Gelsenkirchen. Gerade lernt Keller sein Schalker Team kennen, da muss er schon siegen. Personal herzaubern kann er aber nicht. Während Schalke weiterhin auf Ibrahim Afellay verzichten muss, darf Jermaine Jones im Pokalspiel wieder ran. Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Marco Höger.

Der Auftrag klingt schlicht, aber bedeutend: Gewinnen, egal wie, und dann die Mannschaft in die Weihnachtsferien entlassen. So lautet die primäre Aufgabe von Schalkes neuem Coach Jens Keller am Dienstagabend im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den Liga-Konkurrenten FSV Mainz 05 (19 Uhr). Die Kunst liegt natürlich darin, dies nach eineinhalb Trainingseinheiten zu bewerkstelligen, nach denen jeder froh wäre, jeden Spieler gleich beim Namen nennen zu können.

Seine Hausaufgaben hat der 42-jährige Schwabe jedenfalls übers Wochenende gemacht. Hat Videos studiert von den vergangenen Spielen. Und er sei dabei auf sehr Aufschlussreiches gestoßen: „Ich denke, ich habe eine Idee, wie wir das angehen müssen.“ Der Rest steht bis zum Anpfiff im Mannschaftshotel auf dem Programm: Gespräche, Gespräche, Gespräche mit jedem einzelnen Spieler. Eine Spiel-Philosophie vermitteln? Wohl kaum in der Kürze der Zeit. Keller: „Welchen Fußball ich spielen lassen möchte, ist völlig uninteressant, ich muss den Jungs Mut eintrichtern. Es geht nur um das Ziel, weiterzukommen, Fußball ist ein Ergebnissport“, kennt sich der Neue im Phrasenbuch für Trainer schon ganz gut aus. Er hätte auch mit des Kaisers Worten sagen können: „Geht’s raus und spielt’s Fußball.“

Keller wird keine neuen Namen für die Schalker-Aufstellung aus dem Hut zaubern

Es wird auch nicht die Zeit der Experimente sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass der ehemalige B-Junioren-Beauftragte einen neuen Namen aus dem Hut zaubern wird, tendiert eher gegen Null. Die personelle Lage hat sich zum letzten Bundesligaspiel noch weiter verschlechtert: Die Abwehr wird sich von selbst aufstellen, da Atsuto Uchida mit seinem Muskelfaserriss wieder ausfallen wird.

Und auch, ob Marco Höger es sich zutraut, nach seinem Jochbeinbruch mit einer speziell angefertigten Maske aufzulaufen, werden die letzten Trainingseindrücke zeigen. Den Mut soll aber nicht nur Höger aufbringen. „Die Stärken der Jungs stärken“, darin sieht Keller seinen vorrangigen Auftrag: „Es gibt keinen Grund, Angst zu haben.“

Doch zurück zum Personalstand: Jermaine Jones, in der Bundesliga auf unbestimmte Zeit gesperrt, darf im DFB-Pokal wieder ran. Dagegen entwickelt sich der mehrwöchige Ausfall des muskelverletzten Ibrahim Afellay zu einem externen Ärgernis mit den Fußball-Nachbarn der Niederlande. „Die Erstversorgung bei Afellay während seines Länderspiel-Einsatzes war nicht optimal“, bemerkt Manager Horst Heldt und kann seine Verärgerung darüber kaum zügeln. Aber eine neue Baustelle vor Weihnachten möchte der sportlich Verantwortliche darüber auch nicht aufmachen, er hat genug damit zu tun, den Trainer seiner Wahl ins rechte Licht zu rücken: „Ich kenne Jens wie kein anderer, er ist ein Fußballverrückter. Wir waren als Profis beide keine Messis. Wir mussten uns durchbeißen, von daher weiß ich, Jens war immer ein Kämpfer.“ Außerdem, so Heldt, seien schon andere Trainer vor ihm jung und unerfahren angefangen, da bittet er einfach um Fairness.

Für Keller ist die Feuertaufe in der Schalke-Arena auch Annäherung an das Ruhrgebiet

Keller selbst empfindet seinen Kurzeinsatz als Interimscoach des VfB Stuttgart nicht als Maßstab: „Das war eine ganz andere Situation, da hatten wir acht Spiele in vier Wochen, da blieb keine Zeit, etwas Neues einzustudieren.“

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Spannend wird sein, wie der Neue bei seiner Feuertaufe in der Arena empfangen wird. An der Stätte, an der Vorgänger Huub Stevens natürlich Kultstatus genießt. Für Keller selbst eine spannende Annäherung an ein starkes Stück Ruhrgebiet. Der Familienvater zweier Kinder lebt mit Gattin fernab in Köln und will auch in Zukunft täglich an seinen Arbeitsplatz pendeln. „Die Entfernung ist ja nicht riesig, außerdem wohnen viele Spieler ja selbst in Düsseldorf. Und es ist doch schöner, wenn man noch sein Privatleben hat.“

Vom Ruhrgebiet selbst hat der Schwabe nach eigenem Bekunden „noch sehr wenig mitbekommen.“ Sein erster Eindruck von den Menschen hier: „Sehr positives Lebensgefühl, sehr arbeitseifrige Menschen.“ Und genügsam, sei hinzugefügt. Ein Sieg am Dienstag würde für den Anfang langen.