Gelsenkirchen. Vignaesh Sankaran ist nicht nur engagierter Trainer des Gelsenkirchener Cricket-Bundesligisten Black Miners, sondern auch ein pfiffiges Köpfchen.

Knisterndes Geschenkpapier. Flackernde Kerzen. Festliche Dekoration. Duftendes Tannengrün. Für den Inder Vignaesh Sankaran und seine Familie gehört der hiesige Weihnachtsbrauch mittlerweile zum Alltag dazu. Der 40-jährige Trainer des Gelsenkirchener Cricket-Bundesligisten Black Miners lebt mit seiner Frau und seinem sechsjährigen Filius in Dortmund.

„Mein Sohn Hrishikesh bekommt natürlich auch Weihnachtsgeschenke. Ich als Vater bekomme von ihm noch kein Präsent. So weit sind wir noch nicht“, sagt Vignaesh Sankaran mit einem Augenzwinkern. Was bedeutet Weihnachten überhaupt für den Mann mit der Glaubensrichtung Hinduismus? „Weihnachten ist für mich vor allem Zeit mit der Familie“, sagt Vignaesh Sankaran, „in diesen Feiertagen hat man einfach mal die Möglichkeit, ein wenig Hektik abzubauen, den Stress hinter sich zu lassen und zur Ruhe zu kommen.“

Im Ballungszentrum von Chennai leben rund 10,5 Millionen Menschen

Das war am 12. September 2018: Vignaesh Sankaran beim ersten Training auf der neuen Pitch im Revierpark.
Das war am 12. September 2018: Vignaesh Sankaran beim ersten Training auf der neuen Pitch im Revierpark. © Unbekannt | Michael Korte

In Indien gibt es mit dem Lichterfest Diwali im November mehrere Feiertage, die dem Weihnachtsfest ähneln. „Ich bin mit Weihachten aber auch schon in meiner Heimat vertraut gewesen, weil ich als Kind in eine christliche Schule gegangen bin und den Brauch so schon kennengelernt habe“, sagt Vignaesh Sankaran, der in der Metropole Chennai aufwuchs. Im Ballungszentrum von Chennai leben rund 10,5 Millionen Menschen. Kein Vergleich zu den Städten, die Vignaesh Sankaran in seinen zehn Jahren in Deutschland kennengelernt hat.

Der Cricket-Trainer der Black Miners kann sich noch gut daran erinnern, wie es sich anfühlte, zum ersten Mal einen Fuß auf deutschen Boden zu setzen. „Ich bin wegen eines Masterstudiums nach Deutschland gekommen und mit dem Flugzeug in Frankfurt gelandet, habe dort ein halbes Jahr studiert. Alles war fremd und ungewohnt. Man kommt aus seiner Komfortzone und muss sich neu beweisen. Ich kannte die Sprache nicht und war noch nie zuvor in Deutschland. Mir war auch gar nicht klar, ob ich kurz oder lange bleibe.“

Nach sechs Monaten in Frankfurt ging es weiter ins bayerische Augsburg. „Da habe ich ein Praktikum gemacht und war später drei Jahre Angestellter. Der Dialekt, den die Menschen dort gesprochen haben, war ganz anders. Auch das war wieder eine Umstellung“, blickt der Familienvater zurück.

Nach dem Augsburg-Intermezzo landete Vignaesh Sankaran für eine Projektarbeit in Hannover, kurz darauf ging es nach Reutlingen in Baden-Württemberg. Und schließlich führte ihn der Weg nach Dresden. „Ich war dort an der Technischen Universität und bin in einer Forschungsgruppe gewesen, die 2016 den deutschen Zukunftspreis gewonnen hat.“ Das Forschungsteam der TU Dresden bekam 250.000 Euro Preisgeld für die Entwicklung von Carbon-Beton. Dieser Baustoff soll die Lebensdauer von Brücken und anderen Bauwerken erhöhen.

Vignaesh Sankaran: „Wir sind 2016 und 2017 Deutscher Meister geworden“

Vignaesh Sankaran war in Dresden offenbar trotz seiner Forschungsgruppe nicht komplett ausgelastet. So half er bei der Weiterentwicklung der Cricket-Abteilung des Vereins RC Dresden, bei dem zu dieser Zeit rund 40 Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien oder Pakistan ihrer Lieblingssportart Cricket nachgingen. „Wir sind 2016 und 2017 Deutscher Meister geworden“, blickt Vignaesh Sankaran zurück. Trainiert wurde in Dresden zweimal pro Woche nur wenige 100 Meter von dem Platz entfernt, auf dem regelmäßig die Pegida-Montags-Demos starteten. „Weder meine Spieler noch ich hatten aber in irgendeiner Form ein negatives Erlebnis“, sagt er.

Maschinenbau-Ingenieur Vignaesh Sankaran, der seit zwei Jahren in einem Lüdenscheider Unternehmen arbeitet, das Elektroteile für die Automobilindustrie liefert, fühlt sich mittlerweile im Ruhrpott heimisch. „Das Ruhrgebiet ist multikulti“, sagt er. „Hier ist die Akzeptanz ganz anders. Und man merkt halt immer, dass der Sport ganz schnell eine Verbindung herstellt.“

Klassenerhalt in der Bundesliga wäre ein Riesenerfolg

Ob es Vignaesh Sankaran irgendwann wieder in seine Heimat Indien ziehen wird, vermag er jetzt noch nicht zu sagen. „Man weiß nie, was kommt“, meint der Black-Miners-Coach. Jetzt hat er erst einmal viel vor mit seinem Gelsenkirchener Team. „Der Klassenerhalt wäre für uns in der Bundesliga ein Riesenerfolg. Die Intensität in der Bundesliga ist eine ganz andere, die Anforderungen sind allgemein viel höher. Der Druck auf meine Spieler wird von Anfang an enorm sein, aber wir stellen uns dem. Wir sind erst einmal froh, sobald uns der erste Saisonsieg gelingt“, blickt Vignaesh Sankaran voraus.

Im März kommt der neue Bundesligaspielplan. Aber unter dem Weihnachtsbaum lässt Vignaesh Sankaran mit seiner Familie jetzt erst einmal ein paar Tage Besinnlichkeit aufkommen. Der Stress kommt früh genug zurück.