Gelsenkirchen. Die fünf spektakulärsten Revier-Derbys, die Schalke in den vergangenen 25 Jahren in Dortmund gespielt hat. Erinnerungen.

Am Samstag (15.30 Uhr/ Sky) steht wieder das große Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 an - Schauplatz ist Dortmund. Dort fanden in den vergangenen 25 Jahren ohne Zweifel die spektakulärsten Derbys statt. Wir erinnern an fünf ganz besondere Duelle mit einem Schalker Happy-End.

Das Lehmann-Tor: Wenn man Menschen sehen wollte, denen von einem Augenblick auf den anderen das blanke Entsetzen ins Gesicht stieg, die darüber förmlich die Fassung verloren – dann fand man sie am Abend des 19. Dezember 1997 in Dortmund. Damals erzielte Jens Lehmann in der Nachspielzeit das Tor zum Schalker 2:2-Ausgleich – es war das erste Tor überhaupt in der Geschichte der Bundesliga, das ein Torwart aus dem laufenden Spiel heraus erzielt hatte.

Lehmann köpfte einen von Olaf Thon getretenen Eckball, den Thomas Linke noch verlängert hatte, geradezu schulmäßig ein. 2:2 – Ende, Aus. Schöner als mit einem solchen Tor kann man ein Derby nicht finalisieren. „Nach diesem Spiel haben wir zwei Tage durchgefeiert”, erinnert sich Thon. Dass der Eckball, der zum Tor führte, eigentlich keiner war – geschenkt. Linienrichter Dirk Margenberg wurde auf Schalke noch Jahre gerne gesehen, während Dortmunds Präsident Gerd Niebaum fünf Tage vor Weihnachten die Contenance verlor: „Da kommt so ein Weihnachtsmann daher und bringt uns um den Erfolg.” Jens Lehmann meinte er nicht.

Möllers Tag: Der 23. September 2000 war der vielleicht spektakulärste Tag in der Derby-Geschichte seit dem Schalker Wiederaufstieg. Und es war der Tag des Andreas Möller, obwohl der beim 4:0 der Königsblauen in der Nachbarstadt gar kein Tor schoss. Diesen Job übernahmen andere: Jörg Böhme verwandelte in der 39. Minute einen Foulelfmeter, Emile Mpenza legte in der 45. Minute das 2:0 nach. Jörg Heinrich ließ sich mit einem Eigentor zum 3:0 auch nicht lumpen (60.), ehe Ebbe Sand die Schalker Herzen im Derby-Takt schlagen ließ. Andy Möller aber stand im Blickpunkt, weil es sein erstes Spiel mit Schalke bei seinem Ex--Verein Dortmund war. Die BVB-Fans empfingen Möller, den die Schalker frühere als „Heulsuse“ verspottet hatten, mit Papiertaschentüchern. Die brauchten sie am Ende, um ihre eigenen Tränen zu trocknen.

Ein Tor nach 285 Tagen: Ebbe Sand am 30. Januar 2004.
Ein Tor nach 285 Tagen: Ebbe Sand am 30. Januar 2004. © imago/Horstmüller | imago sport

Zwei Helden für einen Sieg: Schön, wenn man diese Auswahl hat. Noch heute streiten sich die Gelehrten, wer an diesem Abend des 30. Januar 2004 zum Rückrunden-Auftakt der Bundesliga Schalkes Derby-Held war: Frank Rost oder Ebbe Sand? Der Torwart hielt zwei Elfmeter, erst einen von Jan Koller (9.), dann noch einen von Torsten Frings (74.). Doch so richtig schön rund wurde die Geschichte erst in der 88. Minute, als Ebbe Sand für Schalke das 1:0-Siegtor schoss. Sein erstes Tor, nachdem er vorher 285 Tage nicht in der Bundesliga getroffen hatte.

„Verdammte Scheiße”, brüllte Dortmunds Stadionsprecher Norbert Dickel ins BVB-Fan-Radio, das man sich auch in Schalker Kreisen damals gerne zur eigenen Belustigung angehört hatte: Denn die Dortmunder waren zu dieser Zeit nicht nur erfolglos, sondern auch pleite.

Mehr als ein 4:4: Jeder, wirklich jeder Schalker, weiß noch genau, wo er dieses Spiel verfolgt hat. Der 25. November 2017 – zur Halbzeit lag Schalke 0:4 zurück. In der Kabine ging Trainer Domenico Tedesco vor seinen Spielern auf die Knie, um das Schlimmste zu verhindern – und dann löste Guido Burgstaller mit seinem Tor zum 1:4 etwas aus, das man so noch nie gesehen hatte. 2:4 Harit, 3:4 Caligiuri, 4:4 Naldo. Man muss gar nicht mehr groß dran erinnern, nur soviel: Dieses Spiel löste etwas aus. Von diesem Tag an wusste die Mannschaft, dass der Wille Berge versetzen kann. Am Ende der Saison war Schalke Vize-Meister.

Der Tag, der in der Kneipe endete: Ein geschätzter Zeitungs-Kollege überraschte seine Leser zum Frühstück mit einem Bericht über die Gründe, warum Schalke dieses Derby gewinnen würde – daran geglaubt, so viel sei verraten, hat er selbst nicht. Alles sprach an diesem 27. April 2019 für Schwarz-Gelb, doch am Ende triumphierte Königsblau mit 4:2. Dortmund war zwar früh in Führung gegangen, aber Daniel Caligiuri, Salif Sané, noch einmal Daniel Caligiuri und Breel Embolo servierten Schalke im Abstiegskampf drei unglaublich wichtige Punkte. Ein Tag, den auch in der Fan-Kneipe „Bosch“ niemand vergessen hat: Denn dort kehrte Huub Stevens am Abend mit seiner Truppe ein – um mit den Fans zu feiern. (MH)