Essen. Essener Top-Athlet will sich erst mit seinen vierten Olympischen Spielen nächstes Jahr von seiner jetzt schon großartigen Karriere zurückziehen.

In wenigen Tagen hätten eigentlich die olympischen Kanu-Rennen in Tokyo über die Strecke gehen sollen. Und es hätten nicht nur die vierten Olympischen Spiele für Max Hoff werden sollen, sondern möglichst auch der krönende Abschluss einer schon beeindruckenden sportlichen Karriere mit WM- und EM-Titeln, Olympia-Bronze 2012 in London im Einerkajak und dem Olympiasieg 2016 im Viererkajak im Rio de Janeiro.

„Mein aktueller Zweierpartner Jacob Schopf (Potsdam) und ich waren im Frühjahr in guter Form und mit dem Selbstvertrauen der amtierenden Weltmeister im 1.000m-Zweier auf Kurs in Richtung Tokyo. Und nach den Spielen wollte ich dann auch beruflich durchstarten, hatte ein gutes Job-Angebot von Orthomol, einem Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel. Denn nach zwei abgeschlossenen Studiengängen mit Biologie und BWL sowie einem eineinhalbjährigen Durchlauf als eine Art Trainee war die Grundlage geschaffen, darauf aufzubauen“, so der Essener Athlet.

Auch die berufliche Perspektive wirft Fragezeichen auf

Die dann aber folgenden Fakten sind bekannt: die Olympischen Spiele wurden auf das kommende Jahr verschoben. Geplatzt war für Max Hoff auf einen Schlag nicht nur das sportliche Ziel, sondern auch die berufliche Perspektive. Stattdessen bauten sich viele Fragezeichen auf: die über 20 Jahre dauernde Leistungssportkarriere beenden und voll auf die berufliche Schiene setzten; oder noch ein Jahr Sport auf höchstem Niveau dranhängen; auch mit der Ungewissheit, ob die Spiele im nächsten Jahr auch tatsächlich stattfinden? Verbunden mit der Unsicherheit, wie es beruflich weitergehen würde, ob eine Verlängerung bei Orthomol möglich wäre?

Waren im Frühjahr schon in guter Form und hatten Großes vor: Max Hoff (vorne) im Kajak-Zweier mit  Jacob Schopf.
Waren im Frühjahr schon in guter Form und hatten Großes vor: Max Hoff (vorne) im Kajak-Zweier mit Jacob Schopf. © dpa | Tamas Kovacs

Verständlich, dass Max Hoff angesichts dieser Baustellen über viele Wochen hin- und hergerissen war – und aber auch erst einmal weiter machte. Die Entscheidung ist inzwischen gefallen – und war eine klare Herzensangelegenheit des 37-jährigen Ausnahme-Athleten. „Ich habe ja schon nach dem Olympiasieg 2016 gemerkt, wie sehr mein Herz noch an dem Sport hängt. Und ich konnte mir nun letztendlich nicht vorstellen, im nächsten Jahr am Schreibtisch zu sitzen, wenn in Tokyo die Olympischen Spiele ausgetragen werden. Da hätte ich großes Herzblut vergossen und würde mein ganzes Leben darüber nachdenken, ob diese Entscheidung richtig war. Dieses Kapitel der Olympischen Spiele hätte ich dann nicht zu Ende gebracht; und das konnte ich nicht mit mir vereinbaren. Ich möchte bewusst im Hier und Jetzt leben, und dazu gehört auch, meinem Herz zu folgen“, erklärt Max Hoff seine Entscheidung.

Gemeinsam mit Freundin Frieda in Tokyo

Zudem wollte Max Hoff die Olympischen Spiele mit Freundin Frieda (Ruderin aus Berlin) gemeinsam erleben – auch diese Herzensangelegenheit kann nun angegangen werden. „Bei der zweiten Leistungsüberprüfung des Verbandes war ich angesichts der offenen Fragen noch ziemlich durch. Nach gefällter Entscheidung für den Sport und auch der Tatsache, dass nun das Mannschaftsboottraining wieder mehr in den Fokus tritt, ist meine Motivation auf dem Weg nach Tokyo wieder verstärkt“.

Das, was aber für Max Hoff noch nicht geklärt ist, ist die berufliche Seite. Noch steht die Frage einer Lösung für ein weiteres Jahr bei Orthomol aus. „Ja, es ist beruflich gerade etwas träge. Und ich bin schon etwas enttäuscht, dass hier noch keine Entscheidung gefallen ist. Es wäre natürlich schön, wenn es dort weiterginge – und so hoffe ich auf eine positive Lösung. Sonst muss und wird sich ein anderer Weg auftun. Es wird schon irgendwie weitergehen; stehen bleiben werde ich auch in den kommenden Monaten beruflich nicht. Diese Aufgabe brauche ich auch vom Kopf her, um frei zu sein für den Sport und Spaß daran zu haben“, beschreibt er diese Seite seiner aktuellen Lage.

Hoff ist dankbar für die Unterstützung der KG Essen

„Ich hatte genug Zeit, mich auch mit dieser Situation zu arrangieren, habe versucht, hier meine Emotionen herauszunehmen. Und es ist gut, dass neben der Deutschen Sportstiftung auch meine individuellen Unterstützungen weiterlaufen und ich auch auf die KG Essen bauen kann. Das gibt mir natürlich Sicherheit. Das Jahr ist nun mal so wie es ist. Durch manche Phasen muss man da halt durch. Ich versuche, das Beste daraus zu machen. Im nächsten Jahr wird sich zeigen, wer mit dieser Situation am besten umgegangen ist, wer solide und professionell weitergemacht hat. Nur der wird dann auch erfolgreich sein“, ist Max Hoff mit sich im Reinen.