Essen. Regionalligist Rot-Weiss Essen hält Kontakt zur Spitze. Trainer Christian Titz ist mit dem ersten Halbjahr zufrieden. Training beginnt Freitag.

Als Christian Titz im Dezember zum Ende der Hinrunde nach einem Fazit gefragt wurde, zierte er sich noch etwas. Er wolle eigentlich die beiden letzten Spiele des Jahres gegen Borussia Dortmund II und VfB Homberg noch abwarten. Aber ja, er sei sehr zufrieden, mit dem was seine Mannschaft bislang geleistet habe. Das Team und das ganze Drumherum habe sich gut entwickelt. „Nur es hätten gerne ein paar Gegentore weniger sein können.“ Aber auch da sei das Team inzwischen stabiler geworden.

Zu jenem Zeitpunkt ahnte Titz nichts von dem bitteren Moment, der ihm bevorstand. Denn noch einmal sollte die Defensive wackeln, was schließlich zu einem schmerzlichen Erlebnis führte. Gegen Dortmund erkämpfte sich RWE ein 1:0, die letzte Partie des Jahres endete allerdings mit einer 0:2-Heimpleite gegen den biederen, aber kampfstarken Abstiegskandidaten Homberg.

Heimpleite gegen Homberg war ein Nackenschlag

Damit hatte niemand gerechnet, entsprechend tief saßen Frust und Enttäuschung. „Diese Niederlage war ärgerlich und hat noch ein paar Tage nachgewirkt“, gibt Christian Titz zu. „Das war schon ein Nackenschlag, weil wir selbst schuld sind, dass das Spiel so gelaufen ist“, ergänzt der Sportliche Leiter Jörn Nowak. Drei Punkte sind futsch. Und so manch einer unkt bereits, dass genau diese drei Punkte am Ende im Titelrennen fehlen könnten.

Selten zuvor hatte man Christian Titz so unzufrieden gesehen wie bei dem Auftritt gegen Homberg. Ein „geschenkter“ Sonntagsschuss in den Giebel und eine kurioses Missverständnis in der Abwehr besiegelten die vierte Saisonniederlage. Drei davon kassierten die Essener übrigens an der Hafenstraße. „Zu Hause müssen wir konstanter werden“, fordert deshalb Jörn Nowak.

Oguzhan Kefkir (r.) freut sich gegen Aachen über ein Tor von Marcel Platzek. Kefkir selbst ist mit sechs Toren der bislang erfolgreichste Torschütze bei RWE.
Oguzhan Kefkir (r.) freut sich gegen Aachen über ein Tor von Marcel Platzek. Kefkir selbst ist mit sechs Toren der bislang erfolgreichste Torschütze bei RWE. © Thorsten Tillmann

Eine noch bessere Ausgangslage selbst vermasselt

Man habe nicht mit der letzten Konsequenz verteidigt, analysierte Christian Titz damals und fügte hinzu: „Das ist uns nicht zum ersten Mal passiert und deshalb stehen wir auch dort, wo wir stehen.“ RWE steht als Tabellendritter gut da, so gut wie seit Jahren nicht mehr. Man hat Kontakt zur Spitze, sich durch das Homberg-Debakel aber eine noch besser Ausgangsposition vermasselt.

„Die Tabelle zeigt, dass es zwei Mannschaften besser gemacht haben als wir“, sagt der Cheftrainer. Spitzenreiter SV Rödinghausen und der erste Verfolger SC Verl präsentierten sich bislang außergewöhnlich stabil, was die Faustregel, dass ein Zwei-Punkte-Durchschnitt pro Spiel für einen Spitzenplatz reicht, relativiert. In Rödinghausen, Verl, RWE und RW Oberhausen übertreffen gleich vier Vereine diese magische Marke.

Konkurrenz besitzt erfolgreichere Torjäger als RWE

Und das Spitzenduo hat in der Tordifferenz ein weiteres Trumpfass: Rödinghausen (34) und Verl (30) kassierten deutlich weniger Gegentore als RWE und trafen deutlich häufiger. Der SVR besitzt in Simon Engelmann den herausragenden Torschützen der Liga (17 Tore), Verl bietet in dem gestandenen Zlatko Janjic und den quirligen Aygün Yildirim zwei Schützen auf, die je zehnmal getroffen haben. Und Rot-Weiss? Oguzhan Kefkir ist mit sechs Toren der erfolgreichste Essener, aber diese Quote können Rödinghausen (Backszat, Lokotsch) und Verl (Schöppner) noch zusätzlich vorweisen.

Zu Saisonbeginn legten die Rot-Weissen los. Acht Spiele in Folge blieben sie ungeschlagen, gewannen gleich siebenmal. Suchte man nach einer Schwäche, entdeckte man sie wohl am ehesten in der Defensive. „Da hat es uns an Geschwindigkeit gefehlt“, räumt Christian Titz ein. Er reagierte und beorderte Daniel Heber in die Innenverteidigung, zog den lauf- und zweikampfstarken Marco Kehl-Gomez nach vorn auf die Sechser-Position. Dadurch hat sich das extrem offensiv ausgerichtete System stabilisiert. Aber Titz bleibt dabei: „20 Gegentore sind definitiv zu viel.“

Zahlen und Platzierung

Die Rot-Weissen kassierten in den ersten zwölf von 18 Spielen 15 ihrer 20 Gegentore. Bei den drei Niederlagen in Folge gegen SC Verl (1:4), Bor. Mönchengladbach II (2:3) und Fort. Köln (0:1) gab es allein acht Gegentreffer.

In der Heimtabelle rangiert RWE auf Rang neun (15 Punkte/8 Spiele). Auswärts sind die Essener Zweiter (23 Pkte./10) hinter Rödinghausen (24/11).

Trainer Christian Titz ist mit erstem Halbjahr sehr zufrieden

Gleichwohl spricht der Fußballlehrer von einem guten Halbjahr, mit dem man trotz der kleinen Schramme sehr zufrieden sein kann. „Es hat sich viel verändert, die Mannschaft hat die neuen Dinge sehr gut angenommen und umgesetzt.“ Und der Prozess habe aber gerade erst begonnen. „Es geht darum, den Kader weiterzuentwickeln.“ Und der nächste Schritt beginnt praktisch an diesem Freitag, wenn die Vorbereitung auf die Restrunde beginnt (12 Uhr, Hafenstraße).

Inwieweit sich in der Winterpause das Mannschaftsbild verändern wird, ist offen. Spieler kommen oder gehen, das sei ein normaler Prozess im Fußball, sagt Christian Titz. „Im Januar könnte da vielleicht noch Bewegung reinkommen.“ Und der Trainer macht keinen Hehl daraus, dass er Spieler, die Qualität mitbringen, aufnehmen würde, aber anderen, unzufriedenen Spielern gegenüber gesprächsbereit wäre, sofern sie weg wollten.

Tribünengäste wie Enzo Wirtz oder Jonas Erwig-Drüppel dürften wohl kaum zufrieden sein. Und die erfahrenen Dennis Grote, der als Leitwolf verpflichtet wurde, oder Hamdi Dahmani sind wohl auch von mehr Einsatzzeit ausgegangen. Ungewöhnlich ist diese Unzufriedenheit nicht und mitunter kann sie ja auch anspornen.