Erle. In den Sporthallen der Gesamtschule Berger Feld fand trotz der Corona-Beschränkungen die erste Deutsche Meisterschaft im Pickleball statt.
Auf eine Deutsche Meisterschaft deutet an diesem Sonntagmorgen zunächst wenig hin: Auf dem Schulhof der Gesamtschule Berger Feld ist keine Menschenseele zu sehen, das Licht in der großen Turnhalle ist aus und der benachbarte Ascheplatz erholt sich noch von den Regenfällen der Nacht. Nur ein kleiner Zettel, der am Eingangstor baumelt, verrät, welches besondere Event in den Sporthallen der Gesamtschule gerade über die Bühne geht: die erste Deutsche Meisterschaft in der Trendsportart Pickleball, einem Mix aus Badminton, Tennis und Tischtennis.
In den beiden kleineren Hallen angekommen, schmettern sich die beiden Vereinskollegen vom Pickleballclub Buer, Tanja Fladrich und Fritz Kopkau, sowie die Berliner Claudia Leopold und Dale Gowan die Bälle um die Ohren. „Klack, Klack, Klack“, schallt es durch die Halle, als die Schläger die knallpinken und etwa tennisballgroßen Kugeln treffen. Nach einem wilden Schlagabtausch am Netz, das etwas tiefer als beim Tennis ist, spielt Fritz Kopkau einen kurzen Ball. Dale Gowan streckt sich vergeblich. „Punkt“, ruft der 70-jährige und gibt den aktuellen Spielstand durch: „9:4:2 für uns!“
Drei Ziffern bei einem Spiel zwischen zwei Teams? Tatsächlich ist die Bekanntgabe des Spielstandes fast schon die schwierigste Regel im Pickleball, das auf dem Badminton-Feld fürs Doppel gespielt wird und bei dem der Ball einmal auf dem Boden aufkommen darf, bevor er auf die andere Seite geschlagen wird: „Die ersten beiden Zahlen stehen ganz normal für den Spielstand, die letzte zeigt an, welcher Aufschläger gerade dran ist“, sagt Fritz Kopkau in einer kurzen Verschnaufpause. „Ansonsten ist Pickleball aber sehr einfach zu erlernen. Außerdem kann man es in jedem Alter spielen. Der Älteste bei uns ist 80“, ergänzt Gegner Dale Gowan.
Keine Zuschauer erlaubt
Die beiden Duos aus Buer und Berlin sind zwei von insgesamt 36 Teams, die an diesem Sonntag im Mixed-Doppel an den Start gehen. Seit Freitag verbringen sie den Großteil ihrer Zeit in der Sporthalle der Gesamtschule Berger Feld, haben nach den Einzelwettbewerben am Freitag auch die Doppel am Samstag mitgenommen. Die weite Anreise aus Berlin muss sich schließlich lohnen, findet Dale Gowan: „Wegen Corona wurden die meisten Turniere in letzter Zeit abgesagt. Wir sind sehr froh, dass die Deutsche Meisterschaft stattfinden kann“, betont der Spieler des TSC Spandau.
Zu verdanken hat Dale Gowan dies unter anderem seinem Gegner und dessen Sohn: Fritz und Andreas Kopkau organisierten das Turnier trotz immer schärfer werdender Corona-Beschränkungen und stellten ein eigenes Hygiene-Konzept auf die Beine. Dies schreibt nicht nur vor, dass die knallpinken und aus Hartplastik gefertigten Bälle vor jeder Partie im Desinfektionsmittel gebadet werden müssen, sondern verbietet auch Zuschauer bei den Wettkämpfen. „Wir hätten gerne vor Zuschauern gespielt, schließlich möchten wir Pickleball ja bekannt machen. Aber wegen Corona sind wir doch lieber auf Nummer sicher gegangen“, sagt Andreas Kopkau, bevor er von seinem Turnierleiter-Platz auf der Tribüne per Mikrofon die nächsten Duelle ankündigt.
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Rund 130 Absagen wegen Corona
„Ursprünglich“, erzählt er, „haben sich 200 Teilnehmer aus ganz Deutschland angekündigt. Wegen Corona haben uns aber ungefähr 130 Absagen erreicht, so dass hier nur noch etwa 70 Sportler an den Start gehen.“ Einer davon ist Ex-Schwergewichts-Boxer Klaus Richter: Mit Anfang 20 boxte er für Speyer in der zweiten Liga, jetzt steht der 57-Jährige mit seinem Pickleball-Schläger auf dem Feld hinter dem von Tanja Fladrich und Fritz Kopkau. „Pickleball macht riesig Spaß“, schwärmt der großgewachsene Gelsenkirchener. „Nachdem ich mit dem Boxen aufgehört habe, habe ich mich selbst fitgehalten und bin oft joggen gegangen. Genauso ein Wettbewerb wie Pickleball hat mir gefehlt. Das ist viel besser als allein durch den Wald zu laufen.“
Vier Medaillen für den Pickleballclub Buer
Der Pickleballclub Buer war bei der ersten Deutschen Meisterschaft sehr erfolgreich: Die Bueraner heimsten drei Silber- und eine Bronzemedaille ein.
Beim in den drei Leistungsklassen Anfänger, Fortgeschrittene und Profis ausgetragenen Turnier wurde Andreas Kopkau in der Top-Kategorie sowohl im Männer-Einzel als auch im Männer-Doppel mit seinem Teamkollegen Darek Nowicki Vizemeister. Vater Fritz Kopkau holte bei den Fortgeschrittenen im Männer-Doppel mit Ulrich Benkart ebenfalls die Silbermedaille. Der dritte Platz von Tanja Fladrich im Damen-Doppel mit Friedericke Hegeman rundete das positive Ergebnis der Bueraner ab.
Zurück zum Duell der Bueraner und Berliner, denn dies ist gerade in den Endzügen. Mit einem angeschnittenen Ball sichert Fritz Kopkau sich und seiner Teamkollegin Tanja Fladrich den Sieg. Statt die Hände zu schütteln gratulieren die Berliner den Siegern corona-konform mit dem ausgestreckten Schläger. „Gegen Dale gewinne ich am liebsten. Er ist pickleballverrückt“, lacht Fritz Kopkau, als er das Spielfeld verlässt. Dale Gowan grinst: „Pickleball macht halt Spaß. Ich freue mich schon auf die Revanche gegen euch.“