Essen. .
Die ESC Moskitos haben Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt – und Präsident Herden weiß nichts davon. Nur gut vier Monate sind seit der Beinahe-Insolvenz und der „Rettung“ durch Joachim Herden vergangen.
Die Moskitos stehen wieder einmal am Abgrund: Nur gut vier Monate nach der Beinahe-Insolvenz und der „Rettung“ durch Joachim Herden hat Eishockey-Oberligist ESC Moskitos am späten Freitag Abend einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Essen gestellt. Genauer: Die beiden Vorstände Uwe Stock (Schatzmeister) und Ulrich Kopetzki (2. Vorsitzender) haben dies getan und ESC-Boss Herden anschließend darüber in Kenntnis gesetzt. Ein zumindest ungewöhnlicher Vorgang. Am Freitag Abend piepte sein Handy. Eine SMS war eingegangen, Joachim Herden möge doch bitte einmal seine E-Mails checken. Und der ESC-Präsident tat, wie ihm geheißen und fand die schier unglaubliche Botschaft.
Die Chronologie der Ereignisse: Dienstag, 8. Februar: Auf einer Vorstandssitzung zerreißt das Tischtuch zwischen Herden auf der einen und Stock/Kopetzki auf der anderen Seite endgültig. Von „ehrlicher Arbeit“ spricht Schatzmeister Uwe Stock, von „fehlenden Zahlen“ und „mangelndem Vertrauen“ spricht Herden, verbunden mit der Forderung, die Vereinskorrespondenz kontrollieren zu wollen. Joachim Herden nimmt die Briefkastenschlüssel an sich, wirft seinen Co-Vorständen vor, mit dem tatsächlichen Ausmaß der wirtschaftlichen Schieflage hinter dem Berg gehalten zu haben. Uwe Stock kontert, er habe seit Wochen und Monaten immer wieder „auf die dramatische Lage“ hingewiesen.
55 000 Euro Altlasten
Einig sind sich beide Seiten nur im zahlenmäßigen Ausdruck des wirtschaftlichen Desasters. Aus den auf der Jahreshauptversammlung im Oktober kommunizierten 55 000 Euro an Altlasten sind, unter anderem aufgrund der Hallensanierung und damit verbundenen Mehrkosten und Mindereinnahmen, über 100 000 Euro geworden. Zudem fehlt noch viel Geld um die Saison überhaupt zu Ende spielen zu können. Insgesamt geht es um 221 000 Euro – mit diesem Betrag wäre die Spielzeit gesichert und der Verein schuldenfrei. Sagen Herden und Stock, womit die Gemeinsamkeiten aber auch schon alle benannt wären.
Donnerstag, 10. Februar: Das Finanzamt pfändet das Konto des ESC Moskitos. Der Verein ist damit nicht mehr Herr im Haus.
Freitag, 11. Februar: Ulrich Kopetzki und Uwe Stock, am Dienstag zuvor von ESC-Boss Joachim Herden praktisch „entmachtet“, suchen juristischen Rat, wie man auf die Pfändung reagieren sollte – oder muss. „Wir haben überhaupt nicht an eine Insolvenz gedacht, aber der Rechtsanwalt hat uns gar keine andere Wahl gelassen“, schildert Schatzmeister Stock die Ereignisse des späten Nachmittags. „Andernfalls hätten wir uns möglicherweise der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht. Und alle anderen Vorstandskollegen übrigens auch. Uns ist dieser Schritt nicht leicht gefallen, im Gegenteil. Aber es war unsere kaufmännische Pflicht.“ Der Antrag sei noch vor Ort ausgefüllt und abends beim Amtsgericht eingereicht worden, „wir hatten leider gar nicht die Gelegenheit, Joachim Herden früher zu informieren“.
Der kämpft seit Wochen und Monaten für eine Zukunft der Moskitos. 130 000 Euro seien schon geflossen, sagt Herden, besagte 221 000 fehlen noch immer. Nur: Joachim Herden hat nun keine Zeit mehr. Ein Großteil davon muss kurzfristig beschafft werden. So lange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist, kann der entsprechende Antrag zurückgezogen werden. Herden muss nun ganz schnell die angestrebte Finanzierung – geplant sind rund 150 000 Euro – auf die Beine stellen, ihm bleiben wohl rund 48 Stunden.
„Die Mannschaft ist nicht zu teuer“
Nach dem Insolvenzantrag will ESC-Präsident Joachim Herden schnellstens ein Rettungspaket schnüren und wehrt sich gegen Vorwürfe, eine überteuerte Mannschaft habe den Verein in Schieflage gebracht.
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Der Mann hat Mut, das muss man ihm lassen. Nach Bekanntwerden des Insolvenzantrages hatten sich ESC-Fans im Moskito-Forum zu einer Protestkundgebung vor dem Heimspiel gegen Herne verabredet. Rund 50 Fans standen dann frustriert, wütend und geschockt vor der Eishalle, und Herden immer mittendrin. Versicherte ungezählte Male, der Insolvenzantrag sei hinter seinem Rücken und ohne Not gestellt worden, weil er kurz davor gewesen sei, ein Finanzierungspaket für den Rest der Saison zu schnüren. Und er wehrt sich gegen den wiederholten Vorwurf, die Mannschaft sei viel teurer geworden als geplant. „Die Mannschaft ist nicht zu teuer. Zu Saisonbeginn hat Jari Pasanen die Vorgabe von 150 000 Euro Mannschaftsetat bekommen. Da war ich noch gar nicht dabei. Die Mannschaft kostet uns jetzt 142 000 Euro. Damit sind wir unter dem Limit geblieben.“ Der mit Blick auf die Playoffs nachverpflichtete Stürmer Christopher Straube steht nach Herdens Angaben nicht auf der Gehaltsliste des Vereins, sondern werde von ihm selbst bezahlt. Schatzmeister Uwe Stock dagegen sagt, zumindest die Miete für Straubes Wohnung werde über Vereinskonten bezahlt.
Wenn nicht die Mannschaft das Minus in einer Größenordnung von rund 220 000 Euro verursacht hat, was dann? Strittig diskutiert wird die Frage, wie viel Schulden noch Altlasten der Vorsaison sind. Vizepräsident Holger Schulz beziffert im Fan-Forum die Altlasten auf rund 60 000 Euro. Stimmt das? Joachim Herden hebt die Schultern. „Die Lage ist derzeit so unübersichtlich, dass ich den Anteil der Altlasten nicht wirklich beziffern kann.“