San Cristobal de La Laguna/ Teneriffa. S04-Mittelfeldspieler Omar Mascarell stammt von der Sonneninsel. Als 16-Jähriger lockten ihn Real und Barca. Ein Besuch bei einem Weggefährten.
Wer dieser Tage durch Teneriffa spaziert, erblickt verdächtig viele Fanartikel des FC Schalke 04 in den einschlägigen Sport- und Souvenirs-Shops. Königsblau ist Trumpf auf der Kanareninsel – nicht nur bei deutschen Touristen: Spätestens seit Schalkes Uefa-Cup-Triumph 1997, als die Knappen im Halbfinale CD Teneriffa aus dem Wettbewerb geworfen hatten (0:1 auswärts; 2:0 n.V. im Gelsenkirchener Parkstadion), ist der Verein auch den Insulanern ein Begriff. Es folgten die zwei spektakulären Jahre von Spaniens Nationalspieler Raúl auf Schalke (2010 bis 2012). Und dann – last, but not least: die Verpflichtung des Ex-Frankfurters Omar Mascarell (25), für den S04-Manager Christian Heidel im Frühsommer rund zehn Millionen Euro an dessen Stammklub Real Madrid überwies.
Omar Mascarell Gonzalez, so sein voller Name, stammt selbst aus Teneriffas Hauptstadt Santa Cruz und gilt aktuell als größter Fußball-Export der Insel. „Dass er zu Schalke 04 gewechselt ist und damit zu einem international renommierten Klub, der in der Champions League spielt, hat hier in den regionalen Medien natürlich mächtig für Schlagzeilen gesorgt“, bestätigt sein früherer Klubkamerad Jonathan Acosta (36) vom Inselklub CD La Laguna. „Ich bin mir sicher, dass wegen Omar künftig noch mehr Menschen auf Teneriffa den FC Schalke 04 verfolgen werden, ähnlich wie das bereits zu Zeiten von Raúl der Fall war.“
Acosta selbst erlebte Omar Mascarells Karriere im professionellen Fußball von Anfang an hautnah mit. Damals, in der Saison 2009/10, feierte das spindeldürre, 16-jährige Ausnahmetalent sein Debüt in der 1. Mannschaft des damaligen Drittligisten CD La Laguna. Der Klub im Nordosten von Teneriffa ist seit je her die zweitgrößte Fußballkraft der Sonneninsel, hinter dem heutigen Zweitligisten CD Teneriffa. Im Kampf um Mascarell, der zuvor für kleinere Vereine auf der Insel gekickt hatte, hatte der Klub aus San Cristobal de La Laguna dem CD Teneriffa 2007 ein Schnippchen geschlagen: Der umworbene Mittelfeldmann schloss sich in der B-Jugend CD La Laguna an. Jonathan Acosta, damals Torwart der 1. Mannschaft, erinnert sich: „Omars Talent war auf der ganzen Insel bekannt. Schon im frühen Stadium seiner Karriere war klar zu sehen, dass dieser Junge eine Ausnahmebegabung besaß. Als er 2009 zu uns Profis aufrückte, war er natürlich noch sehr jung und den anderen in der 3. Liga körperlich unterlegen. Deshalb pendelte er zwischen der U19-Mannschaft und der 1. Mannschaft hin und her. Aber technisch und in Punkto Spielverständnis ragte Omar schon damals absolut heraus.“
Mascarells Fähigkeiten, seine unermüdliche Lauffreudigkeit, seine unerbittliche Zweikampfführung, seine stoische Ruhe am Ball, seine glänzende Übersicht und das blitzsaubere Passspiel, lockten bald darauf auch die Scouts aus der fernen Hauptstadt Madrid und aus Barcelona nach Teneriffa. Nur ein Jahr nach seinem Drittliga-Debüt im Trikot von CD La Laguna landete der Sohn einer spanischen Mutter und eines afrikanischen Vaters aus Äquatorial-Guinea im Nachwuchs von Real Madrid – mit der Perspektive, über die 2. Mannschaft der „Königlichen“ (Real Castilla) den Sprung in die A-Mannschaft des Rekord-Champions-League-Siegers zu schaffen.
Einer ist Millionär, einer Portier
Das gelang Mascarell zwar nicht ganz, doch über Ausleihen zu Derby County und zu Sporting Gijon landete er 2016 bei der Frankfurter Eintracht, die er 2017 bis ins DFB-Pokalfinale (1:2 gegen Borussia Dortmund) und im vergangenen Sommer sogar zum Pokalsieg (3:1 gegen den FC Bayern München) führte. Der Rest ist bekannt.
Jonathan Acosta verfolgt Mascarells Werdegang bis heute eifrig via Fernsehen, im Internet und in den zahlreichen spanischen Sport-Tageszeitungen. „Ich habe fast alle seine Spiele für Eintracht Frankfurt in der Bundesliga live gesehen und ich muss sagen: Es gefällt mir sehr, wie abgeklärt Omar dort gespielt hat. Über Facebook sind wir nach wie vor in Verbindung, ich bin also auch bestens informiert, wie es bei ihm persönlich läuft“, sagt Acosta und freut sich sichtbar über die internationale Karriere des ehemaligen Kollegen. „Man muss Omar einfach gern mögen, nicht nur als Fußballspieler, sondern auch als Person. Er ist ein fantastischer Mensch, sehr bodenständig und bescheiden, aber auch ein sonniger, lustiger Typ, mit dem man Spaß haben kann. So sind wir Menschen auf Teneriffa eben.“
Die einstigen Mannschaftskameraden Omar Mascarell und Jonathan Acosta trennen heute Welten. Während der Schalke-Neuzugang längst Millionärs-Status erlangt hat, arbeitet sein früherer Torwart hauptberuflich als Portier im 8 000 Zuschauer fassenden Estadio Francisco Peraza von CD La Laguna. Zusätzlich verdingt sich Acosta als Torwarttrainer des Klubs. Von Neid auf den prominenten Weggefährten ist nichts zu spüren, im Gegenteil: „Alle hier auf Teneriffa und im Verein freuen sich mit Omar und sind stolz auf ihn. Schon als er im Alter von 17 Jahren in den Nachwuchs von Real Madrid wechselte, war das eine tolle Sache. Wir sind ja eine kleine Insel – aber eine, die immer wieder große Fußballer hervorbringt.“
In den Sommer- und Winterpausen weilt Omar Mascarell übrigens regelmäßig zu Hause in Teneriffa. Dann trifft er auch alte Freunde und Bekannten aus der Frühphase seiner Karriere. „Alle hier werden Ihnen gern bestätigen, dass Omar immer so geblieben ist, wie er früher war“, sagt Jonathan Acosta, bevor er sich seine Handschuhe überstreift und zum Torwarttraining auf den Platz eilt. Dann ruft er noch: „Ich bin gespannt, wie es auf Schalke für ihn läuft. Bitte richten Sie ihm recht herzliche Grüße aus.“