Schalke. Der 61-jährige Wolfgang Reichel erzielt bei der Ü-40-Hallenkreismeisterschaft das goldene Tor beim Horster 1:0-Finalsieg über Resse 08.

Es lief bereits die vorletzte Minute im Finale der Hallenkreismeisterschaft der Ü-40-Fußballer, als Wolfgang Reichel vom SV Horst 08 noch einmal seine letzten Kraftreserven mobilisierte und über die Bande sprang. Vier Spiele hatte der 61-Jährige an diesem Samstag vor dem Endspiel gegen den VfL Resse 08 bereits absolviert. Jetzt, als die Resser wegen einer Zeitstrafe in Unterzahl spielten, lief er ein letztes Mal gemächlichen Schrittes aufs Feld und platzierte sich einige Meter vor dem Resser Tor. Als der Ball genau dort landete, nahm Wolfgang Reichel Maß – und traf zum 1:0.

Der Horster Siegtorschütze Wolfgang Reichel und WAZ-Mitarbeiter Andreas Artz.
Der Horster Siegtorschütze Wolfgang Reichel und WAZ-Mitarbeiter Andreas Artz. © Lutz von Staegmann

Es war der entscheidende Treffer zum Titel der Horster – und das ausgerechnet vom Oldie der Oldies. In Sachen Alter ist Wolfgang Reichel in der Ü-40-Truppe der Null-Achter nämlich unübertroffen. Dass die fußballerischen Abläufe am Ball nicht mehr ganz so flüssig aussehen wie beispielsweise noch zu aktiven Zeiten beim FC Schalke 04, mit dem Wolfgang Reichel 1976 Deutscher A-Jugend-Meister wurde und den er später in Richtung des damaligen Zweitligisten KSV Baunatal verließ, sieht ihm da natürlich jeder nach. Zumal Auge und Fuß ja immer noch scharf gestellt sind, wie beim perfekten Schlenzer zum 1:0 zu bestaunen. Von Eigenlob wollte er aber nichts wissen: „Wichtig ist, dass wir gewonnen haben. Wer das Tor schießt, ist egal. Wir haben uns im Laufe des Turniers immer mehr gesteigert und uns den Sieg verdient.“

FC Horst 59 landet auf dem dritten Platz

Der Grund für seine Demut mitten im Erfolg sei ein einschneidendes Ereignis vor 16 Jahren gewesen. „Damals wurde bei mir ein Tumor an der Speiseröhre diagnostiziert“, erzählte Wolfgang Reichel. „Ich lag vier Monate im Krankenhaus und habe 18 Kilo abgenommen“ Doch er kämpfte und kam wieder auf die Beine. Später erfuhr er, dass 87 Prozent der Erkrankten diesen Weg zurück ins Leben nicht schaffen. „Ich sehe den Fußball deshalb inzwischen aus einem anderen Blickwinkel. Ich bin froh, dass ich überhaupt noch da bin. Dass ich jetzt auch wieder meiner Leidenschaft, dem Fußball, nachgehen kann, macht mich einfach dankbar“, betonte er. „Ich möchte daher so lange spielen, wie es die Gesundheit zulässt. Noch klappt das mit den Knien und Gelenken gut.“

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In sportlicher Hinsicht sollte Wolfgang Reichels goldenes Tor im Finale der Höhepunkt eines perfekten Turniers aus Sicht der Horster sein. Nach zwei Siegen über Westfalia Buer (3:0) und Preußen Gladbeck (5:0) sowie einem 1:1-Remis gegen den späteren Endspielgegner aus Resse qualifizierten sie sich als Sieger der Gruppe A für das Halbfinale, in dem die Null-Achter der DJK Blau-Weiß keine Chance ließen (5:1). Die Resser, die dank eines 4:2-Erfolgs über Preußen Gladbeck und eines Last-Minute-Ausgleichs von Torwart (!) Uwe Wojciechowski zum 3:3 gegen Westfalia Buer weitergekommen waren, setzten sich im zweiten Halbfinale gegen den FC Horst 59, Erster der Gruppe B und später Gewinner des Spiels um Platz drei, mit 6:5 nach Neunmeterschießen durch. Dass der VfL dann jedoch im Finale an Wolfgang Reichel und Co. scheiterte, störte Trainer Angelo Wopp wenig. „Wir sind sehr glücklich, überhaupt ins Finale gekommen zu sein. Damit hätten wir nie gerechnet. Die Jungs haben super gespielt“, sagte er, bevor er die Bier-Bestellung für sein Team annahm. Die Horster tranken ihres derweil bereits aus dem frisch geholten Pott. Dank ihres Matchwinners Wolfgang Reichel.