Resse. Die Viktoria steht bereits früh unter Zugzwang. Der Abwärtstrend ist seit Jahren spürbar. In 124 Punktspielen gab es seit 2017/2018 nur 26 Siege.

Jahrelang kannte Viktoria Resse nur den einen Weg: den nach oben. Der 1975 gegründete Klub überflügelte im Stadtteil den traditionsreichen VfL Resse 08 und ist seit 2016 ununterbrochen im überkreislichen Fußball beheimatet. Der absolute Höhepunkt: der Aufstieg in die Westfalenliga vor fünf Jahren.

Viktoria Resse sorgte für Erstaunen

Man staunte über die Viktoria, weil der Höhenflug nicht durch einen großen Mäzen, sondern durch sehr viel eigene Kraft und durch kleinere örtliche Sponsoren ermöglicht wurde. Das Faustpfand der Resser war stets die familiäre Atmosphäre im Klub. Die Familie leidet jedoch seit einiger Zeit.

Ausgerechnet der überraschende Aufstieg in die Westfalenliga unter Trainer Frank Conradi entpuppte sich im Nachhinein eher als Fluch denn als Segen. Der sportliche Erfolg war der Infrastruktur des Vereins davongaloppiert, wurde zum Bumerang.

Ungleicher Kampf gegen „Schwergewichte“

Die Resser mussten sich auf einmal mit der Spvgg. Erkenschwick, dem DSC Wanne-Eickel und dem Lüner SV messen, also mit Klubs, die im Jahrzehnt der Gründung der Viktoria in der damals zweithöchsten deutschen Spielklasse vertreten und mit einem deutlich höheren Budget ausgestattet waren.

Die Viktoria war in der Westfalenliga nicht konkurrenzfähig und stieg mit 16 Punkten aus 30 Spielen sofort wieder ab. Bis dahin konnten die Resser stets auf eine Kern-Mannschaft bauen, die zwischen den Spielzeiten nur in Fragmenten verändert werden musste.

VVincent Holthaus vom VfB Annen hält sich einen Viktoria-Gegenspieler vom Leib. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services
VVincent Holthaus vom VfB Annen hält sich einen Viktoria-Gegenspieler vom Leib. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Das eine Jahr in der Westfalenliga veränderte jedoch alles. Die Leistungsträger der Viktoria, wie zum Beispiel Dominik Hanemann oder Lars Rustige, standen auf einmal in einem größeren Schaufenster und wurden von zahlungskräftigeren Klubs abgeworben.

Großer Aderlass bei Viktoria

In der folgenden Saison konnten sich die Resser unter Stefan Colmsee als Trainer erst am letzten Spieltag davor retten, sofort in die Bezirksliga durchgereicht zu werden. Aber auch im Sommer 2019 gab es einen großen personellen Aderlass. Von der Mannschaft, die zwei Jahre zuvor den Aufstieg in die Westfalenliga geschafft hatte, war kaum jemand übrig geblieben.

In diesem Frühjahr war Viktoria Resse dann auch in der Landesliga nicht mehr zu halten. Die Mannschaft musste mit 22 Punkten aus 34 Spielen als Tabellenletzter absteigen. Ohne die Corona-Pandemie hätte es den Klub vom Emscherbruch wahrscheinlich schon früher erwischt. Als die Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 abgebrochen wurden, standen die Resser jeweils auf einem Abstiegsplatz.

Keine Siege im Vorbeigehen

Die Frage bleibt: Wann kann die Viktoria ihre Talfahrt aufhalten? Auch der Auftakt der neuen Saison in der Bezirksliga misslang mit einem 2:3 gegen Genclikspor Recklinghausen. „Auch in dieser Spielklasse gewinnt man nicht im Vorbeigehen“, mahnt Trainer Matthias Potthoff, der die besseren Zeiten der Viktoria als aktiver Spieler mitgemacht hat.

Welche Durststrecke die Resser seit dem Westfalenliga-Aufstieg durchmachen, lässt sich am besten mit Zahlen dokumentieren. Seit Beginn der Saison 2017/18 absolvierten sie 124 Meisterschaftsspiele, in denen sie bei 26 Siegen, 21 Unentschieden und 77 Niederlagen insgesamt nur 99 Punkte holten. Das Torverhältnis: 163:310.

Hat die lange Zeit des Misserfolgs ein Kopfproblem bei den Ressern ausgelöst? „Das glaube ich eher nicht“, sagt Matthias Potthoff. „Die Mannschaften der vergangenen Jahre sind ja in ihrer Zusammensetzung ziemlich unterschiedlich.“

Potthoff: „Keine Drucksituation“

Der 34-Jährige räumt jedoch ein, dass sich der eine oder andere Spieler vielleicht selbst zu viel Druck macht. „Was gar nicht nötig ist“, wie er ergänzt. „Es gibt keine Drucksituation. Nach den nicht so erfolgreichen vergangenen Jahren wollen wir nicht mehr und nicht weniger als solide in der Bezirksliga ankommen.“

Am Sonntag um 15 Uhr erwartet seine Mannschaft auf der Sportanlage Im Emscherbruch mit dem SV Zweckel einen Verein, der nach einem Höhenflug ebenfalls wieder in der Bezirksliga angekommen ist und in diesem Jahr beinahe sogar in die Kreisliga A abgestiegen wäre.

Im Gegensatz zu Viktoria Resse setzte der SV Zweckel seinen Saisonstart nicht in den Sand. Er gewann etwas überraschend mit 2:1 gegen den FC Marl. „Wir sind nach unserer Niederlage in Recklinghausen bereits in Zugzwang geraten“, sagt Matthias Potthoff.

Er fürchtet einen Fehlstart, denn in den Wochen danach werden die Aufgaben nicht einfacher. Sein Team bekommt es dann mit dem FC Marl und mit Mit-Absteiger DJK Wattenscheid zu tun.