Gelsenkirchen. Die Entwicklung des Gelsenkirchener Cricket-Teams Black Miners hat etwas Märchenhaftes. Eine Geschichte über Zufall, Zusammenhalt und Erfahrung.

Drei Kinder düsen mit ihren Laufrädern über den Weg. Zwei Golden Retriever jagen einem geworfenen Stock nach. Zwei Spaziergänger fotografieren das herabfallende Herbstlaub. Im Gesundheitspark Nienhausen erinnert auf den ersten Blick nichts an Mannschaftssport. Und schon gar nicht an Bundesliga. Und trotzdem wurde an der Stelle, wo sich die Hunde um ihr Stöckchen balgen, vor wenigen Tagen der Aufstieg in die Cricket-Bundesliga gefeiert.

Das Cricket-Team des VfB Gelsenkirchen, das unter dem Namen Black Miners an den Start geht, hat binnen eines Jahres den Sprung von der Regionalliga in die Bundesliga geschafft. Über 100 Glückwünsche erreichten den Klub auf seiner Facebook-Seite, dazu gab es zahlreiche persönliche Nachrichten, die auf den Mobiltelefonen von Geschäftsführer Martin Dworatzek und Trainer Vignaesh Sankaran eingingen. „Wir haben alle Glückwünsche beantwortet, das gehört sich so“, sagt Dworatzek mit einem Lächeln. Cricket ist nicht nur eine der ältesten Teamsportarten der Welt, es gilt auch als Gentlemen-Sport. Respekt wird groß geschrieben.

Im Kopf lief beim Miners-Geschäftsführer in den letzten Tagen immer mal wieder der Film über die rasante Entwicklung des Gelsenkirchener Cricket-Teams ab. Anfangs war die Mannschaft, die fast komplett aus Flüchtlingen besteht und sich aus fünf verschiedenen Nationen zusammensetzt, heimatlos, trainierte mal hier und mal dort, bevor sie als eigene Abteilung beim VfB Gelsenkirchen eingebettet wurde. Am 22. September 2018 wurde das Cricket-Spielfeld im Revierpark Nienhausen offiziell eröffnet. Ein Jahr später feierten die Black Miners mit ihren 32 aktiven Spielern, die zum Teil aus Düsseldorf, Dortmund und Ratingen anreisen, den Sprung in die Bundesliga. „Ohne die Unterstützung der Stadt, von Gelsensport und vom Revierpark Nienhausen wären wir niemals so weit gekommen“, streicht Dworatzek dankbar heraus.

Nach wie vor steckt Cricket in Deutschland allerdings in den Babyschuhen. In Deutschland gilt dieses Spiel als Randsportart, während es in England und in den Commonwealth-Staaten zigtausende Fans begeistert. Ben Stokes (28), einer der Starspieler von Cricket-Weltmeister England, hat in den sozialen Netzwerken über eine Million Fans. Sein Vertrag in der indischen Premier League brachte ihm im Jahr 2017 stolze 1,5 Millionen Euro Jahresverdienst ein. Zahlen, die für Cricket-Spieler in Deutschland völlig utopisch sind.

Cricket-Trainer Vignaesh Sankaran gibt Anweisungen an seinen Schlagmann.
Cricket-Trainer Vignaesh Sankaran gibt Anweisungen an seinen Schlagmann. © FUNKE Foto Services | Foto: Michael Korte

Alle Miners-Spieler sind als Mitglieder beim VfB Gelsenkirchen eingeschrieben, Geld bekommen sie für ihr sportliches Engagement nicht. Der Klebstoff, der die Black Miners verbindet, besteht aus ganz engem Zusammenhalt. Als kürzlich ein Spieler bei einem Umzug Unterstützung benötigte, waren sieben Teamkollegen sofort zur Stelle, um Kisten in die Wohnung zu schleppen. Selbst weite Anfahrtswege werden in Kauf genommen, um bei den Black Miners zu spielen. „Die Jungs finden die Disziplin innerhalb der Mannschaft und das Miteinander so gut, dass sie unbedingt bei uns spielen wollen“, freut sich Dworatzek.

Vater des Erfolgs ist Trainer Vignaesh Sankaran. „Er hat einen sehr großen Anteil an der Entwicklung. Der Coach hat uns gefunden – und nicht wir ihn“, stellt Geschäftsführer Martin Dworatzek fest. Sankaran, de r früher als Cricket-Profi in Indien spielte, arbeitet hauptberuflich als Maschinenbau-Ingenieur.

Über Facebook zu den Miners

Nach seinem Umzug aus Rostock nach Dortmund suchte Sankaran via Google nach einer Cricket-Mannschaft im Ruhrpott. Dabei stieß er auf die Facebook-Seite der Black Miners und schrieb eine Nachricht. Dworatzek traf sich mit dem Trainer-Bewerber. Die Chemie stimmte. „Ohne ihn“, sagt Dworatzek, „hätten wir es ganz schwer gehabt. Als Trainer bringt er alles mit, auf was es in diesem Sport ankommt.“ Vignaesh Sankaran überlegt, in der kommenden Bundesligasaison, die am 1. April 2020 starten wird, als Spielertrainer zu fungieren. Seinen Spielern will er aber dann stets den Vortritt lassen und nur in Sonderfällen einspringen. Am Abend vor den Spielen postet Sankaran die Aufstellung in die Whatsapp-Gruppe des Teams. Dazu gibt er die Zeit für die Bettruhe an. „Die Spieler halten sich daran, sie machen das total professionell“, sagt Dworatzek.

Nach dem Aufstieg wartet jetzt reichlich Arbeit auf die Verantwortlichen. Nach den Bundesliga-Anforderungen des Deutschen Cricket Bundes müssen die Black Miners eine mindestens 12-köpfige Damenmannschaft zusammenstellen. Allerdings nicht sofort, sondern im Laufe ihrer ersten Bundesligasaison. Zudem müssen die Gelsenkirchener im Jugendbereich ihre Aktivitäten vorantreiben. Für die kommende Saison soll zudem ein Männer-Team angemeldet werden, das am Regionalliga-Spielbetrieb teilnimmt. Auch optisch soll sich etwas ändern. Auf den Miners-Trikots ist das Aufdrucken des Gelsenkirchener Stadtwappens geplant. So soll der Bezug zur Stadt Gelsenkirchen stärker herausgestellt werden.