Essen. Eishockey-Oberligist Moskitos Essen enttäuscht vor 3500 Zuschauern im Derby gegen den Herner EV. Und hat nicht auf alle Fragen eine Antwort.
Wochenlang hatten die Moskitos Essen auf das gefühlte Spiel des Jahres hingefiebert, riesengroß war die Euphorie vor dem Heimderby gegen den Herner EV. Es hätte der große Feiertag am Westbahnhof werden sollen, doch am Ende entwickelte er sich zum Albtraum: Nach der 2:3 (1:1, 1:1, 0:1)-Heimniederlage gegen den HEV herrschte nur im Gästeblock Partystimmung.
3500 Zuschauer hatten sich auf die Tribünen gequetscht und für eine eindrucksvolle Derbykulisse gesorgt, der Großteil aber verfiel nach der Schlusssirene in eine Schockstarre. Wie konnte das nur passieren? Vorher hatte es doch eigentlich keine Zweifel gegeben, dass der Derbysieger nur aus einer Stadt kommen könne: Essen.
Moskitos Essen: Das Tief soll nicht zu tief werden
„Wir haben in dem ganzen Spiel, glaube ich, 80 Prozent Scheibenbesitz, aber sterben in Schönheit, indem wir noch einen Pass durchs gegnerische Drittel spielen und er wieder abgefangen wird“, haderte der ehemalige HEV-Coach und heutige Moskitos-Trainer Danny Albrecht. Wenn am Dienstag (20 Uhr) die Füchse Duisburg zum nächsten Derby nach Essen reisen, dürften nur knapp ein Drittel der Zuschauer wieder an den Westbahnhof pilgern.
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Spätestens bis dahin müssen die „Mücken“ den Derby-Schock gegen die Miners verdaut haben; am besten aber schon bis Sonntag (16 Uhr), wenn es für den Tabellenzweiten bei den Black Dragons Erfurt schon wieder um Oberliga-Punkte geht. „Deswegen kann man sich über das Derby nicht allzu lange den Kopf zerbrechen“, sagte Kapitän Nicolas Cornett. „Wir haben vor der Saison gesagt, dass wir die Hochs nicht zu hoch und die Tiefs nicht zu tief werden lassen dürfen.“ Es sei unglaublich, „dass so viele Fans da waren. Man kann nur hoffen, dass sie wiederkommen und beim nächsten Mal einen Sieg sehen“, so Cornett. Dass sie gegen Herne noch nicht in den Genuss kamen, hat sich die Mannschaft vor allem selbst zuzuschreiben.
Moskitos Essen lassen die Geradlinigkeit vermissen
Die Gastgeber waren über weite Strecken dominant, bestimmten das Geschehen, machten aber aus ihrer spielerischen Überlegenheit viel zu wenig. Immer wieder verpassten die Moskitos den Abschluss im richtigen Moment, hatten noch eine Idee mit der Scheibe. Albrecht fehlte die Geradlinigkeit, Verteidiger Michael Gottwald sagte: „Ich finde, wir hätten die einfachen Sachen besser machen müssen. Also nicht den Puck ins Tor tragen.“
Moskitos unterliegen im Derby dem Herner EV
Wenn die Hausherren mal abschlossen, ließen sie die nötige Kaltschnäuzigkeit und Effektivität vermissen. Bezeichnend: Die beiden Essener Treffer erzielte jeweils ein Verteidiger – zuerst Michael Gottwald aus der Distanz, im zweiten Drittel Edmunds Augstkalns nach einer feinen Kombination im Powerplay. „Chancen hatten wir eigentlich genug. Es waren die Kleinigkeiten: Wir sind wenig zu den Rebounds gekommen, haben wenig Nachschüsse bekommen“, analysierte Cornett. „Sie haben gut aufgeräumt vor dem Tor. Da hätten wir uns mehr durchsetzen müssen.“
Moskitos zeigen im Schlussdrittel kaum konstruktive Angriffe
Auch Leistungsträger wie die Letten Elvijs Biezais oder Sandis Zolmanis schafften es nicht, den entscheidenden Moment zu kreieren, das Spiel für Essen zu entscheiden. Immer wieder leisteten sie sich Unkonzentriertheiten und technische Fehler – vor allem im Schlussdrittel, in dem die Hausherren kaum noch konstruktive Angriffe auf die Eisfläche brachten.
Wo waren sie im Derby? „Nicht da“, antwortet Albrecht. Gründe dafür gebe es viele, verraten wollte der Trainer sie aber nicht. Die eigentlich harmlosen Miners, die klar unterlegen, vor dem gegnerischen Tor aber gnadenlos effektiv waren, knipsten zu für Essen ungünstigen Zeitpunkten: Als der 1:1-Ausgleich in der Schlusssekunde des Anfangsdrittels fiel, schienen die Gastgeber gedanklich schon in der Kabine zu sein. Nach einem ungenutzten Essener Powerplay egalisierte der HEV die 2:1-Führung nach einem Konter im zweiten Drittel erneut.
Auf viele Fragen gibt es in Essen keine Antwort
„Das Momentum hat nie gepasst“, haderte Albrecht. „Wir haben auch einen regulären Treffer geschossen, der dann aberkannt wurde.“ Enrico Saccomani hatte die Scheibe nach einem Pass mit seinem Schlittschuh entscheidend ins Tor gelenkt, eine aktive Kick-Bewegung lag allerdings nicht vor.
Nervös wegen der imposanten Kulisse? Oder den Gegner unterschätzt, weil ihm alle Kontingentspieler fehlten? Cornett verneinte beides. „Vielleicht lag es daran, dass es ein Derby war und manche anders ins Spiel reingegangen sind als sonst.“ Doch warum genau fehlte den Moskitos in so vielen Situationen die Überzeugung und Entschlossenheit? Auf viele Fragen gab es an diesem Abend keine Antwort.
So haben sie gespielt
Moskitos – Herner EV Miners 2:3
Drittel: 1:1, 1:1, 0:1
Tore: 1:0 Gottwald (4.), 1:1 (20.), 2:1 Augstkalns (27.), 2:2 (33.), 2:3 (57.)
Strafminuten: Essen 6 – Herne 12
Zuschauer: 3498