Essen. Der Essener Verbandsligist hat sich mit André Fuhr einen Fehlschlag geleistet – und trennt sich widerwillig. Was den Fall so unerträglich macht.
Die MTG Horst sah diese einmalige Chance und hat zugepackt. Wann hat man als Handball-Verbandsligist schon mal das Glück, einen fachlich derart kompetenten und erfolgreichen Trainer wie André Fuhr zu verpflichten? Einen Bundesliga-Trainer, einen Meister-Macher, da muss man als Fünftligist doch zugreifen.
Es ist leicht, dies zu verstehen und verständlich ist es auch. Aber so einfach ist das alles nicht trotz diffuser Faktenlage.
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Natürlich kannten die Entscheidungsträger der MTG, auch eine Frau ist unter ihnen, all die Vorwürfe gegen den auserwählten Coach. Aber man hatte nach einem „positiven gemeinsamen Austausch“ keine Bedenken. Die MTG nehme die Aussagen der betroffenen Frauen ernst, heißt es, beruft sich aber auf die Unschuldsvermutung. Ein gutes Recht. Es gibt halt keinen Straftatbestand, keine Anzeige oder gezielte Ermittlung gegen den Trainer, aber schwerwiegende Vorwürfe. Also, was soll’s? Aber so naiv können sie bei der MTG nicht sein, zu glauben, dass schnell Gras über die Sache wachsen wird und alsbald der Alltag einkehrt.
Vorwürfe wabern seit Monaten durch die Handball-Welt
In der Tat ist das alles schwer begreifbar. Es geht um emotionale Gewalt. Fuhr, auch noch ausgebildeter Pädagoge, soll Spielerinnen gemobbt, terrorisiert und belästigt haben. Ein äußerst sensibles Thema. Und das ist gut so. Traumatische Erlebnisse, Angst, Tränen, einen Knacks fürs Leben - solche Zustände sind unerträglich, auch im Profibereich, da gibt es keine zwei Meinungen.
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Seit Monaten wabern die Vorwürfe gegen André Fuhr durch die Handball-Welt, eine Kommission des Deutschen Handballbundes (DHB) untersucht den Fall. Aber es wird noch Monate dauern, bis Ergebnisse vorliegen, wenn überhaupt. Es gehe um Prävention, aber auch den Fall Fuhr wolle man ausleuchten. Und was dann? Wird der Trainer noch gesperrt? Das alles ist so unbefriedigend und schwammig.
Die betroffenen Vereine und der DHB kommentieren die jeweiligen Trennungen nicht. Auch Trainer Fuhr schweigt beharrlich - geredet hat er offenbar nur intern bei der MTG. Seine Anwältin bezeichnet die Vorwürfe „in wesentlichen Punkten“ als unzutreffend. Es steht aber noch nicht einmal Aussage gegen Aussage. Warum nur? Ist es ein stilles Eingeständnis oder will der Mann nur endlich Ruhe haben von alledem? Genau diese verdammte Sprachlosigkeit irritiert und verunsichert, befeuert die Spekulationen.
Es gibt keinen Grund, den Worten der Frauen zu misstrauen
Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, den Worten der Frauen zu misstrauen. Also heißt es: Es wird schon was dran sein. Diese allgemeine Schuldvermutung bekommt auch die MTG Horst schmerzlich zu spüren und knickt ein unter dem erwartbaren moralischen Druck, der entstanden ist. Ausgerechnet die MTG beteiligt sich an einem Projekt des Espo gegen sexualisierte Gewalt. Und wird dafür mit 3000 Euro von der Krupp-Stiftung gefördert, die ihren Unmut über diese Trainer-Verpflichtung klar äußert.
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Mehr Offenheit, so hart die Wahrheit sein mag, wünschte man sich von allen Beteiligten. Selbst wenn es nur ein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns wäre. Es wäre eine Chance und definitiv die richtige Entscheidung.