Essen. Hartmut Fahnenstich ist zurück beim FC Kray. Im großen Interview spricht er über Zeiten, als RWE geschlagen wurde, Klub, Stadtteil und Fans.
- Hartmut Fahnenstich kehrt zum FC Kray zurück, da der Verein für ihn eine historische Bedeutung hat und er ihn als fußballerische Heimat sieht.
- Bei der SG Wattenscheid hatte er trotz erfolgreicher Arbeit aufgrund mangelnder Zusammenarbeit im Verein seinen Rückzug beschlossen.
- In seiner neuen Rolle beim FC Kray als strategisches Bindeglied zwischen Vorstand, sportlicher Leitung und Mannschaft möchte er den Verein wieder in die Oberliga führen, junge Spieler fördern und langfristig finanziell stabil arbeiten.
Fünf Jahre lang war Hartmut Fahnenstich weg, arbeitete zuletzt ein halbes Jahr als Vorstand Sport bei der SG Wattenscheid 09. Nun kehrt der Altenessener zurück zu seinem Herzensverein, dem FC Kray. Im großen Interview verrät er seine Beweggründe, spricht über seine Aufgaben, seine Ambitionen und die ersten Transfers.
Hartmut Fahnenstich, Sie sind zurück beim FC Kray. Schlicht und einfach: Warum?
Ich habe hier eine Historie. Als mein Sohn 18 Jahre alt war, das ist schon knapp 20 Jahre her, bin ich vom BV Altenessen nach Kray gekommen. Schnell war ich Jugendtrainer, später Coach der zweiten Mannschaft, dann Teammanager der Ersten. Ich habe die erste Mannschaft auch einmal trainiert, als der damalige Coach entlassen wurde. Das war die Zeit, in der wir kurz vor der Regionalliga standen. Irgendwann haben sich die Wege dann getrennt, der Kontakt ist aber nie abgerissen. Als ich 2017 zum ersten Mal wiedergekommen bin, war der FC Kray sang- und klanglos aus der Oberliga abgestiegen. Wir hatten damals noch drei Spieler im Kader: Einer war dauerkrank, einer war wenig begabt und der dritte war Yassine Bouchama, der nun für Preußen Münster in der zweiten Liga spielt. Dennoch sind wir später aufgestiegen. Der FC Kray ist einfach ein fußballerisches Zuhause für mich.
Dennoch waren Sie zuletzt bei der SG Wattenscheid aktiv. Es hieß, Unstimmigkeiten mit anderen Vorstandsmitgliedern hätten für die schnelle Trennung nach einem halben Jahr zu tun. Stimmt das?
Ich bin im Winter nach Wattenscheid gekommen, als der Verein vier Punkte auf dem Konto hatte. Der Aufsichtsrat hatte mich gefragt, ob ich nicht helfen könne, den Kader umzubauen. Am Ende haben wir 34 Punkte geholt. Das Engagement war nicht darauf ausgelegt, dass es nach einem halben Jahr schon wieder zu Ende geht. So ein Verein lebt aber davon, dass man zusammenarbeiten kann. Das war nicht so ideal, dass man darauf aufbauen könnte. Allerdings gibt es kein böses Blut. Es passte einfach nicht und ich habe mich daraufhin zum Rückzug entschlossen. Die Zeit ist erfolgreich zu Ende gegangen, das war der Auftrag.
In der Pressemitteilung des FC Kray heißt es etwas kryptisch, dass Sie als neuer Sportvorstand „eher eine strategische Rolle als Bindeglied zwischen Vorstand, Sportlicher Leitung und Mannschaft“ einnehmen sollen. Was heißt das denn konkret?
Die beiden jetzigen Sportlichen Leiter Dennis Blasczyk und Arian Kadrijaj haben mich schon früh nach meinem Ausstieg in Wattenscheid angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzuhelfen. Ich habe die beiden, die es klasse gemacht haben, dann ein bisschen beraten bei den Spielern, die sie geholt haben. Das hat Spaß gemacht. Dann hat mir der Vorstand den Vorschlag gemacht, Teil des Sportvorstands zu werden und die Geschicke des Vereins, hauptsächlich der ersten Mannschaft, zu leiten. In Absprache mit der Sportlichen Leitung natürlich. Wie man das dann genau formuliert in so einer Mitteilung, ist letztlich egal.
Okay, aber konkret: Sind Sie dann eher Berater und nicht mehr bei Verhandlungen mit pozentiellen Spielern dabei? Das reicht Ihnen?
