Gelsenkirchen-Buer. . SSV-Trainer Marcel Dietzek und Martin Möllenbeck haben einen Zehn-Jahres-Plan. Zunächst steht aber der Klassenerhalt in der Landesliga im Fokus.
In gut drei Wochen beginnen die Fußball-Weltmeisterschaften der Frauen. Ab dem 7. Juni kämpfen die 24 besten Teams der Welt in Frankreich um die begehrte Trophäe. Zum Favoritenkreis zählt – na klar – auch die Deutsche Nationalmannschaft.
Am Montag hat Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihren erweiterten Kader bekannt gegeben. Viele ihrer Spielerinnen kommen vom FC Bayern München oder vom VfL Wolfsburg, zwei stehen mit Olympique Lyon sogar im Champions-League-Finale (Dzsenifer Marozsan, Carolin Simon). Fußballerinnen aus Gelsenkirchen? Fehlanzeige. Von welchem Klub sollten sie auch kommen. Die höchstspielende Frauenfußball-Mannschaft stellt die SSV Buer in der Landesliga.
Kaum Konkurrenz in der Stadt
Stadtinterne Konkurrenz ist kaum vorhanden. „Naja, es gibt noch Teutonia Schalke. Die spielen in der Bezirksliga“, sagt Marcel Dietzek, Trainer der Bueranerinnen, die derzeit gegen den Abstieg kämpfen. „Aber“, betont er, „das soll sich bald ändern“. Auch mit Hilfe einer besonderen Co-Trainerin an der Seitenlinie: Steffi Jones. Die ehemalige Bundestrainerin und Weltmeisterin hilft derzeit bei der SSV Buer aus. Die Zusammenarbeit soll zunächst bis zum Saisonende andauern.
Während sich seine Spielerinnen auf die letzten zwei Partien konzentrieren, in denen sie den Verbleib in der Landesliga doch noch schaffen wollen, plant Dietzek schon die neue Spielzeit und er hat Großes vor mit dem Team von der Löchterheide. Und nicht nur er. Auch der stellvertretende Abteilungsleiter Martin Möllenbeck glaubt an eine erfolgreiche Frauenfußball-Zukunft in Buer. Das muss er auch, schließlich hat er seiner Zwölfjährigen Tochter Emma ein Versprechen gegeben. Noch ist sie zu jung, um in der Frauenmannschaft zu kicken.
Die 16 Spielerinnen der SSV Buer trainieren an diesem Tag unter Flutlicht. Um 19.45 Uhr geht es erst los für die Bueraner Mannschaft, die sich zu einem großen Teil aus jungen Spielerinnen unter 20 Jahren zusammensetzt.
Keine Motivationsprobleme
„Die Mädels machen das richtig gut. Die Erfahrung kommt dann schon dazu“, ist sich Dietzek sicher. Über entsprechende Motivation muss er sich keine Sorgen machen, spätestens seit er beim Training und den Spielen von Steffi Jones unterstützt wird.
„Seit längerer Zeit bekommen wir auch immer mehr Anfragen von jungen Spielerinnen. Dass es im Umkreis nicht viele Frauenfußball-Mannschaften mit Potenzial gibt, ist unser Glück“, berichtet der Coach, der erst kürzlich einen Kontrakt mit einer neuen Torhüterin geschlossen hat. Chantalle Blanke wechselt von der SGS Essen aus der Juniorinnen-Bundesliga zur Löchterheide.
Sabrina Mallner, Kapitänin der SSV Buer, kommt zur Seitenlinie gelaufen und macht eine kurze Trinkpause. Seit sechs Jahren ist die 33-Jährige bei der SSV und bringt einiges an Erfahrung mit. Früher trat sie für die SG Wattenscheid 09 in der 2. Bundesliga an. Seit insgesamt 29 Jahren spielt sie Fußball. Ob sie sich einen Aufschwung von der anstehen Frauenfußball-WM verspricht? „Ne, ich denke, das wird sich in Grenzen halten.“ Generell habe sich in den vergangenen Jahren in Deutschland beim Thema Frauenfußball nicht allzu viel getan. Dumme Sprüche, blöde Blicke von Männern seien immer noch an der Tagesordnung. „Klar, es gibt deutlich mehr Vereine, in denen man spielen kann. Aber Frauenfußball ist nicht viel populärer geworden. Es wird kaum mehr gefördert als früher, Sponsoren muss man sich mühsam besorgen. Wir hatten da jetzt sehr viel Glück“, sagt die Spielführerin der SSV und deutet in Richtung Steffi Jones und Martin Möllenbeck, der die Bueranerinnen in den kommenden Jahren mehr als nur eine Liga aufsteigen sehen will.
Berufswunsch Fußballerin
Möllenbeck erzählt von seiner Tochter Emma, die in der U13 der SSV spielt und Ende 2018 vom SC Schaffrath an die Löchterheide gewechselt ist: „In der Schule mussten alle ein Plakat mit ihrem Berufswunsch machen. Emma hat ‘Fußballerin‘ darauf geschrieben.“ Als Vater versuche Möllenbeck natürlich, seine Tochter so gut wie möglich bei ihrem Berufswunsch zu unterstützen. „Bisher würde man vielleicht sagen, Fußballerin zu werden ist brotlose Kunst. Ich will helfen das zu verändern. Das habe ich meiner Tochter versprochen“, sagt er. Nach einem Gespräch mit Coach Dietzek war für ihn klar, dass er dem Team unter die Arme greifen möchte.
„Als Marcel und ich darüber geredet haben, wie es hier weitergehen soll, haben wir eine Vision entwickelt. Wir waren uns einig, dass wir die Mannschaft nach vorne bringen wollen“, sagt Möllenbeck. Und wie weit nach vorne? Kurze Pause. „Bundesliga!“ Da sind sich Dietzek und Möllenbeck einig. Ein Plan, der auf die nächsten zehn Jahren angelegt ist. Wenn Möllenbecks Tochter Emma also 22 Jahre alt ist, dann soll sie sich hier in Gelsenkirchen bei der SSV Buer ihren Berufswunsch als Fußballerin erfüllen können.
Bevor es aber soweit ist, muss erst einmal der Klassenerhalt in der Landesliga gesichert werden. Wichtig wäre dafür ein Sieg am Sonntag gegen den TuS Niederaden.
>>> Kamerateam bei der SSV
Kürzlich bekamen die Fußballerinnen der SSV Buer Besuch von einem Kamerateam. „Die sind durch die Welt gereist und haben geschaut, wie der Alltag von Fußballerinnen so ist“, erzählt SSV-Teamcaptain Sabrina Mallner.
Verglichen werden soll in dem Beitrag der Alltag von Männern und Frauen, die Fußball spielen, verrät Mallner. „Bevor das Team bei uns war, war es in Asien unterwegs und auch in Norwegen. In jedem Land wurde jeweils eine Spielerin den ganzen Tag begleitet. Bei uns war das Sandra Schönlein“, so Mallner.
„Die Mitarbeiter des Teams haben uns erzählt, dass die Unterschiede in den Ländern sehr eindrucksvoll sind. Aber wo genau die liegen, das wissen wir jetzt noch nicht“, sagt die 33-Jährige. Veröffentlicht werden soll der Beitrag mit SSV-Spielerin Sandra Schönlein nämlich erst kurz vor der Weltmeisterschaft in Frankreich.