Essen. Einst debütierte Hendrik Bonmann für Rot-Weiss Essen. Mittlerweile spielt er in Bulgarien und sagt: „Das ist die Chance meiner Karriere“

Im Hintergrund läuft leise Musik und mischt sich mit den Geräuschen von Sportgeräten. „Ich hoffe, man versteht alles. Ich bin gerade im Fitnessstudio, habe aber Kopfhörer drin zum Telefonieren“, sagt Hendrik Bonmann.

Der 30-jährige Fußballprofi aus Essen ist gerade im türkischen Belek, schuftet im Trainingslager mit seinem Verein Ludogorets Razgrad, dem bulgarischen Serienmeister, und bereitet sich auf die Rückrunde vor. Angenehme 18 Grad ist es warm an der Mittelmeer-Küste. „Da bin ich schon echt froh drüber, in Bulgarien ist es gerade kalt“, so Bonmann.

Und noch einen Vorteil hat das Camp in Belek für den Essener, der einst bei Fortuna Bredeney mit dem Fußballspielen anfing: „RWE trainiert nur 20 Minuten entfernt in Lara. Da spielen meine guten Kumpels Tobias Kraulich und Lucas Brumme. Heute Abend fahre ich mal rüber.“

Für Rot-Weiss Essen gab Hendrik Bonmann sein Profidebüt

Ludogorets Razgrad ist der achte Verein, dessen Trikot sich Bonmann in seiner Karriere übergestriffen hat. Von Fortuna Bredeney ging es in die Jugend des FC Schalke 04. In der U17 wechselte er zu Rot-Weiss Essen und gab dort auch sein Profi-Debüt. „Das war im Derby gegen Rot-Weiß Oberhausen. Wir haben 2:1 gewonnen, auf Schnee. Das war für mich als Essener das Größte, die Zeit dort war mega. Ich bin dem Klub nach wie vor verbunden“, erzählt Bonmann.

Hendrik Bonmann wechselte 2013 von Rot-Weiss Essen zu Borussia Dortmund.
Hendrik Bonmann wechselte 2013 von Rot-Weiss Essen zu Borussia Dortmund. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

2013 folgte der Schritt in die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund, jenem Klub, bei dem er seit dem siebten Lebensjahr eine Dauerkarte besaß und sich somit einen Traum erfüllte. „Spieler wie Nuri Sahin oder Sebastian Kehl habe ich immer angehimmelt. Und dann saß ich in einer Kabine mit ihnen. Diesen Respekt konnte ich nie ganz ablegen“, so Bonmann. Mittlerweile sei er nur noch Fan von den beiden Klubs, mit Emotionen, wie sie zum Fußball dazugehören. „Ich bin da auch mal kritisch, sauer oder enttäuscht, wenn es nicht so gut lief“, sagt er lachend.

In Bulgarien spielt der Essener nun für den Serienmeister

Nach kürzeren Stationen bei 1860 München, den Würzburger Kickers und dem Wolfsberger AC in Österreich ist Bonmann mittlerweile bei Ludogorets Razgrad untergekommen. In Deutschland liegt der Bekanntheitsgrad des Klubs aus dem Nordosten Bulgariens irgendwo zwischen RW Ahlen und dem SV Schermbeck, dabei wurde er seitdem Aufstieg in die erste Liga 2011, nach der Übernahme eines bulgarischen Pharmaunternehmers, seit 2012 jedes Jahr bulgarischer Meister, spielte mehrmals in der Champions League und der Europa League.

Und auch in dieser Saison sieht bei 13 Punkten Vorsprung auf Botev Plovdiv nach 19 Spielen ohne Niederlage wieder alles danach aus. „Wir haben alle Rekorde eingestellt. Ich wüsste nicht, dass Ludogorets schon einmal so gut gepunktet hat“, so Bonmann. 14 Meisterschaften in Serie schafften in Europa bisher nur der gibraltarische Klub Lincoln Red Imps FC und Skonto Riga aus Lettland. Mit 15 Titeln am Stück würde Ludogorets Razgrad den alleinigen Rekord halten.

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„Das Niveau hier ist richtig gut. Das Niveau im Verein ist richtig gut. Das Gehalt kommt pünktlich, es wird viel in den Staff investiert und die Trainingsbedingungen sind wie in der Bundesliga. Wenn wir mal ein Spiel verlieren, geht hier die Welt unter. Der Druck wird intern groß gehalten, sodass wir spüren, dass wir jedes Spiel gewinnen müssen. Da gibt es keine Ausrede“, sagt Bonmann, der klar gewillt ist, seinen unterschriebenen Dreijahresvertrag auch zu erfüllen.

Die Spiele in der Europa League sind die Höhepunkte des Jahres

Dass er selbst einmal in Bulgarien unterkommen würde und dann auch noch in der Europa League das Tor hüten würde, das habe er nun wirklich nicht mehr erwartet. „Das ist ja auch absurd“, findet er. Als die Anfrage im Sommer 2024 kam, sei er im ersten Moment „ein bisschen geschockt“ gewesen, gibt er zu.

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Hendrik Bonmann im Tor des TSV 1860 München. Mittlerweile spielt der gebürtige Essener bei Ludogorets Rasgrad. © imago images / Jan Huebner | imago sport

Die Lust, im Ausland Fußball zu spielen, sei schon da gewesen, die Teilnahme an der Europa League ebenfalls verlockend. „Aber Bulgarien stand nicht oben auf meiner Liste. Ich hatte dann aber ein Gespräch mit dem Klub. Mir wurde gesagt, dass der Verein in die Champions League möchte, jedes Jahr europäisch spielt und Meister werden muss“, erinnert sich Bonmann.

Danach sei die Entscheidung einfach gewesen. „Die Identität des Klubs, die Chance, europäisch zu spielen und dann auch noch das Finanzielle: das Gesamtpaket war unschlagbar. Ich wusste nach dem Gespräch sofort, dass es keine andere Option gibt und dass das die Chance meiner Karriere ist“, sagt er und wurde bisher in dieser Annahme komplett bestätigt.

In Rom zu null gespielt - da reagiert sogar Mats Hummels

Vor allem die Spiele in der Europa League – in der Qualifikation zur Champions-League scheiterte Razgrad nach einem 2:1-Sieg im Hinspiel über Qarabag FK im Rückspiel noch mit 2:7 nach Verlängerung – waren absolute Highlights und Bonmann stand im Tor: gegen Slavia Prag, Viktoria Pilsen, den RSC Anderlecht, Athletic Bilbao, AZ Alkmaar und Lazio Rom.

Die Partie in der italienischen Hauptstadt war dabei so etwas wie das Spiel seines Lebens. Die Bulgaren erarbeiteten sich ein Remis im ehrwürdigen Stadio Olimpico di Roma – und der Essener behielt die weiße Weste. „Als ich dieses Stadion gesehen habe, musste ich direkt an 1990 denken, als Deutschland dort Weltmeister wurde. Es hat mich total gepackt. Lazio hatte vorher eine tolle Serie hingelegt. Da einen Punkt zu holen war ein Ausrufezeichen“, so Bonmann.

Und dann war da noch eine Nachricht von Mats Hummels, mit dem Bonmann auch in Dortmund zusammenspielte und der zu dieser Zeit beim Stadtrivalen AS Rom, der sich mit Lazio das Stadion teilt, nicht über die Reservistenrolle hinauskam. Bonmann: „Er schrieb mir, dass ich nun mehr Minuten in seinem Heimstadion auf dem Platz stand, als er selbst.“

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