Fürstenfeld. 2014 geht Phil Steffens mit einem Basketball-Stipendium in die USA und wird Profi. Nun spielt der Gladbecker in Österreich. Wie es ihm dort geht.
Phil Steffens lebt seinen Traum. Er ist Basketball-Profi, spielt in einer europäischen Liga, und ist Teil eines Teams, das er selbst als „cool“ bezeichnet. Dass dieses Team in Fürstenfeld im Südosten Österreichs angesiedelt ist, und nicht, wie eigentlich geplant im sonnigen Bordeaux im Süden Frankreichs, das ist Teil der abwechslungsreichen Lebensgeschichte des Gladbeckers, der sein Abitur 2014 am Ratsgymnasium gemacht hat.
Der Vertrag in Frankreich war unterschrieben, die Wohnung in Gladbeck gekündigt, die Freude auf eine anspruchsvolle Aufgabe im Profi-Club in der französischen Liga NM1 groß. Doch schon nach einem Monat platzte der Traum. Schlechte Kommunikation sei der Grund gewesen, sagt der 27-Jährige. Ein Tiefschlag. „Ich war echt demotiviert.“ Nach einigen Wochen, in denen er als Couchsurfer Unterschlupf bei verschiedenen Freunden fand, tat sich dann die Chance auf, in Österreichs 1. Bundesliga zu spielen.
Basketball-Profi zu werden war immer Phils Steffens Ziel
Im Team fühlt er sich wohl, viele der Kollegen sind wie er Importspieler, also „Zugereiste“. Vier US-Amerikaner spielen im Team, dazu kommen zwei europäische Ausländer, „Bosman“ genannt. Das Niveau sei durchaus hoch, sagt Steffens, die 1. Liga (mit dem malerischen Namen „win2day Basketball Superliga“) in Österreich sei etwa vergleichbar mit der 2. Bundesliga in Deutschland. „Ich wollte immer im Ausland spielen“, sagt er.
Als Flügel, Power Forward oder Small Forward hat sich der Gladbecker gut eingespielt, ist fest in der Rotation und kommt im Schnitt um die 17 Minuten pro Spiel zu Einsatz, spielt viel in der Defense und wirft viele Dreier. Viel geholfen hat es bisher allerdings nicht: Die Meisterschaft dürfte in dieser Saison kein Thema sein, Steffens’ Panthers sind sieglos in die Saison gestartet und belegen aktuell Rang zehn in der Tabelle (die Liga umfasst zwölf Teams).
Vom Schwimmen wechselte Phil als Jugendlicher zum Basketball. Mit 206 cm erreichte er dann auch noch die richtige Körperlänge. Deutschland, sagt er, sei kein klassisches Basketballland, wobei es im Ruhrgebiet noch vergleichsweise gut aussehe. Ins Basketballland schlechthin, die USA, hat ihn sein Weg direkt nach dem Abitur geführt.
Basketball-Profi bekam Sportstipendium in den USA
Damals berichtete die WAZ zum ersten Mal über den jungen Mann, der nebenbei gerne noch in Butendorf zockte. Ein Sportstipendium brachte ihn 2014 an eine Highschool im Bundesstaat North Carolina. Sein Team damals: die Wildcats. Phil blieb nach dem Schulabschluss als Profi in den USA, ging zum Sportmanagement-Studium nach Florida und spielte College-Basketball. Sechs Jahre blieb er in den Staaten.
Anfangs sei die Kommunikation dort etwas schwierig gewesen, erinnert er sich. „Aber ich war schon immer relativ offen“, und das habe sich in den USA noch verstärkt. Die sportliche Mentalität seiner Teamkameraden habe ihn zutiefst beeindruckt. Und auf eine Art auch schockiert. An der Highschool habe er das deutsche Bildungssystem schätzen gelernt. In den USA ist ein Sportstipendium für manche Jugendliche die einzige Chance auf eine akademische Ausbildung und sozialen Aufstieg. „Es gibt Länder, wo die Leute wirklich kämpfen müssen“, sagt er.
