Gelsenkirchen. . Bei der U18-Europameisterschaft in Györ will die Schalker Mittelstrecken-Läuferin Lea Kruse über 1500 Meter den Endlauf erreichen.

Einen ersten kleinen Traum hat sich Lea Kruse schon erfüllt: Die Qualifikation für die U18-Leichtathletik-Europameisterschaften im ungarischen Györ. Die 17-jährige Schalker Mittelstrecklerin, die seit 2017 für Königsblau läuft, geht am Freitag um 11.40 Uhr über 1500 Meter an den Start. Doch der Vorlauf soll für sie nicht das Ende der Veranstaltung sein. „Ich habe mir schon das Erreichen des Endlaufs als Ziel gesetzt“, sagt die Düsseldorferin, die nicht nur auf der Tartanbahn gute Leistungen abliefert. Ob sie Leistungssport und Schule gut koordiniert bekommt? „Joa, ich denke schon“, sagt sie. Ihr Trainer André Pollmächer lacht. „’Joa’ ist wohl eine leichte Untertreibung.“ Mit einem schüchternen Lächeln gibt Kruse ihrem Trainer recht. Notenschnitt? „1,1“, sagt die Gymnasiastin, die später Medizin oder Biochemie studieren möchte.

Im Vorlauf soll noch nicht Schluss sein: Für ihre guten Leistungen hat Lea Kruse hart trainiert. In Ungar will sie ihre gute Form unter Beweis stellen.
Im Vorlauf soll noch nicht Schluss sein: Für ihre guten Leistungen hat Lea Kruse hart trainiert. In Ungar will sie ihre gute Form unter Beweis stellen. © Martin Möller

Erst durch ihre Nachbarn ist Kruse überhaupt zur Leichtathletik gekommen. „Vorher habe ich fünf Jahre Tennis gespielt“, erzählt sie. Und Fußball. „Das war allerdings schwierig mit meinem CI. Besonders beim Kopfball.“ CI steht für Cochlear Implantat, eine spezielle Art von Hörgerät. Die Schalker Nachwuchssportlerin ist nämlich nahezu gehörlos geboren. Wirkliche Probleme hat sie dadurch beim Laufen aber nicht. „Nur die Kommunikation beim Rennen ist vielleicht etwas schwieriger. Besonders wenn es sehr laut ist“, sagt sie. Ihr Coach ergänzt: „Aber dafür haben wir eine Art Zeichensprache entwickelt. Und wir kommunizieren viel über die Mimik. Das ist vielleicht sogar ein kleiner Vorteil.“

Die Paralympics als Ziel anzustreben kommt für Kruse allerdings derzeit nicht in Frage. „Ich habe ja zwei gesunde Beine“, sagt sie und will ihr Können auf der Bahn unter Beweis stellen. Besonders jetzt in Ungarn.

In Györ auf der Rechnung haben wird Kruse sicher die große Favoritin Sarah Healy aus Irland. Sie reist mit einer Bestzeit von 4:09.25 Minuten an. Kruses schnellster Lauf über die 1500 Meter endete nach 4:25.26 Minuten.

Zeit Spielt keine große Rolle

„Aber“, sagt Kruse „bei Meisterschaften spielen die Zeiten eigentlich keine Rolle. Da wird viel taktiert.“ Hochmotiviert ist sie auf jeden Fall und präsentiert stolz ihr Nationalmannschafts-Outfit. Es sei etwas greifbares, dieses Trikot. Eine reale Belohnung der vielen harten Arbeit, die sie in ihr Hobby gesteckt hat. Etwas, das sie an ihren Erfolg erinnern wird, wenn die Motivation mal nicht so leicht fällt. Zum Beispiel an einem kalten verregneten Novemberabend, wenn keiner mehr freiwillig vor die Tür will. „Dann denke ich immer daran, was ich schon erreicht habe und was ich noch erreichen kann“, sagt Kruse.

Die nächste Möglichkeit, tolle Erinnerungen zu kreieren, hat die 17-jährige Schalkerin jetzt in Györ. Vielleicht kann sie ihren internationalen Auftritt dort ja sogar mit einer Medaille krönen, im Endlauf am Sonntag um 19.40 Uhr.

>>> Erste Leichtathletin der Familie

Aus einer sportlichen Familie kommt Lea Kruse zwar schon, mit Leichtathletik hatten ihre Eltern allerdings nicht viel am Hut. Ihr Vater fühlt sich als Segler auf dem Wasser wohl, ihre Mutter war früher Judoka.

Lea Kruses kleiner Bruder Shea ist der Musiker der Familie, er unterstützt seine Schwester aber natürlich auch in Györ.