Köln. Mit dem Unentschieden beim Titelkonkurrenten Fortuna Köln bleibt RWE weiter ungeschlagen, trauert aber ein bisschen den verpassten Chancen nach.

RWE-Trainer Christian Neidhart schmeckte die Punkteteilung im Spitzenspiel bei Fortuna Köln wie das Gourmetgericht „Surf and Turf“: halb Fisch, halb Fleisch. „Ich habe die ganze Zeit nach dem Spiel nun überlegt, wie ich das 1:1 einordnen soll. Das war nun der dritte Sonntagsschuss in kurzer Zeit, der uns zwar nicht das Genick bricht, aber der doch wieder tief reingeht“, meinte er nach der Punkteteilung im fast leeren Südstadion.

Gemeint war die Szene in der 48. Minute, als Nico Brandenburger vor dem Strafraum alle Freiheiten genoss, sich den Ball auf seine Schokoladenseite zu legen und einfach mal abzuziehen. Der Ball klatschte neben Torhüter Daniel Davari an den Innenpfosten und ins Netz, ohne dass der RWE-Keeper überhaupt die Zeit hatte, irgendeine Reaktion zu zeigen.

Simon Engelmann hatte die große Chance zum 2:0

Kann passieren, bei RWE anscheinend häufiger als bei anderen Teams, aber dieses Fußball-Schicksal muss man wohl annehmen. Ein etwas herberer Nachgeschmack könnte ehe aus Halbzeit eins rühren, als die Rot-Weissen nach zurückhaltender Anfangs-Viertelstunde drauf und dran waren, die Angelegenheit bei einem ihrer Konkurrenten bereits in den ersten 45 Minuten zu erledigen. Ja, Simon Engelmann machte sein obligatorisches Tor in der 18. Minute, als er nach herrlicher Flanke seines ersten Assistenten Sandro Plechaty wohl noch mit zwei bis drei Löckchen dem Ball die Richtung ins lange Eck zur Führung wies.

Aber als sein zweiter Assistent Oguzhan Kefkir, der zum wiederholten Male den meisten Alarm auf den Flügeln ausstrahlte, ihn nur zwei Minuten später von links bediente, brachte der Torjäger die Kugel diesmal am Fuß aus kurzer Distanz nicht über die Linie. Und was wäre gewesen, wenn Kefkirs verunglückte Flanke (35.) nicht an der Latte geendet hätte und Felix Backszat, mal wieder von Anfang dabei, bei seinem Seitfall-Versuch im direkten Anschluss keinen Beinbruch riskiert, sondern einfach ins Tor getroffen hätte? Die Fortunen hätten wohl nur noch schwerlich eine Wende herbeigeführt, dafür stehen die Essener in dieser Saison einfach zu stabil.

Fortuna nach der Pause mit mehr Mut

So kam es wohl zum letztlich gerechten Remis, weil die Kölner zur Pause wohl ein Tässchen Mut zu sich genommen hatten. Trainer Alexander Ende bemängelte: „Wir hatten in der ersten Halbzeit kaum Torchancen, da waren wir nicht zielstrebig genug, wir müssen wieder mehr Vertrauen in unsere fußballerischen Fähigkeiten bekommen, eine qualitativ starke Mannschaft wie Essen kann man nicht mit einem langen Ball hinter die Kette aushebeln.“

Elegant wie ein Albatros: An Isaiah Young wird RWE im Angriff noch viel Freude haben.
Elegant wie ein Albatros: An Isaiah Young wird RWE im Angriff noch viel Freude haben. © FFS | Thorsten Tillmann

Die Qualität des Gastes hingegen dürfte durch den Last-Minute-Kauf letzte Woche sich noch einmal entschieden erhöht haben. Nach einer Stunde war es so weit, als Felix Backszat noch eine Großchance ausgelassen hatte, als er nach Kefkir-Flanke das Spielgerät aus kurzer Distanz nicht unter Kontrolle bekam und kurz darauf gegen Isaiah Young ausgewechselt wurde. Da herrschte urplötzlich Vollalarm auf der rechten Seite, weil der 22-jährige Ex-Bremer leichtfüßig und elegant sich über jede Abwehrgrätsche einfach hinwegsetzte und mit großer Dynamik dem gegnerischen Tor zustrebte. Hier angekommen, wünscht sich sein Trainer aber noch eine gewisse Coolness beim Abschluss: „Er hat unser Spiel noch einmal belebt. In der einen oder anderen Situation hätte er noch etwas cleverer agieren können, aber da müssen wir wohl noch etwas Geduld haben.“

Und dass er vom Riesen Jannik Löhden im Strafraum erst liebevoll umarmt und dann zu Boden gerissen wurde, worauf Schiedsrichter Lars Bramkamp den Elfmeterpfiff verweigerte, ist wohl seiner Leichtigkeit geschuldet. Aber an dieser wird RWE sicherlich noch Freude haben.