Gelsenkirchen. Aus der erhofften Last-Minute-Rettung wird nichts. Nach dem Westfalenliga-K.o. fallen noch auf dem Rasen am Lüttinghof deutliche Worte.

25 Minuten nach dem Abpfiff des Westfalenliga-Spiels gegen den SC Neheim hatte YEG Hassels Abwehrspieler Musa Dilek sein Trikot ausgezogen und lehnte mit freiem Oberkörper am rechten Pfosten des Tores, auf das er mit seinen Teamkameraden in der zweiten Halbzeit angerannt war.

Yüksel Terzicik lässt YEG Hassel hoffen

YEG Hassel war kurz vor Schluss durch zwei Tore des eingewechselten Yüksel Terzicik (75./80.) noch einmal zurück in eine schon verloren geglaubte Partie gekommen und kratzte am 3:3-Ausgleich, doch dann fuhren die Gäste einen Konter - und versetzten den Gelsenkirchenern mit dem 4:2 den endgültigen K.o. Für den Liga-Verbleib hätten die Gelsenkirchener einen Sieg im dramatischen Showdown am letzten Spieltag gebraucht. „So ein Saisonfinale braucht kein Mensch. Der Abstieg tut richtig weh, aber auch solche Erlebnisse gehören zum Sport dazu“, räumte YEG Hassels Sportlicher Leiter Sener Bükrü im Gespräch mit der WAZ ein.

Hängende Köpfe bei YEG Hassel. Das 2:4 gegen Neheim bedeutet das Aus in der Westfalenliga. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services
Hängende Köpfe bei YEG Hassel. Das 2:4 gegen Neheim bedeutet das Aus in der Westfalenliga. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Bükrü ging die Szene mit dem am Pfosten lehnenden Musa Dilek sichtlich nahe. „Das ist jetzt so eine Phase, in der ein Spieler denkt: Warum habe ich in der letzten Woche nicht lieber den Ball zum Nebenmann abgespielt? Oder warum habe ich den Kopfball gegen den SC Neheim drübergesetzt? Da gehen einem jetzt zig Gedanken durch den Kopf. Wichtig ist, dass wir jetzt die Köpfe wieder schnell hochnehmen. Ein Abstieg ist bitter, aber kein Weltuntergang.“

Bükrü fiebert am Rand und auf der Bank mit

Der YEG-Funktionär, der während der Partie mal stehend mitfieberte, sich dann aber auch zwischenzeitlich auf die Bank setzte, um seine Gedanken zu ordnen, bilanziert: „Im Spiel gegen Neheim hat man gemerkt, dass es nicht so flüssig lief. Irgendwie war zu spüren, dass unsere Spieler an einen möglichen Abstieg denken. Schade, dass es für uns am Ende so gekommen ist, aber es geht weiter. Wir werden das jetzt analysieren - und wollen nächste Saison zurückkommen, auch wenn das bestimmt nicht einfach wird.“

YEG-Trainer Hakan Durdu hatte auch beim Saisonfinale wieder erhebliche Aufstellungssorgen und musste schon früh im Spiel reagieren, nachdem bei Ray Dompig eine Oberschenkelverletzung aufgebrochen war. In der Endphase, als sein Team noch einmal frische Impulse bekommen sollte, schmiss Durdu sogar den lange verletzten Torjäger Ridvan Demircan als Joker in die Partie, um doch noch die Wende zu schaffen.

Joker Demircan bringt nicht den erhofften Schwung

Allerdings verpuffte die Idee schon mit Demircans erstem harmlosen Roller, den Neheims Torwart Leon Zielonka mühelos aufnehmen konnte. Auf der anderen Seite hatte Neheim durch Johannes Thiemann mit einem fulminanten Distanzschuss fast aus dem Nichts zur Führung ins Hasseler Tor getroffen (13.). Durdu: „So einen Schuss macht der Neheimer Spieler nie wieder. Aber genau das waren auch die Unterschiede, die schon in den letzten Wochen da waren: Bei uns sind solche Versuche nie reingegangen. Das ist dann irgendwo auch das Pech eines Absteigers.“

YEG Hassels Berhan Eren müht sich im Strafraum des SC Neheim um Ballkontrolle. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services
YEG Hassels Berhan Eren müht sich im Strafraum des SC Neheim um Ballkontrolle. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

YEG-Coach Hakan Durdu redet Klartext

Nur mit Pech, das weiß auch der YEG-Coach, lässt sich der Absturz in die Landesliga nicht begründen. „Grundsätzlich sind wir alle schuld. Verein, Trainer, Spieler. Da stehen alle in der Verantwortung“, redet Hakan Durdu erfrischend Klartext. Nach dem Abpfiff versammelte der YEG-Trainer seine komplette Mannschaft im Kreis auf dem Platz - und hielt eine mehrminütige Ansprache vor den leeren Spielergesichtern.

Tenor: Man kann absteigen - aber man kann genauso auch zurückkommen. Durdu setzt darauf, dass seine Jungs den Karren gemeinsam wieder flottmachen. „Für mich ist das eine Charakterfrage. Jeder hat kürzlich gesagt, dass er hier weitermachen will. Das erwarte ich jetzt nach dem feststehenden Abstieg erst recht“, so Durdu.

Faire Geste von Neheims Trainer Burchhage

Faire Geste: Neheims Trainer Alexander Bruchhage ging nach dem Schlusspfiff zu Sener Bükrü und umarmte den Sportlichen Leiter des Absteigers YEG Hassel. Auch Bruchhage ging der YEG-Absturz sichtlich nahe. „Es tut mir unendlich leid, dass YEG Hassel abgestiegen ist. Ich wünsche ihnen, dass sie schnell zurückkommen. Wir haben ganz klar gesagt, dass wir im letzten Spiel nichts abschenken. Das gehört sich einfach so. Wir haben in der ersten Halbzeit aus zwei Chancen zwei Tore gemacht. YEG hatte mehr Möglichkeiten als wir. Riesen-Respekt an meine Mannschaft. Sie hat die beste Saison aller Zeiten abgeliefert.“ Neheim beendet die Spielzeit als Tabellendritter. Mit dieser Region hatte YEG vor dem Saisonauftakt auch geliebäugelt...

YEG Hassel: Yalcin; Öztürk, Tugyan, Dompig (33. M.C. Özkaya, dafür aber 86. Eren), Yildiz, Baydemir, Arabaci (53. Demircan), M. Özkaya, Kara Ali (70. Nishino), Kaya (55. Terzicik). Tore: 0:1, 0:2 Thiemann (13./40.), 0:3 Sönmez (69.), 1:3, 2:3 Terzicik (75./80.), 2:4 Thiemann (90.).