Gladbeck. Der unabhängige Bürgermeisterkandidat spricht sich gegen die Aufgabe von Sportstätten aus und kritisiert die Intransparenz der Sportpolitik
Elf Kandidaten stellen sich in Gladbeck am 13. September zur Wahl der Bürgermeisterin beziehungsweise des Bürgermeisters. Die WAZ wollte von ihnen wissen, wie sie es mit dem Sport halten und stellte ihnen daher jeweils sieben Fragen. Im ersten Teil unserer Serie hat der parteilose Kandidat Markus Kellermann diese beantwortet.
Erlauben Sie mir zunächst eine persönliche Frage: Sind oder waren Sie selbst sportlich aktiv? Falls ja, in welcher Sportart? Sind oder waren Sie Mitglied in einem Sportverein?
Sport stand in meiner Jugend und in meinem jungen Erwachsenensein ziemlich weit oben. Da waren zwei Gladbecker Fußballvereine (DJK Germania Gladbeck und SG Preußen Gladbeck), in denen ich aktiv gespielt habe. Weiterhin bin ich begeisterter Rollerskater gewesen, im Verein und in jeder Minute meiner Freizeit. Als junger Erwachsener habe ich das Sporttauchen entdeckt. In der Tauchgemeinschaft Gladbeck habe ich Prüfungen, bis inklusive Silber, absolviert. Momentan ist der Sport bei mir in die passive Ecke gerutscht. Hundesport und ausgedehnte Spaziergänge mit Hund und meiner Frau stehen dafür ganz weit oben.
Viele politische Entscheidungen, die in der jüngeren Vergangenheit in Gladbeck im Bereich des Sports getroffen worden sind, wurden auf Grundlage der Sportstättenbedarfsanalyse von Prof. Hübner getroffen. Diese stammt aus dem Jahr 2012. Wäre es nicht an der Zeit, eine neue Analyse in Auftrag zu geben und diese zur Basis der künftigen Gladbecker Sportpolitik zu machen?
2012. Diese Daten sind acht Jahre alt. Wenn sie denn überhaupt als evident zu bezeichnen waren - vielleicht spiegelten sie doch nur das vom Auftraggeber erwartete Ergebnis wider? Ich wäre sehr dafür, keine teuren Bedarfsanalysen in Auftrag zu geben, sondern mit den Betroffenen an einen Tisch zu kommen und gemeinsam einen Fahrplan festzulegen. Die Betroffenen wissen sehr genau, welche Herausforderungen zu meistern sind. Bedarfsanalysen sind kostenintensiv, zeitintensiv und verschlingen Gelder, die direkt den Sportgemeinschaften als Zuwendung zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir brauchen hier schnelle und unbürokratische Lösungen.
Andreas Knittel, einer der Vorsitzenden der Fachschaft Gladbecker Fußball, hat unlängst in einem Interview mit der WAZ weitere Kunstrasenplätze gefordert. Halten Sie das tatsächlich für notwendig, nachdem doch in Kürze eine vierte derartige Anlage für den SV Zweckel in Scholven entstehen soll?
Leider liegen mir - aufgrund der Intransparenz aus dem Rathaus, die in Gladbeck herrscht - keine geeigneten Informationen vor, ob dies irgendwie bezahlt werden könnte - vielleicht mit Hilfe von Sponsoren. Mir persönlich liegt der Vereinssport sehr am Herzen, denn Kinder und Jugendliche erfahren Werte wie Durchhaltevermögen, Teamwork und Sozialisation, welches für das weitere Leben von besonderer Bedeutung sind.
Die hohe Nutzungsintensivität, die ganzjährig gleichen Bedingungen, die Wetterunabhängigkeit und der geringe Pflegeaufwand sind natürlich Vorteile für den Kunstrasen. Die teuren Gesamtkosten, das Entsorgungsproblem und andere Punkte sind dann die Nachteile. Entscheiden sollten das in erster Linie die Vereine, ob eine solche Anlage benötigt wird.
Apropos Kunstrasenplatz in Scholven. Dass die neue Anlage in Gelsenkirchen entstehen soll, hat auch Kritiker auf den Plan gerufen. Wie stehen Sie zu dem Projekt?
Ich halte von diesem Projekt gar nichts. Eine Stadt sollte keinen Fußballplatz und generell keine Sportstätten aufgeben. Schon gar nicht eine eines Traditionsvereins wie der SV Zweckel. Was einmal abgebaut wurde, ist unwiederbringlich verloren. Und was irgendwann einmal in Gelsenkirchen passiert, darauf hat die Stadt Gladbeck dann sicherlich keinen Einfluss mehr - und unser bis dahin geflossenes Geld ist ebenfalls verloren. Der SV Zweckel muss in Gladbeck bleiben … wenn möglich in Zweckel.
Gladbeck ist zweifellos eine Handball-Stadt. Im Nachwuchsbereich sind beide Vereine, der VfL und der TV, sehr aktiv und erfolgreich. Im vergangenen Jahr machte der VfL öffentlich auf Kapazitätsgrenzen aufmerksam. Braucht Gladbeck vielleicht eine zusätzliche große Sporthalle?
Natürlich wäre es klasse, wenn das Budget dafür vorhanden wäre. In Zeiten von Corona müssen wir uns wohl oder übel damit abfinden, dass die Kasse sehr leer ist. Einer meiner Träume wäre der Umbau der Willy-Brandt-Schule in Verbindung mit den - noch vorhandenen Fußballplätzen - zu einer großen, modernen und zeitgemäßen Sport und Begegnungsstätte.
In vielen Sportarten wird in Gladbeck in der Nachwuchsarbeit fantastische Arbeit geleistet, auch und gerade im Leistungsbereich. Ich denke etwa an die Leichtathleten des TV, an die Schwimmer des VfL und des SV 13, an die Jugendhandballer des VfL und des TV, an die Volleyballerinnen des TV und so weiter und so fort. Wie könnten diese Talente zukünftig noch besser gefördert werden?
Auch hier kann und muss ich realistisch antworten: Was ist bezahlbar? Wer kann fördern? Meines Wissens nach, gibt es Fördermöglichkeiten durch den Landessportbund NRW. Welche weiteren Möglichkeiten es da gibt, muss gecheckt und auch wirklich ausgeschöpft werden. Es muss deshalb versucht werden Kontakt zu potenziellen Sponsoren zu generieren. Zusammen mit Verein, Sponsoren und Landessportbund kann dann eine adäquate Förderung von Talenten gesichert werden.
Talente, nicht nur in Sachen Sport, müssen gefördert werden.
Wie wichtig halten Sie die Zusammenarbeit von Sportvereinen und Schulen? Uns kommt immer wieder zu Ohren, dass Schulen häufig gar kein Interesse an möglichen Kooperationen haben und sie es Vereinen mitunter sogar schwierig machen, ihr Trainingsprogramm in den Hallen zu absolvieren.
Auch das ist ein Thema der Intransparenz der Gladbecker Politik. Ich kenne Vereine, die bekommen überhaupt keine Hallenzeiten, weil sich andere besser mit unserem Bürgermeister verstehen bzw. bessere Kontakte haben. Hier sollte es eine offene/öffentliche und damit gerechte Verteilung aller Hallen- und Platzzeiten geben. Darüber hinaus müssen ausnahmslos alle Schulen, die Nutzung der Sportstätten möglich machen.