Bottrop. Der neue Trainer von Rhenania Bottrop setzt auf Ehrgeiz und Fleiß seiner Spieler. Und darauf, dass jede Oma nur einmal im Jahr Geburtstag hat.

Die fünfte Pleite in Folge war zu viel: Der SV Rhenania Bottrop hat sich am Montag von Stefan Lorenz getrennt und das Traineramt in die Hände von Stefan Thiele gelegt. Der 49-Jährige war bislang Sportlicher Leiter der Jugendabteilung und trainierte die erfolgsverwöhnte U23, die in der Kreisliga B von einem Sieg zum nächsten eilt.

Stefan Lorenz nutzte den ersten Tag nach seiner Entlassung, um sich von seinem Team zu verabschieden. Lorenz übernahm am Dienstag die Verantwortung für den enttäuschenden Saisonverlauf, wünschte „seinen Jungs“ viel Erfolg und zeigte damit genau die Charakterstärke, für die man ihn im Blankenfeld immer noch sehr schätzt.

Erstes Training unter Thiele am Donnerstag

Am Donnerstagabend lernten die Bezirksliga-Fußballer ihren neuen Trainer kennen. Stefan Thiele stand erstmals mit ihnen auf dem Trainingsplatz. Thiele musste über das Angebot nicht lange nachdenken: „Das ging am Montag alles sehr schnell“, sagt er. Jörg Koßek ist glücklich darüber, so schnell eine Lösung gefunden zu haben. „Er war unser erster Ansprechpartner, unser Wunschkandidat“, sagt der Vorsitzende.

Für den Rhenanen-Vorstand ist der Trainer kein Unbekannter. Thiele coachte bislang die U23. Und die verkörpert in der Kreisliga B momentan genau das, was die Vereinsverantwortlichen auch von ihrer Bezirksliga-Mannschaft erwarten. Das wurde am Sonntag noch einmal überdeutlich: Thiele und Co. gewannen das Spitzenspiel gegen den SV Vonderort mühelos mit 10:0. Direkt im Anschluss ging „Rhenania Eins“ gegen den SV Burgaltendorf unter (1:6).

Thiele bringt viel Erfahrung mit. Der gebürtige Gelsenkirchener war zehn Jahre lang Profifußballer, spielte unter anderem für Alemannia Aachen, den FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Im Anschluss wechselte er ins Trainergeschäft, machte seine A-Lizenz und coachte die U17 des ETB Schwarz-Weiß Essen.

Als DFB-Stützpunkttrainer für Gelsenkirchener Kreisauswahl verantwortlich

Nach einer Spielertrainer-Station beim STV Horst-Emscher legte er eine Pause ein. Die endete, als sein Sohn mit dem Fußball anfing – in direkter Nachbarschaft zum Haus der Familie beim SC Schaffrath. Parallel wurde er DFB-Stützpunkttrainer und war für eine Gelsenkirchener Kreisauswahl verantwortlich.

Rhenania fährt zum Tabellennachbarn

Beim TuS Essen-West will Rhenania am Sonntag den ersten Schritt aus der Krise machen (14 Uhr, Keplerstraße). Die Blau-Weißen treffen auf einen Gegner, der in einer vergleichbaren Situation steckt. Die Essener haben nur einen Punkt mehr auf dem Konto. Beide Mannschaften wollen bis zur Winterpause möglichst viele Punkte sammeln, um sich von der Abstiegszone zu entfernen.

Die Rhenanen stellen sich also auf eine kampfbetonte Partie ein. Was den Bottropern Hoffnung macht: Auswärts sind die Blau-Weißen kein Abstiegskandidat. Sieben der elf Saisonpunkte hat sich das Team auf auswärtigen Plätzen erspielt.

Sein neues Team kennt Thiele bereits: „Ich habe einige Spiele gesehen. Wir spielen ja bislang immer nacheinander. Zuletzt hatte ich auch ein Auge auf das Team, weil mit Daniil Brazhko ein A-Jugendlicher den Sprung in die Mannschaft geschafft hat. Ich wollte wissen, wie er sich schlägt.“

Dass auf ihn viel Arbeit wartet, weiß Thiele. Und auch, dass die sich nicht allein auf die taktischen und technischen Abläufe beschränkt: „Viel verändern kann ich in den wenigen Tagen bis zum ersten Spiel natürlich nicht. Aber es wird jetzt erst einmal darum gehen, dass die Jungs wieder Selbstvertrauen tanken. Sie sollen Spaß haben und dafür brauchen wir auch etwas Lockerheit.“

Thiele: Ich kenne die Situation, in der die Mannschaft steckt

In die Köpfe seiner neuen Spieler kann sich Thiele gut hineinversetzen: „Ich erinnere mich an eine Saison bei Alemannia Aachen. Wir haben damals mit Torsten Fings und Markus Feinbier zwei wichtige Spieler abgeben müssen, der Trainer wurde gewechselt, nichts wollte mehr gelingen. Es ist nicht leicht, sich aus einem solchen Tief zu befreien, aber es ist möglich.“

Erste Trainingseinheit unter Stefan Thiele bei Rhenania Bottrop.
Erste Trainingseinheit unter Stefan Thiele bei Rhenania Bottrop. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

In den kommenden Wochen werde er darauf achten, konditionelle Schwächen einiger Spieler zu beheben: „Einige kommen aus langen Verletzungen, andere haben Trainingsrückstände. Eine gute körperliche Verfassung ist die Basis für den Erfolg. Wir müssen in diesem Punkt definitiv etwas tun. “ Mehr als in der Vergangenheit: „Wenn das Team mitzieht, trainiere ich auch vier- oder fünfmal in der Woche. Wichtig ist, dass die Jungs das auch wollen.“

Der neue Trainer warnt davor, die Situation zu beschönigen

Die aktuelle Situation malt Thiele nicht schön: „Wir müssen uns bewusst machen, dass wir im Abstiegskampf stecken. Da dürfen wir nichts beschönigen. Ich bin mir sicher, dass die Richtung wieder nach oben zeigen wird. Wie weit, das ist jetzt erst einmal völlig egal.“ Thiele sei zwar ein Freund des Offensivfußballs (seine U23 hat in zehn Saisonspielen bislang 72 Tore erzielt), jetzt komme es aber vor allem darauf an: „dass die Mannschaft lernt, zu Null zu spielen.“

Thiele ist sich sicher, dass er schnell einen Draht zu den Spielern aufbauen kann: „Ich bin kein komplizierter Typ. Mit mir kann man auskommen. Mit ist klar, dass wir in der Bezirksliga spielen, dass die Jungs arbeiten müssen und Familien haben. Für all das bringe ich Verständnis mit. Aber wenn die Oma zum achten Mal Geburtstag hat, hört der Spaß auf. Ehrlichkeit ist mir wichtig. Außerdem erwarte ich, dass sich die Spieler reinhängen. Wir betreiben auch im Trainerteam einen hohen Aufwand, den erwarte ich auch von den Jungs.“

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