Essen. Die Brustschwimmerin und Deutsche Meisterin Caroline Ruhnau von der SG Essen startet bei der Weltmeisterschaft in Barcelona. Den Endlauf hat sie sich zum Ziel gesetzt. Wird schon klappen, wenn selbst der Fußball-Regionalligist Rot-Weiß Essen ihr die Daumen drückt.
Für Caroline Ruhnau (28) ist es der letzte Tag. Schreibtisch aufräumen, die Mails checken und alles ordentlich übergeben, was zuletzt noch so angefallen ist. Die Brustschwimmerin macht Schluss. Nein, nein, nicht mit dem Sport, denn da wird sie am kommenden Montag in Barcelona bei den Weltmeisterschaften zum Saisonhöhepunkt über die 100-Meter starten. Am gestrigen Dienstag beendete Ruhnau nach fast sieben Monaten ihr Praktikum bei Rot-Weiss Essen.
Ein bisschen Wehmut zum Abschied ist zu spüren. „Das Team ist nett und ich habe mich hier sehr wohl gefühlt“, sagt Ruhnau. „Und wer weiß, vielleicht komme ich ja noch mal wieder.“ Ruhnau spendierte Kuchen und die Geschäftsstellen-Belegschaft hat ihr zum Abschied viele gute Dinge mit auf den Weg gegeben.
Fundiertes Fußball-Wissen war nicht erforderlich
Einen Fan-Schal, ein Badetuch, natürlich rot-weiß, die „Ente Willi“ als Talisman und warme Worte: „Du fliegst nach Barcelona, um Weltmeisterin zu werden. Du musst daran glauben!“
Der Wille ist das eine, die Realität etwas ganz anders. Und deshalb muss Caroline Ruhnau schmunzeln über die Fußball-Kollegen. „Sie kennen sich halt im Schwimmen nicht so gut aus.“ Milde Nachsicht? Natürlich. Klar ist aber auch: Viel Ahnung von Fußball hat die Praktikantin auch nicht. „Mittlerweile ein bisschen mehr“, sagt sie. „Ich habe zuletzt immer mal ins Internet und auf den Live-Ticker geschaut, wie’s gelaufen ist.“
Fundiertes Fußball-Wissen war allerdings in ihrem Fall auch nicht so gefragt. Die Diplom-Sportlehrerin hatte sich bei ihrem Studium auf Sportmarketing spezialisiert. Und da auch der Rot-Weiss-Chef Michael Welling Spezialist auf diesem Gebiet ist, passte das ganz gut zusammen. Ruhnau kümmerte sich vor allem um Themen und Projekte mit Kindern, hat die Ferien-Aktion „Schule ist auf dem Platz“ vorbereitet und begleitet und beim Sozialprojekt „Essener Chancen“ mitgearbeitet.
Morgens Training, dann von 9 bis 16 Uhr im Stadion, anschließend erneut eine Trainingseinheit. So sah ihr Tagesablauf in den vergangenen Monaten aus. Ab sofort steht allerdings ausschließlich Schwimmen im Fokus. Auch darin ist Ruhnau Spezialistin. Bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin Ende April gewann sie den Titel über 100 Meter Brust und jeweils Silber über 50 Meter und 200 Meter. Elf Jahre ist die gebürtige Münsteranerin bei der SG Essen Mitglied, national seit 2009 eine Top-Athletin. Henning Lambertz, der vor seinem Bundestrainer-Job vier Jahre lang die Asse in Rüttenscheid trainierte, hat sie in die Leistungsspitze geführt. Europameisterin auf der Kurzbahn ist sie 2009 geworden, 2012 holte Ruhnau EM-Bronze über 50 Meter, sie hat auch Medaillen mit der deutschen Lagen-Staffel gewonnen, doch zum ganz großen Triumph hat es nie gelangt. Im Vorjahr bei den Olympischen Spielen landete Caroline Ruhnau über die 100 Meter auf Rang 22.
An die eigene Bestzeit herankommen
Ein Finalplatz, ein Platz unter den besten Acht der Welt, das wäre cool. Sagte Ruhnau damals vor London. Und exakt das gleiche Ziel hat sie für die WM: Das Finale. „Volle Kanne und eine gute Zeit schwimmen“, so beschreibt sie den Plan. „Wenn es dann nicht fürs Finale reicht, ist es keine so große Enttäuschung.“
Nur, wenn sie an ihre Bestzeit über 100 Meter (1:07,2 Min.) – bei der DM 2012 aufgestellt – herankommen kann, könnte es etwas werden mit dem Endlauf. 2013 bei den Deutschen war sie allerdings langsamer. Wie steht’s um die Konkurrenz? „Es bringt nichts, in die Weltranglisten zu schauen“, antwortet die Essenerin – und lässt es.
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Nach den Sommerspielen in London hat sie ihr Training umgestellt und andere Akzente gesetzt. Gemeinsam mit ihrer Teamkollegin und Sprinterin Dorothea Brandt ist sie häufiger im Kraftraum. Instruiert vom Ex-Weltmeister Mark Warnecke. „Über vier Jahre habe ich vor allem an der Ausdauer gearbeitet. Ich habe an Kraft zugelegt und glaube schon, dass mir dieses Zusammenspiel zugute kommen kann. Allerdings ist die Zeit der Umstellung bis zur WM relativ kurz gewesen.“ Im nächsten Jahr will sie deshalb auf jeden Fall noch dieses Konzept verfolgen. Aber Ruhnau denkt auch schon daran, was nach dem Sport passiert: „Denn es wird Zeit, dass ich ein bisschen was verdiene.“