Doch, es ist auch gewünscht, dass ich dabei bin. Ich kenne Dennis Blasczyk noch als kleinen Jungen. Und auch Arian habe ich auf einem alten Foto entdeckt. Daher bin ich auch kein Fremder. Aber ich habe wirklich kein Interesse mehr daran, als Sportlicher Leiter die ganzen Verhandlungen zu führen.
Dem FC Kray ist am vergangenen Sonntag mit einem 5:1-Sieg gegen Wesel-Lackhausen der erste Saisonsieg in der Landesliga gelungen. Sie sprechen in der Pressemitteilung schon davon, den FC Klub in der Oberliga zu etablieren. Warum so mutig?
Ich finde das gar nicht mutig. Was soll ich sagen: dass der FC Kray für immer um Platz zehn in der Landesliga spielen soll? Wir reden ja nicht von 1979. Dass der FC Kray in der Oberliga gespielt hat, ist noch nicht so lange her. Das Potenzial ist da, schauen Sie sich die Anlage an. Da gibt es in Essen nicht so viele bessere. Das Ziel muss die Oberliga allemal sein, da kommen wir ja auch her. Mannschaften wie der ETB oder Schonnebeck sind zurecht an uns vorbeigezogen, aber das war ja mal anders. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen wir beide Spiele gegen Rot-Weiss Essen gewonnen haben. Und das ist noch keine Lichtjahre her. Es ist nicht mein Anspruch, die Landesliga zu verwalten. Inwiefern das alles gelingt, hängt aber von vielen Faktoren ab.
Zwei davon nennen Sie ebenfalls in der Pressemitteilung. Dort heißt es, ein weiteres Ziel sei es, „regelmäßig junge Spieler aus den eigenen Reihen zu entwickeln. Das Ganze in einem finanziellen vernünftigen Rahmen und unter Einbeziehung des Krayer Umfelds und der Anhänger.“ Gibt es noch mehr Faktoren?
Man muss auch ein bisschen Glück haben und zudem Leute finden, die Geld investieren, auch im überschaubaren Rahmen. Natürlich hat ein Aufstieg auch mit Geld zu tun. Es macht aber keinen Sinn, wenn ich mit meinem Netzwerk neue Menschen begeistere, die später aber nicht mehr bezahlt werden können. Dann gehört eine gute Jugend dazu. Nur mit der wird man nicht aufsteigen, aber die muss man einbinden. Und zudem muss man auf dem Feld begeistern, um die Fans als 12. und 13. Mann hinter sich zu haben. Das waren sie nämlich immer.
Gegen Wesel-Lackhausen waren aber nur 70 Zuschauer vor Ort.
Ja, aber Kray ist grundsätzlich ein Stadtteil, in dem nicht so viel Luxus in Freizeitaktivitäten verbrannt werden kann. Die Krayer haben den Fußball. Wir reden zwar von 70 Zuschauern, aber vielleicht sagen die ihren Freunden, dass es so schön war, dass die auch mal wieder kommen. Wir müssen peu à peu daran arbeiten.
Direkt zu Beginn ihrer Amtszeit konnten Sie den Fans ein Geschenk mit einem Transfer-Coup machen. Mit Florian Abel kommt der Ex-Kapitän des KFC Uerdingen. Auch andere Landesligisten waren an ihm interessiert. Wie läuft so ein Poker ab?
Ich weiß, dass auch Oberligisten interessiert waren. Florian ist zwar schon 34, hat Uerdingen aber in einer schweren Situation vergangene Saison zusammengehalten. Ich habe frühzeitig erfahren, dass es durch den Aufstieg schwer für Flo werden würde, täglich zu trainieren. Er ist beruflich eingespannt. Dann habe ich ihn angerufen. Wir haben ihm die Kray-Arena gezeigt, haben uns unterhalten und haben ihm unsere Ideen vermittelt. Das hat ihm gefallen, das war am Ende der Saison. Damals wusste er noch nicht, wohin der Weg geht. Wir haben dann immer mal wieder telefoniert. Er hat sich auch andere Dinge angehört, irgendwann aber gesagt, er sei interessiert. Daraufhin haben wir konkreter gesprochen und relativ zeitnah die Zusage bekommen. Wir sind sehr froh, ihn hier zu haben.
Wird er am Sonntag schon dabei sein? Dann empfängt der FC Kray im Niederrheinpokal um 15 Uhr den SV Biemenhorst.
Das muss der Trainer entscheiden, Florian hat Dienstag das erste Mal trainiert. Spielberechtigt bekommen wir ihn. Biemenhorst ist ein schwerer Gegner. Es ist eine erfahrene und körperlich robuste Mannschaft. Wenn man fünfmal gegen sie spielt, verliert man viermal. Aber der Pokal hat seine eigenen Gesetze, da hat man auch die Chance, Berge zu versetzen.
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