Essen. Die 20-Jährige ist bis zum Rest-Rückrundenstart mit der SGS Essen im Doppelstress. Neben dem Fußball studiert sie Energie- und Wasserwirtschaft.

Gute Laune hat Nina Räcke eigentlich immer. Diesmal aber besonders viel davon. Nicht einmal eine mehrstündige ICE-Fahrt von München nach Essen und eine wacklige Telefonleitung können daran etwas ändern. Praktisch bis zur letzten Sekunde hat die Innenverteidigerin des Bundesligisten SGS Essen ihre fußballfreie Zeit ausgekostet – in Bayern hatte sie ihre Schwester besucht. Um 15.30 Uhr fuhr ihr Zug nun wieder im Essener Hauptbahnhof ein. Zwei Stunden später stand Räcke pünktlich zum Training auf dem Rasen. Perfektes Timing.

Der Kontakt zu ihrer Familie ist der 20-Jährigen wichtig. Und doch sind die zurückliegenden Wochen für sie ganz besondere. „Ich bin schon mit 13 ausgezogen, um in Magdeburg ins Internat zu gehen. Da konnte ich am Wochenende aber noch zu Hause schlafen. Mit 17 bin ich dann nach Wolfsburg gegangen“, erinnerte sie sich. Zwei Jahre später folgte mit dem Wechsel nach Essen der nächste Umzug. „Trotzdem habe ich immer eine enge Verbindung zu meiner Familie, auch wenn wir uns nicht so oft sehen können.“ An Weihnachten aber kommen im Elternhaus alle wieder zusammen.

SGS: Seit eineinhalb Jahren ist die ehemalige Wolfsburgerin in Essen

„Ich habe noch vier Geschwister und die haben nochmal fünf kleine Kinder. Da ist es immer ganz schön wuselig“, erzählt sie. Entsprechend viel Zeit nehmen die Vorbereitungen in Anspruch. „Bei uns gibt es immer Lauchsuppe und danach Gans oder Ente“, erklärt Räcke. Praktisch, dass die Eltern einen Bauernhof mit eigenen Tieren haben. Allerdings hält sich die Abwehrspielerin beim Hauptgang sehr zurück. „Ich bin Vegetarierin. Für mich bleiben Beilagen und Soße“, lacht sie.

Im Zweikampf: Nina Räcke behauptet den Ball gegen Weronika Zawistowska vom 1. FC Köln.
Im Zweikampf: Nina Räcke behauptet den Ball gegen Weronika Zawistowska vom 1. FC Köln. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Nach dem Essen läuft sie dann aber zur Höchstform auf. Denn im Hause Räcke übernimmt der Weihnachtsmann persönlich die Bescherung. Aber nicht, ohne dass jedes Familienmitglied vorher Gesangstalent beweisen muss. Und als wäre das nicht schon anstrengend genug, hat ihr Trainer Markus Högner auch noch einen Plan für die freien Tage mitgegeben. Sehr zum Gefallen von Vater Winni, der einst ihr Talent förderte. „Ich musste mich oft aufraffen, wenn ich eigentlich chillen wollte. Aber ich weiß ja, warum und wofür ich das mache.“

Nina Räcke: „Als Mannschaft haben wir noch viel Potenzial“

Mit der bisherigen Saison ist Räcke nur bedingt zufrieden. „Es fühlt sich blöd an, weil wir oft gut gespielt, aber nur drei Mal gewonnen haben. Das wollen wir jetzt besser machen“, sagt sie. Am besten gleich beim Jahresauftakt am 5. Februar gegen Bayer Leverkusen. „Am liebsten würden wir sie zwei Mal schlagen“, frohlockt die Studentin. Denn kaum drei Wochen später ist Leverkusen wieder in Essen zu Gast. Diesmal im Viertelfinale des DFB-Pokals. „Die Idee, dort weiterzukommen, finde ich cool“, schmunzelt Räcke.

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Bevor sie nach Essen kam, kannte sie diesen Wettbewerb nur vom Zuschauen. „Deshalb ist er für mich ganz besonders.“ Aber selbst, wenn sich der Traum vom Finale in Köln in diesem Jahr nicht erfüllt, blickt die Abwehrspielerin sehr zufrieden auf ihre bisherigen anderthalb Jahre bei der SGS zurück. „Für mich persönlich ist es besser gelaufen, als ich es mir vorgestellt habe, weil ich schnell Stammspielerin wurde. Aber auch als Mannschaft haben wir noch viel Potenzial.“

Räcke pendelt zwischen Schreibtisch und Trainingsplatz

Gleichzeitig hebt Räcke den Teamgeist bei der SGS hervor. So beschreibt sie das Trainingslager im vergangenen Sommer als einen Höhepunkt. „Wir hatten viel Spaß, weil wir auf Anhieb voll gut harmoniert haben. Es gab und gibt niemanden, der aus der Reihe tanzt.“ Aber nicht nur in Schönebeck braucht sie ein gutes Team um sich herum. Das gleiche gilt für die Uni, wo sie an der Hochschule Ruhr West Energie- und Wasserwirtschaft studiert.

„Bis zum 10. Februar muss ich sieben Klausuren schreiben“, seufzt sie und schiebt mit einem Augenzwinkern hinterher: „Ich hoffe, dass ich mich motivieren kann zu lernen.“ Alleine würde sie das wohl nicht schaffen. „Ich brauche dafür Gesellschaft.“ Gefunden hat sie die in Form einer Lerngruppe. Und so stehen Räcke arbeitsreiche Wochen bevor, in denen sie ständig zwischen Schreibtisch und Trainingsplatz pendeln wird. Gute Laune kann da nicht schaden.