Gladbeck. Gladbeckerin Annika Drazek und Mariama Jamanka greifen in Whistler, Kanada nach der Gold-Medaille. 16 Stürze gab es alleine im ersten Training
16 Stürze – das war die Bilanz des ersten Zweierbobtrainings am vergangenen Dienstag in Whistler, Kanada. Auf der Olympiabahn der Spiele von Vancouver im Jahr 2010 findet an diesem Wochenende die Bob-Weltmeisterschaft statt. Annika Drazek und Pilotin Mariama Jamanka mischen nach ihrem Gesamtweltcup-Sieg auch hier um die vorderen Plätze mit.
Vier Rennläufe (je zwei am Samstag und Sonntag) trennen die besten Bobfahrerinnen der Welt noch von der Sommerpause – vier Rennläufe die darüber entscheiden, wer sich die beste der Welt nennen darf.
Drazek-Schock am Anfang der Woche: Magen-Darm
Der erste Lauf startet am Samstag um 20.30 Uhr. Der zweite findet um 22 Uhr mitteleuropäischer Zeit statt. Drazek geht in den Läufen drei und vier jeweils am Sonntag zu gleichen Zeiten an den Start. Spannend wird es allemal: Denn Whistler gilt als die anspruchsvollste und schnellste Strecke der Welt – und wird gerne auch als „Horror-Bahn“ bezeichnet.
„Auf so einer Bahn wie Whistler ist Angst ganz, ganz tödlich“, sagt Pilotin Mariama Jamanka gegenüber Sport.de. Die 28-Jährige stürzte dort selbst vor einem Jahr im Training. „Das ist nicht schön, doch Stürze gehören zum Tagesgeschäft, man darf sich davon nicht extrem beeinflussen lassen, weil sonst bekommt man Angst“, betont sie. Ähnlich sieht das auch Drazeks Heimtrainer Heiner Preute.
Ein Sturzrisiko gibt es im Bobsport immer
„Angst schränkt die Handlungsfähigkeit ein. Grundsätzlich hat man vor jeder Bahn Respekt“, erklärt Preute und ergänzt: „Die Sturzgefahr fährt immer mit. Das ist Rennsport. Sicherlich ist sie aber in Whistler am Stärksten.“
Weltcup-Siegerin Annika Drazek schockte ihren Trainer am Anfang der Woche. Magen-Darm-Infekt. „Sie hang über der Schüssel“, berichtete Preute. Woher das kam, wusste niemand so genau. Sie war als einzige im Lager betroffen. Jetzt ist sie rechtzeitig zum Abschlusstraining fit. Und das lief – anders als bei anderen Favoriten – weitgehend reibungslos.
Im Olympia-Jahr verzichteten Teams auf den Start
Drazek und Jamanka stürzten nicht. Am Anfang der Saison trainierten beide gemeinsam schon auf der Strecke. „Da sind sie ohne Sturz durch“, erinnert Preute auch noch einmal. Im Olympia-Jahr verzichteten auf dieser Strecke einige Teams sogar auf einen Start. Auch nach den jetzigen Trainingsstürzen meldeten sich einige Starter ab. Nach dem dominanten Auftritt zuletzt in Calgary sind Drazek und Jamanka aber trotz aller Umstände sicherlich in der Favoritenrolle.
Heiner Preute sagt: „Nach dem Gesamtweltcup wollen sie um die Medaillen mitfahren. Wenn es geht, um die goldene.“ Pilotin Jamanka verspricht, die Konkurrenz keinesfalls zu unterschätzen. „Wir sind gut vorbereitet und hoffen sehr, dass wir gut abschneiden. Aber es werden nochmal zwei harte Renntage und ein schwieriger Wettkampf. Ich denke, dass es wirklich sehr anstrengend wird, gegen die Kanadierinnen, die US-Amerikanerinnen und gegen Stephanie (Schneider; d. Red.) zu bestehen“, so Jamanka in einer Verbandsmitteilung.
Der Start soll durch Fahrkunst ausgeglichen werden
Rund um die Reise von Europa nach Nordamerika wurde Drazek im Weltcup einige Wochen geschont, um für den Höhepunkt in Whistler topfit zu sein.
Heimtrainer Heiner Preute glaubt, dass die US-Amerikanerin Elena Meyers Taylor sicherlich Vorteile beim Start haben kann. „Mariama kann das mit ihren fahrerischen Möglichkeiten ausgleichen“, sagt Drazeks Heimtrainer. Er sagt, beide seien sehr gut drauf. Vier Läufe werden es am Wochenende für die Bobfahrerinnen mit großer Sicherheit sein. Vier Läufe, bei denen immer alles passen müsse, meint Preute.
Annika Drazek: „Das Gefälle ist ja krank.“
„Es gilt, hochkonzentriert in allen vier Läufen zu sein“, sagt er. „Mariama hat die Bahn im Griff.“ Cheftrainer René Spies sagte beim Abschlusstraining der Deutschen Presse-Agentur: „Es gab 16 Stürze im ersten Training, die Bahn ist sehr schnell und nicht mehr vergleichbar mit der Trainingswoche im November. Wir müssen uns hier viele Details neu erarbeiten.“ Auch Annika Drazek hat einen riesigen Respekt vor der Olympiabahn.
„Das ist Adrenalin pur, für mich besonders krass, weil ich eine bin, die beim Anschieben nach vorne schaut“, erinnert sie sich gegenüber Sport.de an die erste Fahrt in Whistler – der Blick vom Startbalken ins Tal sei angsteinflößend: „Ich sagte mir, scheiße, du guckst ja ins Tal, in die Stadt rein. Und dann ab Kurve drei hat man schon fast 100 Stundenkilometer drauf, das ist ja krank, was du da für ein Gefälle hast.“
Drazeks Leben liegt in Jamankas Hand
Über die Sturzgefahr würde sie derweil aber nicht nachdenken, betonte sie im Anschluss. „Ich vertraue Mariama wirklich – dann geht’s. Ich lege ja mein Leben in ihre Hand, bisher hat sie es nicht verspielt.“
Nein, eher im Gegenteil. Ihre gemeinsamen Erfolge sind zahlreich – 2017 feierten sie gemeinsam den EM-Titel. In diesem Winter feierten sie vier Weltcupsiege, in Calgary sicherten sie sich jüngst den Gesamtweltcup. Der WM-Sieg am Wochenende wäre die Krönung – und ist auch das erklärte Ziel.