Essen. Eine beeindruckende Karriere endet: Eiskunstläuferin Nicole Schott verabschiedet sich beim EJE in Essen und blickt auf ihre Laufbahn zurück.
Das Training am Westbahnhof lief wie immer beim Essener Jugend-Eiskunstlauf Verein (EJE). Die Jüngsten kratzten ihre Kreise ins Eis, drehten Pirouetten, wagten noch etwas wackelig die ersten Hüpfer. Am Rand harrten dick verpackt die Erwachsenen aus, um ihre Kleinen später wieder mit nach Hause zu nehmen.
Doch es wurde dann doch besonders an diesem Tag. Nicole Schott tauchte auf, Deutschlands beste Eiskunstläuferin der vergangenen Jahre, zweimalige Olympia-Teilnehmerin und ein EJE-Idol. Die 27-Jährige kam in Zivil: olivgrüne Daunenjacke, graue Jeans und Sneakers. Sie war mal wieder in der Heimat, was höchstselten vorkommt, seit sie vor zehn Jahren nach Oberstdorf gezogen ist.
Eiskunstläuferin Nicole Schott genießt den „Ruhestand“
Aber wenn, dann schaut das prominenteste Mitglied des EJE natürlich gern vorbei. Dort, wo alles seinen Anfang nahm. Nun schließt sich der Kreis. Nicole Schott hat ihre Karriere 2023 beendet und wurde auch am Westbahnhof in den „Ruhestand“ verabschiedet.
Außergewöhnlich spät, denn auf internationalem Eis tauchen Läuferinnen in ihrem Alter - wenn überhaupt - nur ganz selten auf. Die Konkurrenz von damals hat zum großen Teil längst abgedankt.
Im zarten Alter von drei Jahren schlupfte Nicole Schott erstmals in die Schlittschuhe, ein Jahr später lief sie erste Wettkämpfe und wurde für den Landeskader nominiert. 2012 dann mit 16 der erste DM-Titel - eine Überraschung.
Weitere zwei Jahre später wechselte das Talent zum Bundesstützpunkt nach Oberstdorf, wo Erfolgstrainer Michael Huth den Job von Heimtrainerin Gudrun Pladdies übernahm. Der Wechsel lohnte sich: Siebenmal wurde Schott Deutsche Meisterin, startete bei WM und EM und erreichte bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang (Südkorea) und 2022 in Peking (China) jeweils das Finale.
Nicole Schott: „Mir gefällt das Leben jetzt ganz gut“
Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist, heißt es. Der letzte Auftritt bei der WM 2023 war eine Klasse für sich. Schott lieferte im japanischen Saitama ein fehlerfreies Kurzprogramm und eine tadellose Kür, wurde Siebte. Nie zuvor war sie so gut, ein wirklich krönender Abschluss.
Von Wehmut oder Abschiedsschmerz ist auch keine Spur. Eher ist Erleichterung zu spüren nach all den Jahren, die wahrlich keine einfachen waren. Schweißtreibende Trainingsarbeit, Disziplin, Schmerzen und natürlich Verletzungspausen - eine ständige Tortur. Anders funktioniert es eben nicht auf diesem Niveau. „Aber ich hatte immerhin keine einzige OP“, sagt Schott und lacht.
Sie hat ihren Sport gelebt und liebt ihn noch immer. Ob sie das Ganze noch einmal anfangen würde? Fraglich. Auch weil man sich dieses Standing bei den Wertungsrichtern erarbeiten muss. Viele Jahre habe sie das mitgemacht, sich sozusagen hochgedient, manchmal bei den Noten an der Objektivität gezweifelt. Am Ende war aber auch sie im Vorteil.
„Mir gefällt das Leben jetzt ganz gut. Lieber Spaß haben als jeden Tag trainieren“, sagt Schott. Bis Ende März ist sie noch Sportsoldatin, die Ausbildung zu Bürokauffrau läuft. Aber sie will sich auch künftig als Trainerin einbringen, vor allem bei den Choreographien, denn die „Kunst“, Anmut und Ausdruck, hatte für sie stets einen höheren Stellenwert als die pure Technik.
Essener EJE: Der Verein boomt
Internationale Shows läuft sie noch, dazu Wandern und Skilaufen, die Berge hat sie ja vor der Tür. „Ich liebe Oberstdorf, ich bin da heimisch geworden.“ Zufrieden mit der Karriere? „Ja, definitiv.“ Allzu viel Nostalgie scheint auch nicht aufzukommen beim Besuch am Westbahnhof. Die enge Kabine wirkt eher düster, das ganze Drumherum riecht ohnehin nach Arbeit. An einem Pinboard hängen vergilbte Fotos. „Da bin ich auch irgendwo drauf.“ Einige Wettkampfkleidchen, die sie getragen und weitervererbt hat, erkennt Schott jedenfalls auch. Geschichte.
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Schöne Geschichte, wie Lisa und Stefan Steinmetz finden. Die Sportkoordinatorin und ihr Gatte, der Vereinsvorsitzende, sind natürlich mächtig stolz auf die Vorzeigeläuferin, das spürt man gleich. Es ist und bleibt ein seltenes Juwel. „Wir haben einen guten Zulauf und sind mit 320 Mitgliedern bundesweit zweitgrößter Eislaufverein“, sagt Stefan Steinmetz. In Julia Grabowski und Katharina Vialichka gehören aktuell zwei Talente zum Bundeskader.
Jüngst, als der EJE mit seinen Minis die Eisbahn auf dem Kennedyplatz einweihte, ließ der Vorsitzende die Besucher über Mikro mit einem Schmunzeln wissen: „Sie haben gerade einen WM-Teilnehmer von 2040 gesehen.“ Schön wär’s.