Essen. Die Ex-Essenerin hat den Frust aus dem verlorenen Pokalfinale mittlerweile verdaut und trifft am Freitag mit dem VfL Wolfsburg auf Glasgow City.
Es ist Zeit für die Champions League im Frauenfußball. Am Freitag trifft der VfL Wolfsburg in San Sebastián im Viertelfinale auf Glasgow City (18 Uhr, Eurosport). Das wird schon eine Umstellung für Neuzugang Lena Oberdorf, die noch vor anderthalb Monaten das Trikot der SGS Essen trug. „Die Champions League ist der Wettbewerb, in dem man sich beweisen kann mit all den Klubs, die an der Weltspitze sind“, sagt Oberdorf und freut sich riesig auf das Turnier. In dieser Woche wurde die Ex-Essenerin vom DFB als beste Juniorin mit der begehrten Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet.
So, wie sie sich kometenähnlich in der nationalen Elite etablierte, wird auch ihr Start beim VfL: Nach der Begrüßung wartet direkt die internationale Bühne. Dass um die 18-jährige Nationalspielerin ein Riesenhype herrscht, sie aufgrund ihrer Leistungen und ihres Alters auf den Einkaufszetteln von Europas Topklubs stand, war „Obi“ bei der Team-Präsentation aber gar nicht anzumerken. Die Defensivspezialistin, für die der VfL eine Ablöse an die SGS Essen zahlte, machte stattdessen einen sehr geerdeten Eindruck – ohne dabei an Selbstvertrauen einzubüßen.
Dass Oberdorf sich auch im internationalen Wolfsburger Starensemble durchsetzen kann, hat sie bereits bewiesen – mit starken Leistungen in der Nationalmannschaft, deren jüngste WM-Debütantin sie im vergangenen Jahr wurde. Und auch auf Vereinsebene, als sie in ihrem letzten Spiel für die SGS im Pokalfinale dem VfL Paroli bot, aber nach Elfmeterschießen den Kürzeren zog.
Diese Niederlage musste sie erst einmal abschütteln, bevor sie ihre neue Aufgabe antrat. „Ich war zehn Tage im Urlaub, bis ich das verkraftet hatte“, erzählt sie.
Zufallstreffen mit Doorsoun auf Mallorca
Mit ihrem neuen Klub hat Oberdorf sich erstmals im Urlaub intensiver beschäftigt, als sie auf Mallorca zufällig ihre neue Mitspielerin Sara Doorsoun traf, die ihr auch bei der ersten Organisation half und zusammen mit Dominique Janssen die erste Ansprechpartnerin ist. Beides übrigens ebenfalls ehemalige Spielerinnen der SGS.
Seit drei Wochen ist Oberdorf nun schon bei den Grün-Weißen im Training und sagt: „Super, ich kann mich nicht beklagen. In meiner Wohnung stehen jetzt auch neuerdings Möbel, deswegen fühle ich mich schon ein bisschen wie zu Hause, die Spielerinnen und der Trainer sind auch supernett – es läuft alles gut.“
Bei der Eingewöhnung in der neuen Stadt, erstmals wohnt sie weit weg vom Elternhaus, halfen ihr eine Freundin und die Eltern, die regelmäßig zu Besuch sind: „Meine Eltern haben die ganzen Sachen angebracht, die ich gekauft habe. Das ganze Wochenende hieß es nur: ,Mama, ich will da noch ein Regal haben, den Schuhschrank müsst ihr noch an die Wand nageln’.“
Erste Kontakte nach Wolfsburg im Februar
Oberdorfs Entscheidung für den VfL stand übrigens schon bedeutend früher fest als bislang gedacht. Sie berichtete von ersten Kontakten im Februar. „Danach kam nach und nach heraus, dass ganz viele Spielerinnen aus Essen weggehen. Und da habe ich für mich gesagt, dass ich die neue Herausforderung haben möchte, auf die ich mich auch freue. Ich möchte dieses hohe Trainingsniveau haben, ich möchte auch mal in die Champions League – was zum Glück nicht allzu lange auf sich warten lässt. Deswegen war es relativ früh klar“, sagte die 18-Jährige.
Den Ausschlag für den nationalen Doublesieger gab dann, „dass Wolfsburg der Topklub in Deutschland ist und europaweit auch zu den Topklubs gehört“. Und noch ein anderer Grund spielte eine Rolle, warum es der VfL wurde und nicht der FC Bayern, der ebenfalls an ihr dran gewesen sein soll: „Ich bin Schalke-Fan, deswegen ist es im Männerfußball mit Bayern immer so eine Sache. Und deswegen fiel dann auch die Entscheidung für Wolfsburg.“
Von den Großen ein bisschen was abgucken
Großen Druck, ein persönliches Ziel zu erreichen, macht sich Oberdorf aber erstmal nicht. „So denke ich gar nicht. Ich versuche, mich im Jetzt weiterzuentwickeln und jedes Training zu nutzen, mich zu verbessern.“ Sie schob ein Beispiel nach: „Zum Beispiel von einer Pernille Harder kann man super viel lernen; wie man sich im Raum verhält, der erste Kontakt bei ihr ist ja fast geisteskrank. Ich möchte das Training nutzen und mir von den Großen ein bisschen was abgucken.“
Das sind die Sätze, die die beste Spielerin ihres Jahrgangs so sympathisch machen. Oder auch der folgende in Bezug auf den Hype um ihre Person im deutschen Frauenfußball: „Ich nehme es nicht wahr. Auf dem Platz sehe ich dann, dass es auch gar nicht so ist, wenn eine Harder an mir vorbeiläuft, als wäre ich eine Pylonenstange. Klar, wird man von Freundinnen darauf angesprochen. Aber ich bin keine, die jeden Tag nach Neuigkeiten guckt. Deswegen bin ich da tiefenentspannt.“