Vom College-Basketball in die Regionalliga
Zurück in Deutschland hat beim BSV Wulfen gespielt – Regionalliga, mitten in der Coronazeit 2020. Sich als Profi durchzusetzen sei sehr schwer, beinahe schon unwahrscheinlich, sagt der 27-Jährige. Wer einen ersehnten Vertrag ergattert, ist damit nicht zwangsläufig ein gemachter Mann.
Reich wie US-amerikanische Superstars wird in Europa niemand. Neidisch sei er deshalb nicht, sagt er. Das Auskommen sei in Ordnung, in Österreich stellt der Verein eine Wohnung, auch um ein Auto muss sich kein Spieler selbst kümmern. Darum kümmern sich Sponsoren.
Profi denkt an die Zeit nach der sportlichen Karriere
Die Zeit als Profi ist endlich. Steffens hat sich vor anderthalb Jahren mit einer Agentur selbstständig gemacht, Schwerpunkt digitales Marketing. Er berate Firmen, wie sie sich und ihre Produkte am besten im Internet präsentieren können, dabei komme ihm sein verbindliches Wesen zu Gute, sagt er lächelnd.
Seine Leidenschaft aber ist der Sport. Workshops an Schulen und in Kitas rund um Gladbeck hat er vor dem Wechsel nach Österreich ebenfalls angeboten. Herzensprojekte, deren Fortbestand oft an wegfallenden Fördermitteln scheitert. „Man merkt, dass die Kids immer weniger Sport treiben“, sagt Steffens. Umso wichtiger sei es doch, die Freude an der Bewegung zu vermitteln.
Hartes Training, viele Spiele
Sich selbst muss der 27-Jährige manchmal an die Freude erinnern. Harte Trainingseinheiten und zwei Ligaspiele pro Woche fordern ihren Tribut. „Es ist superanstrengend, seinen Körper ready zu halten“, fasst er zusammen. Je höher die Liga, desto physischer werde der Sport. Fürstenfeld und die Gegner in der 1. Liga verlangten in Sachen Athletik mehr von ihm, als er bisher gewohnt gewesen sei.
Ein paar gute Profijahre hat der Gladbecker noch vor sich. Bis Anfang oder Mitte 30, schätzt er, könne er auf diesem hohen Niveau aktiv sein. Das würde weiterhin ein Nomadenleben bedeuten, das auch die vielen Tattoos dokumentieren, die er mittlerweile gesammelt hat. Mehr als 30 seien es, sagt er. Und dass er seiner Mutter versprechen musste, wenigstens den linken Arm nicht zu verzieren.
Basketball-Profi will Nomadenleben irgendwann beenden
Irgendwann wolle er aber auch mal sesshaft werden, seine Familie und Freunde in Gladbeck in der Nähe haben. Im Winter Snowboard fahren. Das ist als Panther streng verboten – Alpennähe hin oder her. Schade, findet Phil, der den Wintersport erst vor vier Jahren für sich entdeckte: „Irgendwann dreht man ja auch durch, immer nur mit dem Basketball in der Hand“, sagt er lachend. Aber das sei nun mal ein Opfer, dass er bringen müsse.
Auch interessant
Dass Deutschland kürzlich Basketball-Weltmeister geworden ist, habe dem Sport hierzulande Aufwind gegeben. Er selbst habe die Spiele als Fan verfolgt, während er mit einem Kumpel in der Türkei ein 3 x 3 Turnier gespielt habe. Es sei kein Zufall gewesen, dass das deutsche Team gewonnen habe, findet er. „Die hatten eindeutig den meisten Bock, den Titel zu holen.“
Übrigens: Mehr als 4000 Menschen verfolgen Phils Weg bei Instagram. Als @phil.drc ist er dort aktiv.
Weitere Sportnachrichten aus Gladbeck finden Sie hier