ein Muss, und deshalb musste ich als Trainer auch unpopuläre Entscheidungen treffen, die sicher nicht jedem gefallen haben“, so Westerkamp, der zugibt, dass es damals auch einige Misstöne gab, der aber ohne Groll an diese Zeit zurückdenkt.

Erfolgreicher Torjäger beim Hammerthaler SV

Da erinnert er sich lieber an die anderen Stationen, in denen es zahlreiche Erfolge zu feiern gab. Zum Beispiel auch beim Hammerthaler SV, für den Westerkamp als Spieler viele Tore schoss. „Der Wolfgang Apel wollte mich damals schon zu Blau-Weiß Welper holen. Doch dann lief es anders herum, Wolfgang Apel kam zum HSV“, erzählt Westerkamp mit einem Schmunzeln.

Und so trafen sich damals auf dem Platz In den Tannen ausgesprochen Fußball-Verrückte. Typen, wie es sie heute nicht mehr so oft gibt. Typen, die schon von klein auf am Ball waren. „Damals drehte sich ja alles um den Sport, wir haben als Kinder nicht nur beim Training und im Spiel gegen den Ball getreten. Wir waren immer draußen. Wir sind auf Bäume geklettert und haben Fußball gespielt. Das hat sich alles ein bisschen geändert. Heute spielen die Jungs ihre Turniere auf der Playstation aus“, sagt Westerkamp.

Volksfest im Hammertal nach dem Aufstieg

Aber jetzt doch schnell wieder von der digitalen Gegenwart zurück in die Vergangenheit, in der die Dinge noch greifbar waren. Den HSV führte Westerkamp als Trainer in die Kreisliga A, was damals zu einem mittleren Volksfest führte.

Fußball hat einen anderen Stellenwert bekommen

Die Trainingsbeteiligung ist im Amateurfußball bei vielen Vereinen ein Thema. Die Klage, dass zu wenig Spieler zu den Übungseinheiten kommen, hört man inzwischen häufiger. Nach Ansicht von Wolfgang Westerkamp hat das auch einen Grund.

Der Fußball habe heute einen anderen Stellenwert als noch vor 20 Jahren“, sagt der 56-Jährige. „Andere Hobbys oder das Studium haben heute Priorität, so Westerkamp. Die Folge: Weil weniger trainiert werde, sei das Niveau in den unteren Klassen gesunken.

Das ganze Dorf war auf den Beinen und feierte den Aufstieg. Die Mannschaft des HSV war später durchaus prominent besetzt. Denn zum Kader von Wolfgang Westerkamp gehörten damals auch Patrick Rohde, der heute Sportlicher Leiter beim Oberligisten TSG Sprockhövel ist, und Seung-Man Hong, der zuletzt den Fußball-Bezirksligisten TuS Hattingen trainierte. Ebenfalls Spieler unter Wolfgang Westerkamp war Christian Vandam, der sich später in der Knappenschmiede von Schalke 04 engagierte.

Ebenfalls gut lief es bei der TSG Sprockhövel: Westerkamp stieg als Jugendtrainer ein, bildete Spieler wie Emre Yesilova und Hakan Gültekin aus, feierte Meisterschaften, wurde Jugendkoordinator und arbeitete eng mit TSG-Jugendleiter Jürgen Homberg zusammen.

Kreispokalsieger mit der TSG Sprockhövel

„Wir haben damals bei der TSG unter anderem die Jahrgangsmannschaften eingeführt, was ganz sicher ein Schritt in die richtige Richtung war“, erinnert sich Westerkamp, der zudem die zweite Mannschaft trainierte und zweimal auch die erste Senioren-Mannschaft zu Titeln führte. Das war aber eine ganz entspannte Sache. Die TSG hatte damals das Kreispokalfinale erreicht, und Trainer Lothar Huber war schon zu seinem Urlaub an die Ostsee aufgebrochen. „Wir haben dann im Ischeland-Stadion beide Endspiele gewonnen. Für mich waren das ruhige Stunden. Zur Mannschaft gehörten damals unter anderem Mirkan Aydin und Alex Meister. Die haben mir vorher schon gesagt: Wolfgang, bleib ruhig. Wir machen das schon“, so Westerkamp.

„Ich weiß nicht, ob ich zurück an die Linie will“

Schöne und erfolgreiche Zeiten waren das. Zeiten, an die sich Wolfgang Westerkamp gerne erinnert. Und wenn er darüber nachdenkt, dann will er auch gar nicht mehr völlig aussschließen, dass es eine Rückkehr auf die Bank geben könnte. „Ich weiß nicht richtig“, sagt er dann. „Nach dem halben Jahr bei Hedefspor hatte ich ja auch einige Angebote. Doch die haben mich damals nicht gereizt. Ich weiß auch gar nicht, ob ich überhaupt zurück an die Linie will. Im Moment auf jeden Fall nicht. Mal schauen, was noch so kommt.“