Resse. Die Resser Vereine Viktoria, VfL und Spvgg Middelich gründen eine Jugendspielgemeinschaft. So wollen sie den Absturz im Nachwuchsbereich stoppen.
Die gute, alte Zeit liegt bei den Fußballvereinen Viktoria Resse und Spvgg Middelich-Resse erst sechs beziehungsweise zwei Jahre zurück. In der Saison 2014/15 stellte die Viktoria 13 Jugendmannschaften, bei Middelich waren es 2018/19 sieben. Nun, wenige Monate vor dem Start der neuen Spielzeit, herrscht im ganzen Stadtteil Flaute. Middelich hat alle Jugendmannschaften verloren, bei der Viktoria sind nur noch fünf übriggeblieben. Resses Nachwuchsfußball steckt in der Krise – und aus der wollen Viktoria und Middelich gemeinsam herauskommen.
Mit dem VfL Resse 08,dem dritten Fußballverein im Stadtteil, gründen sie zum 1. Juni eine Jugendspielgemeinschaft. Ziel ist es nicht nur, wieder mehr Nachwuchsteams zu melden. „Wir wollen auch zusätzlichen Druck erzeugen, um einen großen Kunstrasenplatz zu bekommen“, stellt offen fest. Das Motto ist klar: Mit künstlicher Wiese gegen die Krise. Dafür steht Peter Colmsee mit Vertretern der anderen Klubs auf der Sportanlage Im Emscherbruch 150 und schildert einigen SPD-Politikern die prekäre Lage.
Peter Colmsee: „Wir haben einen massiven Mannschaftsschwund im Resser Jugendfußball“
„Wir haben einen massiven Mannschaftsschwund im Resser Jugendfußball. Immer mehr Kinder wandern zu Vereinen mit großen Kunstrasenplätzen ab. Wir müssen für Resse und einen Kunstrasen kämpfen, sonst haben wir hier bald gar keine Jugendarbeit mehr“, schlägt Peter Colmsee Alarm und zeigt hinüber auf den nur einen Steinwurf entfernten Ascheplatz, der Schuld an der Krise sei. Steine sind da das richtige Stichwort. Statt vieler kleiner Körner liegen auf der Oberfläche Kieselstein-große Brocken. „Die Drainage ist seit Jahren kaputt. Asche kann man das gar nicht nennen, das sind nur Steine“, bringt es Viktorias Vorsitzender Dietmar Kitza auf den Punkt.
Dennis Bittermann, Vorsitzender des VfL, weist darauf hin, dass Resse von Kunstrasenplätzen umzingelt sei. Denn: Mit Buer und Erle sind zwei der drei angrenzenden Gelsenkirchener Stadtteile damit ausgerüstet. Im benachbarten Herten locken zudem zwei frisch erbaute Kunstrasenplätze. Da können derzeit weder die Anlage Im Emscherbruch, die neben der Asche immerhin noch einen kleinen Kunstrasen sowie einen Naturrasen bietet, noch die etwa einen Kilometer entfernte Spielstätte der Spvgg Middelich mithalten.
Damen- und Inklusionsteams sind in Planung
Diese hat nur einen Ascheplatz und kostete den Klub sogar seine Jugendabteilung, wie Jugendgeschäftsführer Patrick Witzgall erzählt: „2016 haben wir die Jugend neu aufgebaut und danach teilweise geboomt. 2019 sind dann aber alle wegen der Anlage und der maroden Kabinen abgewandert, das war wie eine Welle.“ Die einzige Lösung sieht Patrick Witzgall, der inzwischen auch Jugendtrainer bei der Viktoria ist, in der Spielgemeinschaft: „Wir wollen“, sagt er, „hier etwas Neues aufbauen. Die drei Vereine waren sich zuletzt nicht immer grün, sind jetzt aber zusammengewachsen. Wir möchten einen Mädchen- und Damenbereich und Inklusionsteams gründen. Jugendfußball ist schließlich wichtig für die Integration im Stadtteil.“
All das sei aber nur mit einem großen Kunstrasenplatz voranzubringen. Viktoria-Vorsitzender Dietmar Kitza hat sogar einen Vorschlag, wie die Stadt den Bau finanzieren könnte. „Herten hat beide Plätze größtenteils über Fördermittel finanziert. In Cuxhaven, wo ich häufig Urlaub mache, läuft das auch so“, erklärt er und folgert angesichts der Tatsache, dass Gelsenkirchen Kunstrasenplätze noch nie aus Fördertöpfen bezahlt hat: „Da frage ich mich, ob hier gepennt wird.“
Sportausschuss-Vorsitzender Daniel Siebel weist Vorwurf zurück
Diesen Vorwurf weist Daniel Siebel, der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Sportausschusses, zurück. Die Mittel aus diesen Förderprogrammen habe die Stadt für andere Zwecke abgerufen. Er betont aber: „Wir unterstützen neue Wege, denn die kommunalen Mittel sind bekanntlich begrenzt. In der vergangenen Wahlperiode wurden vor allem kleine Kunstrasenplätze gebaut, dem haben alle Parteien zugestimmt. Für die jetzige Wahlperiode hat der Sportausschuss noch keine Entscheidung gefasst, wie es weitergehen soll. Wir werden das in der Politik besprechen.“
Eine Möglichkeit sei eine Prioritätenliste, „um das wenige Geld sinnvoll einzusetzen“, sagt Daniel Siebel. „Aber das ist Zukunftsmusik. Ich kann Ihnen leider nichts versprechen.“ Ob der gemeinsame Einsatz der Resser Klubs wirkt, ist also unklar. Bis zu einer Entscheidung werden die Resser weiterhin Steine aus ihren Asche-Schürfwunden pulen und in Erinnerungen an die gute, alte Zeit schwelgen müssen.