Essen. Hygiene-Auflagen machen auch Essener Top-Schwimmern das Leben schwer. Wettkämpfe im Training sorgen für Abwechslung. DM in Berlin ist geplant.
Vermutlich haben es die meisten Athleten schon verdrängt und sind längst wieder fokussiert auf das kommende Jahr. Show must go on! Noch bis zum kommenden Sonntag hätte die Elite dieser Welt in Tokio um Olympische Medaillen gekämpft, hätte sich nur nicht dieses vermaledeite Corona-Virus in unser Leben geschlichen. Vor Kurzem wurden die Schwimmer Damian Wierling, Poul Zellmann und Max Pilger (SG Essen) sowie Mountainbiker Ben Zwiehoff (MSV Steele 11) noch einmal daran erinnert, dass es nichts geworden ist mit dem Saisonhöhepunkt in diesem Jahr.
Am Freitag vor knapp zwei Wochen wären die Olympischen Spiele in Tokio eröffnet worden. Aus diesem Grund posierten die vier Athleten vor dem Essener Tanz- und Sportinternat mit der weißen Olympia-Flagge, um symbolisch an das Event zu erinnern, das nun auf 2021 verschoben worden ist. Niedergeschlagen wirkten sie allerdings nicht, sondern eher schon wieder angriffslustig: „Dann sind wir halt im nächsten Jahr dabei.“
Aufschub kommt gar nicht mal so ungelegen
Für Wierling und Zellmann kam der unfreiwillige Aufschub gar nicht mal so ungelegen. Den einen hatte eine Sprunggelenksverletzung in der Vorbereitung zurückgeworfen, der andere musste Anfang des Jahres wegen einer Erkrankung einige Wochen mit dem Training aussetzen, was sich als großes Handicap bei der Qualifikation hätte erweisen können. Brustschwimmer Max Pilger ist dagegen eher unentschieden in seiner Meinung, immerhin hat er aber nun ein weiteres Jahr Zeit, die erforderliche Form aufzubauen, um sich für die Spiele zu qualifizieren.
Die Zeit vergeht - auch in der Corona-Krise. „Der Lockdown ist jetzt fast vier Monate her“, sinniert Nicole Endruschat, Cheftrainerin am Bundesstützpunkt in Rüttenscheid. „Die Zeit ist unheimlich schnell vergangen.“ Sie kann sich aber noch gut daran erinnern, dass die Swim & Fun Days der Startgemeinschaft Essen (SGE) Mitte März im Leistungszentrum wegen der Pandemie abgebrochen wurden und sie mit ihrem Team zunächst vor verschlossenen Schwimmbad-Türen stand.
Keine Infekte wegen der Hygiene-Maßnahmen
Die Sondergenehmigung für die Kader-Athleten ließ allerdings nicht lange auf sich warten, so dass zumindest die Trainingsarbeit in kleinen Gruppen fortgesetzt werden konnte. Das ausgesprochen konzentriert und motiviert. „Und alle Athleten sind seither auch gesund geblieben“, sagt Endruschat. „Infekte wie sonst üblich gab es in letzter Zeit überhaupt nicht mehr, das ist schon sehr auffällig und liegt wohl auch an den vorgeschriebenen Hygiene-Maßnahmen.“
Aber ständig nur ackern und Bahnen ziehen, ohne sich zwischendurch mal in einem Rennen zu messen, das kann mental ermüden. „Deshalb haben wir zur Motivation Wettkämpfe innerhalb der Gruppe simuliert“, verrät die Trainerin. „Ich hatte das Gefühl, das hat auch alles ganz gut geklappt.“
Reaktion auf fehlende Wettkampfpraxis
Gäste aus Gladbeck waren auch mal in Rüttenscheid zu Gast, und zur elektronischen Zeitnahme wurden eigens die Kontaktmatten ins Wasser gehängt. „Dann hatte jeder wenigstens mal eine Zeit für sich stehen und weiß, woran er ist.“
Auch der Deutsche Schwimmverband (DSV) hat auf die fehlende Wettkampfpraxis reagiert und lässt in den Bundesstützpunkten Meetings ausrichten. Die Essener Asse werden Ende September in Berlin oder Heidelberg starten. Die Deutschen Meisterschaften sind für 29. Oktober bis 1. November in Berlin und im Schmalspur-Modus geplant. Ausgetragen werden diesmal ausschließlich die olympischen Einzelstrecken, wofür auch nur jeweils die 30 schnellsten Schwimmerinnen und Schwimmer des Landes startberechtigt sind. In Österreich haben sie ihre nationalen Titelkämpfe (offene Klasse und Jahrgang) übrigens schon hinter sich. In Graz waren mehr als 500 Athleten gemeldet.
Kein Start beim Meeting in den Niederlanden
Im Dezember soll in Magdeburg dann auch der erste Qualifikationswettkampf für Olympia 2021 stattfinden, wobei die Normen unverändert bleiben. Wer sie bereits erfüllt hat wie Marius Kusch, der in den USA trainiert, ist auch weiterhin für Tokio qualifiziert, sofern am Ende nicht zwei nationale Konkurrenten schneller unterwegs gewesen sind. Aber Kusch will natürlich auch noch einmal zulegen. Die konkreten Nominierungsrichtlinien und welche Events als Qualifikationswettkämpfe gewertet werden, ist noch nicht klar.
Mitte August wollte Nicole Endruschat mit ihrem Team auch bei einem Meeting im holländischen Hengelo starten, doch der DSV lehnt den Auslandseinsatz aus medizinischen Gründen ab: zu hohes Infektionsrisiko. „Diese Entscheidung respektieren wir natürlich“, sagt die Trainerin.