Essen. Essener wehren sich gegen den hohen Favoriten bis zur Schlussphase. Bei der 27:31-Niederlage war es vor allem in Hälfte eins eine gute Leistung.

Lange hatte Rekordmeister THW Kiel Beton angerührt, erst nach 50 Minuten härtete dieser dann aus. Im Spiel gegen Tusem Essen tat sich der große Favorit lange sehr schwer, weil es ihm der Gegner ungeheuer schwer machte. Letztendlich kam der Außenseiter aber nicht mehr so richtig durch die Kieler Abwehr hindurch und musste eine 27:31-Niederlage akzeptieren.

An der Sporthalle „Am Hallo“ hatten sich zu diesem Traditionsduell zwei Dutzend Schaulustige versammelt. Sie nutzten die Möglichkeit, durch die Glasfassade der Halle das Spiel zu schauen und sahen in der ersten Halbzeit eine sehr engagierte Leistung der Gastgeber.

Tusem Essen zeigt wieder alte Tugenden

Der große Favorit aus Kiel hatte es nicht einfach, wurde in seinen Angriffen immer wieder gestört. Der Tusem packte in der Abwehr beherzt zu, hatte zudem immer wieder das Glück auf seiner Seite. Ebenso wie Torwart Sebastian Bliß, der sechsmal die Faust nach seinen Paraden ballen konnte. Jede gute Defensivaktion gab dem Außenseiter Selbstvertrauen und Sicherheit.

Allerdings konnten sie die Norddeutschen nicht vollends stoppen, häufig waren die Kraftpakete Sander Sagosen oder Harald Reinkind sprichwörtlich starke Gegenspieler.

Das, was die Essener bei der bitteren 28:31-Niederlage in Balingen vermissen ließen, legten sie nun wieder an den Tag. Sie spielten in der ersten Halbzeit befreit auf, zeigten viel Mut und Siegeswillen. Mutig waren die Kempa-Tricks, von denen sich der Tusem gleich mehrere erlaubte – und das immer wieder mit Erfolg. Freche Zuspiele von Justin Müller, flinke Durchbrüche von Eloy Morante und die kraftvollen Abschlüsse von Lucas Firnhaber machten den Kielern Probleme. Dementsprechend war die zwischenzeitliche 13:12-Führung (26.) durchaus verdient.

Tusem-Trainer Jamal Naji instruiert Lucas Firnhaber. Der Essener Rückraumspieler trug früher selbst einmal das Kieler Trikot.
Tusem-Trainer Jamal Naji instruiert Lucas Firnhaber. Der Essener Rückraumspieler trug früher selbst einmal das Kieler Trikot. © Michael Gohl

Ergebnis kippt noch vor Pause zugunsten von Kiel

Allerdings kippte das Ergebnis noch vor der Pause, weil sich die Essener den einen oder anderen Fehler leisteten. So etwas lässt der Champions-League-Sieger von 2020 nicht unbestraft und holte sich die Führung zurück. Auch, weil Routinier Domagoj Duvniak nun in der Partie war und seine Kieler in Abwehr und Angriff unterstützte.

Aber der Tusem war zu keinem Zeitpunkt beeindruckt von der Weltklasse des Gegners. Stattdessen verkürzte er kurz vor der Pausensirene noch einmal, dank eines Treffers von Morante. Der Rückraumspieler bewies auch in dieser Situation Willen und Einsatz, schnappte sich die Kugel und jagte sie ohne Kompromisse in das THW-Tor. Ein Moment des Jubels und der Hoffnung.

Gäste benötigen viel Kraft und Konzentration

Nun galt es nachzulegen. Wie schon bei der knappen Niederlage gegen Titelanwärter Flensburg begegnete der Tusem einem schier übermächtigen Gegner auf Augenhöhe. So startete Essen direkt mit einem erneuten Kempa-Trick in die zweite Hälfte und sorgte mit seiner engagierten Leistung dafür, dass der vermeintlich entspannte Sonntag für die Gäste zu einem harten Stück Arbeit wurde.

Die Essener raubten dem THW viel Kraft und Konzentration, teilweise erlaubte sich Kiel einige leichte Fehlwürfe. Auf der anderen Seite machten die Gastgeber fröhlich und locker weiter mit der Majestätsbeleidigung und scheuten sich nicht, dem Gegner auch mal weh zu tun. Die Deckung verteidigte aggressiv, immer am Limit.

Zwei weitere Punkte im Meisterschaftsrennen

Die Mannschaft von Trainer Filip Jicha war gezwungen, alles zu geben und setzte dabei auf seine besten Spieler. Duvniak und Wiencek brachten dann aber mit ihrer Erfahrung viel Stabilität in die Abwehr.

Rund 50 Minuten lang bohrte sich der Tusem immer wieder durch den Abwehrbeton der Kieler, rannte sich dann aber fest. In der Schlussphase ging nicht mehr viel, der THW machte es dann letztendlich auch clever und sicherte sich die nächsten zwei Punkte im Meisterschaftsrennen.

„Wir haben frech und mutig gespielt. Punkt“, sagte Essens Trainer Jamal Naji nach der umkämpften Niederlage, die seiner Meinung nach zwei bis drei Tore zu hoch ausfiel. Und auf der anderen Seite atmete Kiel erleichtert durch.

So haben sie gespielt

Tusem – THW Kiel 27:31 (15:16).

Tusem: Fuchs, Bliß; Beyer (4/1), Rozman, Durmaz, Homscheid, Becher, Ignatow (6), Szczesny (2), Müller (1), Firnhaber (7), Seidel, Morante (3), Klingler, Wolf, Zechel (4).

Kiel: N.Landin, Quenstedt; Ehrig (2), Duvnjak (1), Sagosen (7/2), Reinkind (4), M.Landin, Sunnefeldt (2), Weinhold (1), Wiencek (1), Ekberg (3), Dahmke (3), Zarabec (2), Voigt, Horak, Pekeler (5).

Siebenmeter: 1/2 – 2/4.

Strafminuten: 8 – 2.

Schiedsrichter: Thöne (Lilienthal)/Zupanovic (Berlin).

Spielfilm: 2:3 (5.), 5:7 (10.), 7:10 (25.), 12:11 (21.), 13:12 (26.), 15:16 (30.) – 18:18 (35.), 19:21 (40.), 21:23 (45.), 24:25 (50.), 26:29 (55.), 27:31 (60.).

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