Berlin. Für Anne Berger vom VfL Gladbeck schien im Olympiastadion sogar eine Medaille möglich. Daraus wurde nichts. Sie ärgerte sich aber nur ganz kurz.
Der Ärger war Anne Berger anzusehen. Die Stabhochspringerin des VfL Gladbeck hatte den dritten Versuch über 4,30 Meter verpatzt, die neue Bestleistung verpasst, und war damit vor allem aus der Konkurrenz bei den Deutschen Meisterschaften ausgeschieden. Kurz hob sie den Kopf, ließ ihn wieder auf die Matte im Berliner Olympiastadion fallen. Lange hielt der Frust aber nicht – sowohl mit ihrer Leistung als auch mit Platz vier waren sowohl die 23-Jährige als auch Trainer Christian Bludau zufrieden.
„Meine Gefühlslage sieht schon ganz anders aus“, sagte Berger, nachdem sie sich etwas abgekühlt hatte. „Ich bin einfach ein sehr ehrgeiziger Typ und hatte das Gefühl, es wäre noch mehr drin gewesen. Der zweite über 4,30 war superknapp. Aber beim dritten war ich dann einfach zu nah dran, das habe ich direkt beim Absprung gemerkt.“ Aber da war es zu spät. Sie ging gar nicht hoch, brach den Sprung ab.
Anne Berger mit blitzsauberem Wettkampf bei den Deutschen Meisterschaften
Bis zur Höhe von 4,30 Meter hatte Berger (Bestleistung 4,25 Meter) zuvor allerdings einen blitzsauberen Wettkampf abgeliefert – wenn auch zu einem undankbaren Zeitpunkt am Sonntagvormittag, als die Ränge des Olympiastadions noch fast ganz leer waren. Für einen solchen Leichtathletik-Wettkampf war das Stadion über das ganze Wochenende überdimensioniert.
Trainer Bludau lobte vor allem die starke Mentalität seiner Athletin: „Ich bin von Sprung zu Sprung zufriedener geworden. Anne hat sich überhaupt keine Nervosität anmerken lassen. Die 4,20 Meter waren die Höhe, mit der wir gerechnet haben, alles andere wäre ja eine neue Bestleistung gewesen.“
Zwischenzeitlich war die Gladbeckerinnen im Kampf um die Medaillen
Alle aufgelegten Höhen bis 4,20 überquerte die Gladbeckerin ohne Fehlversuch, hatte damit sogar eine Medaille im Blick. „Klar – dafür muss man nicht rechnen, das hat man beim Stabhochsprung einfach drin“, so Berger: „Ich hatte bis dahin eine weiße Weste. Ich wusste, dass ich ohne Fehlversuch eine Chance habe, wenn ich auch die 4,30 Meter ohne Fehler schaffe. Aber das hatte sich dann schnell erledigt.“ Ein kleiner Trost im Nachhinein, dass auch 4,30 nicht gereicht hätten: 4,40 Meter waren die Bronze- und Silberhöhe, Anjuli Knäsche sicherte sich sogar mit 4,55 Meter den Meistertitel.
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Da war Anne Berger schon im Entspannungsmodus, die verdiente Abkühlung gab es nämlich direkt vor Ort: Die letzten Sprünge verfolgte sie mit den Beinen im Wasser, im Wassergraben des Hindernislaufs, unter anderem mit der Kölnerin Clara Rentz.
Meisterschafts-Saison ist für Berger nun vorbei
„Wir verstehen uns ganz gut“, sagte Berger, „sie ist so etwas wie mein Wettkampf-Buddy. Die Stimmung unter den Stabhochspringerinnen insgesamt ist eigentlich gut – man sieht sich nicht so oft. Aber wir haben beide in diesem Jahr hauptsächlich unsere Wettkämpfe in NRW gemacht, sind oft gegeneinander gesprungen. Dann haben wir natürlich auch ein bisschen über die Sprünge gefachsimpelt.“
Gegen wen Berger in den kommenden Wochen springen wird, ist noch offen. Die Deutschen Hochschulmeisterschaften hat sie in diesem Jahr schon gewonnen. Der Saison-Höhepunkt ist mit der DM nun auch vorbei, lag aufgrund der Welt- und Europameisterschaften ungewöhnlich früh im Wettkampfjahr. Meisterschaften stehen damit nicht mehr an. „Wir schauen, wo sich Wettkämpfe ergeben“, sagt Berger. Auf guten Meetings mit schöner Atmosphäre liege nun der Fokus – zum Beispiel beim Jump & Fly in Hechingen am kommenden Wochenende oder beim Stegspringen am Tegernsee.
Die Höhe von 4,30 Meter behält sie dabei natürlich im Fokus: „Ich weiß, dass ich sie in mir habe.“ Der Auftritt bei den Deutschen Meisterschaften hat diesen Eindruck nur noch bestärkt.