Essen. Essener Schwimm-Meeting ist wohl die einzige Sportveranstaltung weit und breit, die stattfindet. Organisatoren fühlen sich auch allein gelassen.
Im Leistungszentrum Rüttenscheid werden an diesem Wochenende die traditionellen „Swim & Fun Days“ der Startgemeinschaft Essen ausgetragen. Und theoretisch könnten dort dann auch Olympia-Tickets vergeben werden, denn das Meeting ist vom Weltverband zertifiziert und hat alle Anforderungen erfüllt, so dass die Normzeiten international auch anerkannt würden. Es ist ein herausragendes Ereignis auf nationalem Niveau.
Herausragend allerdings auch aus Sicht der Coronavirus-Problematik. Wohin man schaut, zu welcher Sportart auch immer, überall wird der Spiel- und Wettkampfbetrieb eingestellt, um die Infektionsgefahr einzudämmen. „Wir haben uns aber entschlossen, die Veranstaltung durchzuführen“, sagt dagegen der SGE-Vorsitzende und Cheforganisator Bernhard Gemlau. Dass er sich nicht gerade wohl dabei fühlt, hört man ihm an. „Das ist alles so wahnsinnig schwierig.“
Bundestrainer denken über Lösungen nach
Das Coronavirus hat in Europa den Schwimmsport trockengelegt. Das Bergen Swim Festival (Norwegen), die Swim Open Stockholm, das Helsinki Swim Meet und der Eindhoven Swim Cup in den Niederlanden waren als Qualifikationswettkämpfe für die Olympischen Spiele in Tokio vorgesehen, sind aber abgesagt worden. Auch zahlreiche deutsche Athleten wollten sich bei diesen Meetings ihr Tickets nach Tokio sichern und müssen nun neu planen. Der vom DSV festgesetzte Qualifikationszeitraum endet am 3. Mai. Doch es ist unklar, ob und welche Ereignisse überhaupt stattfinden werden. Die Asse der SG Essen haben sich die DM Ende April in Berlin als Qualifikationsort ausgeguckt. Auch da ist unsicher, ob dieser Wettbewerb ausgetragen wird.
Die beiden Bundestrainer Bernd Berkhahn und Hannes Vitense, heißt es, signalisierten den Heimcoaches der deutschen Spitzenschwimmer aber schon, an Lösungen zu arbeiten. Angedacht sei unter anderem, die geforderten Normen bei kleineren Veranstaltungen zu erbringen. Doch Olympia-Normen können nicht bei einem x-beliebigen Wettkampf geschwommen werden. Das IOC erkennt zur Qualifikation nur Zeiten an, die bei von der FINA genehmigten Events erzielt worden sind. Die Swim&Fun Days in Essen wären ein solches Meeting. Man sei aber auch in dieser Hinsicht im Kontakt mit dem Weltverband, um Lösungen zu finden.
Auch der Deutsche Olympische Sportbund signalisiert Flexibilität. „Wir sind an einigen Stellen dabei, Nominierungskriterien anzupassen“, sagte die DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker.
Rund 100 Aktive haben Teilnahme abgesagt
Er spüre sehr wohl die Verantwortung, die auf der SGE laste und genau das sorge auch für diese Zwickmühle: Einerseits ist es ein Risiko, dass sich jemand infiziert, andererseits ist das Meeting lange vorbereitet worden und für einige Athleten ein wichtiger Leistungstest. „Niemand hat es uns verboten“, erklärt Gemlau und fühlt sich wohl auch allein gelassen. „Natürlich hätten wir es akzeptiert, wenn uns einer vorher gesagt hätte, das geht so nicht. Nun haben wir uns halt so entschieden. Wir werden die Vorschriften, die es gibt, bis ins kleinste Detail befolgen. Und dann sollte man es auch akzeptieren, dass wir es durchziehen.“
Zuschauer wird es nicht geben. Rund 300 Aktive stehen noch auf der Meldeliste, rund 100 weniger als geplant. Stand Freitagmittag. Die Mannschaft der SG Frankfurt mit Spitzenschwimmer Marco Koch hatte noch am Donnerstag ihr Kommen bestätigt, am Freitag sagten sie ab. Das komplette Team Saarland wird ebenfalls nicht kommen. Und Jessica Steiger, Olympia-Kandidatin und Deutsche Meisterin aus Gladbeck, verzichtet ebenfalls auf einen Start in Essen. Sie spürte ein leichtes Kratzen im Hals, da war es ihr einfach zu riskant.