Essen. Wohnbau Rockets Essen sind Deutscher Meister und triumphierten in den zwei Europapokal-Wettbewerben. Erfolg mussten sich Essener hart erarbeiten.

Der Sitznachbar fand es schon etwas merkwürdig und flüsterte es Thomas Böttcher auch gleich ins Ohr: „Wo seid ihr denn? Ihr kommt hier ja gar nicht vor.“ Der Chef der Wohnbau Rockets ließ sich zwar nichts anmerken, aber wer ihn kennt, weiß sehr wohl, dass ihn solche Dinge schon mal ärgern. Beim Sportforum der Sparkasse, auf dem die Essener Sportchronik 2019 vorgestellt wurde, spielte seine Mannschaft in der Tat keine Rolle, dabei war der Skaterhockey-Bundesligist in diesem Jahr wohl der erfolgreichste Verein in dieser Stadt.

Die Deutsche Meisterschaft, die die Essener in drei Play-off-Finalspielen gegen den Titelverteidiger Crash Eagles Kaarst eingefahren haben, krönte die Spielzeit. Es war ein enges, hochspannendes ein Duell. „Und ehrlich gesagt, diesen Titel hatten wir auch gar nicht auf dem Schirm“, gibt Böttcher zu. „Ein Selbstläufer war es jedenfalls nicht.“

Torwart Marvin Frenzel ist absoluter Glücksgriff

Ganz anders als bei den Titelgewinnen 2015 und 2016, als die Raketen in der Breite wesentlich besser aufgestellt waren. „Kaarst hat eine junge Mannschaft, die ist läuferisch brutal gut. Wir haben das viel mit Routine wettgemacht.“ Die Essener haben in Dominik Luft, Fabian Lenz, Daniel Breves oder Sebastian Schneider Spieler mit Erfahrung und individueller Qualität. Außerdem entpuppte sich Torhüter Marvin Frenzel, in diesem Jahr aus Oberhausen gekommen, als absoluter Glücksgriff.

Rockets-Torhüter Marvin Frenzel kam zu dieser Saison aus Oberhausen und erwies sich als Volltreffer.
Rockets-Torhüter Marvin Frenzel kam zu dieser Saison aus Oberhausen und erwies sich als Volltreffer. © Unbekannt | Michael Gohl

„Trotzdem war von den drei Titelgewinnen der letzte der schwerste“, sagt Böttcher. Auch weil die Liga deutlich an Niveau zugelegt hat und ausgeglichener geworden ist. Bei den Essenern gab es immer wieder Personalengpässe durch Verletzungen oder private Umstände. Topscorer Dominik Doden beispielsweise, zu dieser Saison aus Velbert gekommen, fiel früh bis zum Saisonende verletzt aus. Zwischenzeitlich stand Trainer Frank Petrozza nicht zur Verfügung, so dass Böttcher selbst die Mannschaft coachte. „Wir haben manchmal nur mit zehn Leuten gespielt, während die Top-Teams drei, vier Reihen aufstellen konnten. Da mussten wir vieles hart erarbeiten.“

Kampf auch auf dem Sponsorenmarkt

Allein drei Titel haben die Rockets in diesem Jahr geholt. Sie sind die nationale Nummer eins und haben im Europapokal der Landesmeister und Pokalsieger triumphiert. Viel mehr geht nicht. Da sollte man meinen, dass die Hockeyskater auf dem Sponsorenmarkt lockeres Spiel haben, zumal sich ihr Gesamtetat für das Erstliga-Team ohnehin nur in einem unteren fünfstelligen Bereich bewegt.

Doch auch da müssen die Rockets kämpfen. „In diesem Jahr war es schon richtig eng“, gibt Böttcher zu. Und er hat auch in den vergangenen Wochen wieder Klinken geputzt, hier einen Vertrag verlängert, da einen neuen Partner gefunden. Der Etat für die nächste Saison ist immerhin schon fast gedeckt.

„Die Teilnahme am Europapokal in der Schweiz hat uns allein 10.000 Euro gekostet. Und in der nächsten Saison müssen wir ja auch wieder dorthin“, sagt der Rockets-Boss. Allein die EC-Teilnahme verschlingt rund ein Drittel des Gesamtbudgets. Die zweite Mannschaft war ein zusätzlicher Kostenfaktor. Das Team, in der ausschließlich der eigene Nachwuchs spielt, ist in die 2. Bundesliga aufstiegen, so dass die Fahrten weiter geworden sind. Das belastetet die Vereinskasse um rund 15.000 Euro. „Aber durch sie haben wir natürlich auch einen soliden Unterbau und können die Lücken in der Ersten leichter füllen.“

Familiäre Atmosphäre an der Raumerstraße

Das Rollenspiel ist und bleibt eine Randsportart, dessen sind sich alle bewusst. Doch was sie an der Raumerstraße auf die Beine gestellt haben, kann sich dennoch sehen lassen. Ohne ehrenamtliches Engagement läuft wie in vielen anderen Vereinen gar nichts. Rund 350 Mitglieder hat der SHC. Viele davon bringen sich Wochenende für Wochenende mit ein und sitzen nicht nur auf der Tribüne und schauen zu. Die Rockets sind wie eine große Familie, was besonders deutlich wird, wenn die Kids in der Pause mit ihren Inlinern auf dem Spielfeld herumtoben.

Dieses Familienleben ist das Lebenselixier. Und dass die Mitglieder hinter ihrer Mannschaft stehen, war auch im Play-off-Finale in Kaarst zu sehen. Rund 150 Fans waren zum entscheidenden dritten Spiel gereist, um ihr Team zu unterstützen. Thomas Böttcher bedankte sich hernach beim treuen Anhang, der nur erwiderte: „Wir haben zu danken, dass wir das alles miterleben durften.“ Es war schließlich ein überaus erfreuliches Jahr für die Rockets.