Bessere Sportanlagen wären die Antwort. Doch Bottrop spart lieber, als seine Vereine für die Zukunft zu wappnen. Das ist ein Armutszeugnis.

Die Sportlandschaft der Zukunft. Das ist nach Vorstellung von Jürgen Heidtmann ein Knäuel gebogener Stangen Edelstahl für Push-Ups, Squats und Dips. Das sind ein paar Hügel für Mountainbiker und Straßenlaternen für Jogger. Der Leiter des Sport- und Bäderbetriebs verkündet in der Diskussion um die Schließung von Sportanlagen den schleichenden Tod von König Fußball. „Wir dürfen nicht nur an den Fußball denken“, hält er all denen entgegen, die seine Sparvorschläge für blanken Unsinn halten.

Doch Heidtmann irrt gewaltig, wenn er postuliert, Deutschlands Volkssport Nummer 1 lasse sich in Bottrop gleichwertig durch hippe Lifestyle- und Individualsport-Angebote ersetzen. Die Zahl der Bottroper Fußballer geht zurück. Das ist richtig, doch bei der Ursachenforschung ist Heidtmann auf dem Holzweg.

Bottrops Fußballvereine sind führend in der lokalen Jugendarbeit

Fakt ist: Die Mitgliederentwicklung des Deutschen Fußball-Bundes hangelt sich seit seinem UEFA-Beitritt 1954 von einem Rekord zum nächsten. Der weltweit größte Sportverband zählt über 7 Millionen Mitglieder. Nur im Coronajahr 2020 ging die Zahl leicht zurück (dfb.de). Fakt ist auch: Bottrops Fußballvereine sind lokal führend in der sportlichen Ausbildung. In keiner anderen Sportart gibt es qualifiziertere Trainings-, Spiel- und Sportmöglichkeiten für die Masse. Hunderte lizenzierte Trainer kümmern sich Jahr für Jahr um Tausende Bottroper Kinder und Jugendliche.

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Was Heidtmann in keinem Wort erwähnt: Bottrops Fußballvereine leisten viel mehr, als das Individualsportangebote jemals könnten. Wer sich über Jahre hinweg in einer Mannschaft bewegt, den Weisungen seiner Trainer folgt und sich im sozialen Gefüge eines Vereins zurechtfindet, formt nicht nur seine Muskeln, sondern auch seinen Charakter. Vereinssport macht aus Kindern Jugendliche. Und aus Jugendlichen gesunde Menschen mit Sozialkompetenz.

Bottrop hat die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten ignoriert

Wenn Heidtmann behauptet, der Fußballsport sei auf dem Rückzug, dann meint er den Fußball der 1950er und 1960er Jahre, als schmucklose Ascheplätze ausreichten, um die Jugend von der Straße zu holen. Doch die Zeiten haben sich geändert, die Ansprüche sind gestiegen. Und Bottrop hat diese Entwicklung in den vergangenen Jahren nicht verschlafen, sondern schlicht ignoriert.

In Bottrops Fußball-Landschaft hat sich deshalb eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickelt. Es gibt Vereine mit moderner Infrastruktur, mit Kunstrasenplätzen, zeitgemäßen Umkleide- und Duschmöglichkeiten. Und es gibt die Vereine, die immer noch mit der Ausstattung des vergangenen Jahrhunderts zurechtkommen müssen. Die einen wissen nicht mehr, wohin mit all ihren Mitgliedern, die anderen bluten aus.

Mit der Schließung von Sportplätzen lässt sich nicht sinnvoll sparen

Um das zu erkennen, ist man nicht auf den Rat von Professoren und Wissenschaftlern angewiesen, dazu müsste man ab und zu nur mal die Nase in die Vereinsheime stecken und den Worten der unzähligen Ehrenamtler lauschen. Die Fantasielosigkeit, mit der sich die städtische Verwaltung den anspruchsvollen Herausforderungen der Zukunft stellt, ist erschreckend, die Ignoranz, mit der man der Sozialarbeit in den Vereinen begegnet, empörend.

Sportplätze zu schließen, spart Geld. Eine einfache aber falsche Rechnung. Denn Schließungen schwächen Stadtteile, zerstören Vereine, ein Stück Lokalgeschichte und unbezahlbaren Nährboden für ehrenamtliches und soziales Engagement. Vernichtet werden selten gewordene Orte, an denen sich alle Generationen begegnen und an gemeinsamen Zielen arbeiten.

Potenziale fördern, anstatt den Rotstift anzusetzen

Für den Sport- und Bäderbetrieb wäre es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel. Die Fahndung nach Einsparungspotenzialen muss ein Ende haben. Denn die sind längst ausgeschöpft. Bottrop braucht einen Sportstätten-Entwicklungsplan, der seinem Namen gerecht wird und der sich nicht immer wieder als dreiste Mogelpackung herausstellt. Die Verwaltung sollte Potenziale fördern und verstehen, dass man Zukunft nicht mit dem Rotstift gestaltet.

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