Annika Drazek und Mariama Jamanka sind kaum zu schlagen – weil jede der beiden auf ihre Art und Weise starke Leistungen zeigt. Wie in Altenberg.
Ein spitzer Jubelschrei, ein erleichtertes Lachen und eine Umarmung für Mariama Jamanka – die Reaktion von Annika Drazek im Moment, als der Sieg in Altenberg sprach Bände.
Erstmals in dieser Saison gingen sie nicht als letzter Schlitten in den Eiskanal und hatten alles selbst in der Hand – sondern sie mussten einen Rückstand wettmachen und dann hoffen, dass niemand ihre Zeit übertrifft. Am Ende stand aber der zweite Saisonsieg für das Bobteam Jamanka, trotz schwieriger Bedingungen. Die beiden dominieren den Bob-Weltcup bislang – aus zwei einfachen Gründen.
Der erste heißt Annika Drazek. Die ehemalige Sprinterin des TV Gladbeck ist schon länger Weltspitze. Aber in dieser Saison legt sie mit fast beängstigender Selbstverständlichkeit Spitzenzeiten aufs Eis: In allen sechs Rennläufen in dieser Saison hatten Jamanka und ihre Anschieberin Drazek die beste Startzeit.
„Danke!“, sagte Drazek einfach nur, als sie im ZDF-Interview darauf angesprochen wurde, dass die Startzeiten eine große Rolle für den Sieg spielten. Was sollte sie zu 5,66 und 5,68 Sekunden noch sagen?
Jamanka „versaut“ ersten Lauf
Der zweite Grund für den Erfolg der beiden ist Mariama Jamankas Stärke – auch nach Rückschlägen. Mit einem Fahrfehler im zweiten Lauf verpasste sie in Winterberg die Fahrt auf Platz eins. In Altenberg leistete sie sich im ersten Lauf gleich mehrere Schnitzer. „Der war scheiße“, sagte sie geradeheraus, als sie aus dem Bob gestiegen war.
Trainer Heiner Preute dachte dabei besonders an Annika Drazek: „Da wird man ganz schön durchgeschüttelt. Das tut dem Bremser richtig weh, ich spreche aus Erfahrung“, so der ehemalige Anschieber mit Blick darauf, dass Jamanka gleich mehrfach auf der anspruchsvollen Bahn aneckte oder Kurvenausfahrten nicht traf.
Nicht nur Jamanka hat Schwierigkeiten
Aber Jamanka war nicht die einzige, die mit den Bedingungen am Eiskanal zu kämpfen hatte. Nach Tagen voller Schnee und eiskaltem Wind im Erzgebirge regnete es am Samstag plötzlich. Die Bahn war zwei Sekunden langsamer als in den Trainingsläufen, ein gewaltiger Unterschied. Und vor allem im ersten Lauf wurde das Eis von Schlitten zu Schlitten langsamer. Jeder Fehler tut da doppelt weh, weil er wertvolle Geschwindigkeit kostet.
Mit vier Hundertstelsekunden Rückstand hinter der führenden Britin McNeill und zeitgleich mit der Kanadierin Rissling auf Rang zwei lagen Jamanka/Drazek aber gut in Position für einen spannenden zweiten Lauf: Acht Schlitten innerhalb von zweieinhalb Zehntelsekunden – alle konnten quasi dieses Rennen gewinnen. Das war der Moment, in dem Jamanka und Drazek ihre Klasse bewiesen.
Weiter geht es am Königssee
Erst die erneut beste Startzeit, dann zwar kein fehlerfreies Rennen von Jamanka, aber ein gutes, in dem sie einen Fehler im flachen, oberen Bereich noch wegsteckte. „Der erste war versaut. Der zweite war nicht perfekt, aber insgesamt deutlich besser. Die Startzeiten und der zweite Lauf haben uns nach vorne gebracht“, meinte Jamanka nachher. Rissling und McNeill, die danach noch fuhren, konnten dem nichts entgegensetzen, fielen sogar noch beide aus den Medaillenrängen.
Das Erfolgsrezept lautet also: Einzelne Schwächen der Pilotin kann Annika Drazek mit ihrer Explosivität am Start ausgleichen und wenn es drauf ankommt, ist Mariama Jamanka da. „So kann es weitergehen,“ meinte die Olympiasiegerin am Samstagabend. Und zwar schon am nächsten Samstag in Königssee, wenn nicht nur der vierte Weltcup der Saison, sondern auch der Europameistertitel ausgefahren sind. Jamanka und Drazek fahren als Favoritinnen dorthin.